Bank- und Finanzrecht

Deep Dive Bitcoin ETF: Was ist der Bitcoin ETF und wäre er auch in Deutschland möglich?

Veröffentlicht am 29th Jan 2024

Am 10. Januar 2024 hat die US-Börsenaufsicht SEC die Anträge des weltgrößten Vermögensverwalters BlackRock und weiterer Finanzunternehmen auf Zulassung zum Listing und dem Handel von Anteilen von  sog. Spot Bitcoin Exchange-Traded Funds („Bitcoin ETFs“) genehmigt. 

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Nachdem solche Anträge in der Vergangenheit bereits zweimal abgelehnt worden sind, war die Stimmung in der Kryptobranche nach der Genehmigung entsprechend euphorisch. Mit der Genehmigung war die Aussicht auf nun mögliche potentielle Investments institutioneller Investoren in den Bitcoin Markt verbunden. Davon versprachen sich Marktteilnehmer langfristig einen signifikanten Anstieg des Bitcoin-Kurses. Auch die internationale Medienlandschaft berichtete angesichts der von der SEC erteilten Genehmigung und sprach u.a. von einer „Anerkennung als eigene Assetklasse“ in Bezug auf den Bitcoin.

Bisherige Bitcoin-Instrumente: Bitcoin Futures und Exchange Trade Notes (ETN)

Finanzprodukte, die die Wertentwicklung des Bitcoin und anderer Kryptowährungen abbilden, sind nicht neu. Bereits seit einiger Zeit sind auf dem Markt Bitcoin Futures und 1:1-Zertifikate (sog. Exchange Trade Notes – ETN) verfügbar.

Bitcoin Futures sind Termingeschäfte, die zu einem festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft (theoretisch) zum Kauf oder Verkauf eines Bezugswertes – in diesem Fall des Bitcoin–Berechtigen. De facto ist die Lieferung von Bitcoins im Rahmen dieser Verträge aber so gut wie immer ausgeschlossen und stattdessen eine regelmäßige Ausgleichszahlung (sog. Cash Settlement) vereinbart, deren Höhe abhängig ist von der Wertentwicklung des Bitcoins seit dem letzten Cash Settlement. Durch diese Konstruktion können Bitcoin Futures die Kursentwicklung des Bitcoins auch gehebelt abbilden. Inzwischen existieren sogar ETFs, die Bitcoin Futures kaufen, um den Wert von Bitcoin künstlich nachzubilden. Tatsächlich erworben werden Bitcoins in diesen Fällen aber nicht.

ETN (oder auch „1:1-Zertifikate“) beziehen sich – genau wie Bitcoin Futures – auf den Bitcoin als Underlying. Im Gegensatz zu den Bitcoin Futures bilden 1:1-Zeritfikate die Entwicklung des Bitcoin-Kurses immer 1:1 ab, also ohne Hebel. Bei den ETN handelt es sich nicht um Termingeschäft, sondern um Schuldverschreibungen, deren Emissionsbedingungen so gestaltet sind, dass die ETN die Wertentwicklung des Bitcoin abbilden. Oft werden in diesem Fall auch tatsächlich Bitcoins von der Emittentin erworben und den Anlegern ein Anspruch auf Übertragung dieser Bitcoins eingeräumt.

Wie funktioniert ein Bitcoin ETF?

Die erwähnten Bitcoin Futures und Bitcoin ETN unterscheiden sich ganz wesentlich von den nun genehmigten Bitcoin ETFs. Während bei Futures und 1:1-Zertifikaten das Problem besteht, dass die Wertentwicklung des Bitcoins zeitversetzt abgebildet wird, sind die nun genehmigten Bitcoin ETFs in der Lage, den sekundenaktuellen Bitcoin-Preis eins zu eins abzubilden – angesichts der Volatilität des Bitcoins ein großer Vorteil. Ein entscheidender weiterer Vorteil der Bitcoin-ETFs liegt zudem darin begründet, dass die Strukturierung der ETFs es institutionellen Investoren vereinfacht, in Bitcoin zu investieren. Hintergrund ist, dass – anders als bei Bitcoin Futures und Bitcoin ETN – kein Emittentenrisiko für den Anleger besteht. Erwirbt ein Anleger Anteile an einem Bitcoin ETF, wird auf der Seite des Fonds eine der investierten Summe entsprechende Zahl an Bitcoins gekauft, die der ETF als Sondervermögen hält. Im Falle einer Insolvenz der Emittentin fallen die Bitcoins aber nicht in die Insolvenzmasse, da sie Teil des Fonds-Sondervermögens sind. Anleger besitzen im Fall der Insolvenz der Emittentin einen Anspruch auf Übertragung der ihrem investierten Geldbetrag entsprechenden Bitcoins.

Können auch deutsche Anleger in den Bitcoin ETF investieren?

Die nun aufgelegten Bitcoin ETFs verfügen nicht über eine Vertriebszulassung in Deutschland. Sie würden  eine solche nach derzeitigem Stand wohl auch nicht erhalten. In Deutschland können die nun aufgelegten Bitcoin ETFs daher nicht erworben werden.

Fondregulatorisch wären Bitcoin ETF aus europäischer und deutscher Sicht sog. Organismen zur gemeinsamen Anlage in Wertpapiere (OGAW oder auf Englisch UCITS).

Fraglich ist, ob es für einen solchen OGAW möglich wäre, 100% des Fondsvolumens – wie im Beispiel des US Bitcoin ETF – allein in Bitcoin zu investieren.

Wäre ein Bitcoin ETF auch in Deutschland möglich?

Ob und welche Vermögensgegenstände eine Kapitalverwaltungsgesellschaft für ein Investmentvermögen erwerben darf, ist in Deutschland durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) geregelt.

Vor allem OGAWs unterliegen strengen Regeln, was die von diesen erwerbbaren Vermögensgegenstände betrifft. Nach § 192 S. 1 KAGB können für einen OGAW generell nur Wertpapiere (§ 193 KAGB), Geldmarktinstrumente (§ 194 KAGB), Bankguthaben (§ 195 KAGB), Anteile an anderen Investmentvermögen (§ 196 KAGB), Derivate (§ 197 KAGB), sowie die in § 198 KAGB genannten besonderen Formen der Instrumente nach §§ 193 bis 197 KAGB (jedoch max. zu 10%) erworben werden. Kryptowährungen in Form von Bitcoin fallen nicht in eine dieser Kategorien. Ein Bitcoin ETF scheitert also schon daran.

Was also tun? Wollte man einen OGAW aufsetzen, der ein Investment in Bitcoin ermöglicht, bliebe nur der mittelbare Weg. Bitcoin Futures und/oder Bitcoin ETN könnten als Derivate bzw. Wertpapiere für einen solchen OGAW erwerbbar sein. Allerdings bestehen auch hier wieder regulatorische Grenzen. Ein Erwerb von Derivaten auf Kryptowährungen ist ausschließlich für AIF und nicht für OGAW erlaubt. 1:1-Zertifikate, wie ETN auf Bitcoin hingegen dürfen auch von einem OGAW grundsätzlich erworben werden, da diese als Wertpapiere im Sinne des § 193 Abs. 1 Nr. 8 KAGB zu qualifizieren sind. Allerdings ergeben sich aus dem Fragenkatalog zu erwerbbaren Vermögensgegenständen (Eligible Assets) der BaFin (Stand: 05.07.2016), insoweit Beschränkungen. Aus Sicht der BaFin ist beim Erwerb von 1:1-Zertifikaten für einen OGAW der Grundsatz der Risikomischung nach Art. 1 Abs. 2 lit. a) der Richtlinie 2009/65/EG („OGAW-Richtline“) nicht eingehalten, falls die Zertifikate sich alle auf dasselbe Referenz-Asset beziehen. Dies ist bei Bitcoin ETN, die alle auf den Bitcoin als Asset referenzieren, der Fall. Auch über den Umweg des Erwerbs von Bitcoin Futures oder 1:1-Zertifkaten ist damit ein „Bitcoin ETF“ in Deutschland derzeit nicht zulässig.

Muss sich Europa verstecken, weil ein Bitcoin ETF nicht möglich ist?

Wenn es also nach derzeitigem Recht in Europa keine Bitcoin ETF geben kann, braucht es dann eine rechtliche Änderung oder gibt es Alternativen?

Grundsätzlich gelten für Investmentvermögen in Form eines AIFs im Vergleich zu einem OGAW weniger Beschränkungen, was die erwerbbaren Assets betrifft.

Dabei bestehen Unterschiede je nach Art des AIF:

Für geschlossene inländische Spezial AIFs (§ 285 KAGB) gilt als einzige Beschränkung, dass für die Vermögensgegenstände, in die investiert werden soll, ein Verkehrswert ermittelt werden kann. Da dies für Bitcoin möglich ist, wäre ein geschlossener inländischer Spezial AIF, der ausschließlich in Bitcoin investiert, in Deutschland zulässig.

Für Allgemeine offene inländische Spezial-AIF (§ 282 KAGB) gilt, genauso wie für Hedgefonds (§ 283 KAGB), zusätzlich zu dem Erfordernis, dass ein Verkehrswert ermittelt werden kann, dass der AIF stets ausreichend Liquidität aufweisen muss, um Anlegern, die ihre Fondsanteile zurückgeben, den aktuellen Wert der Anteile auszahlen zu können. Soweit dies gewährleistet ist, wären auch solche AIFs als reine „Bitcoin-Fonds“ zulässig.

Feste Anlagegrenzen bestehen dagegen bei offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284 KAGB). Diese dürfen lediglich bis zu 20% ihres Wertes in Kryptowerte und damit auch in Bitcoin investieren (§ 284 Abs. 3 Nr. 2 KAGB).

Auch Sonstige Investmentvermögen (§ 220 KAGB) dürfen Kryptowerte als Anlagegegenstände erwerben, wenn deren Verkehrswert ermittelt werden kann (§ 221 Abs. 1 Nr. 5 KAGB). Nach § 221 Abs. 5 S. 3 KAGB muss allerdings sichergestellt sein, dass der Anteil der für Rechnung des Sonstigen Investmentvermögens gehaltenen Kryptowerte 10% des Wertes des Sonstigen Investmentvermögens nicht übersteigt. Es dürfen also maximal 10% ihres Wertes in Bitcoin investiert werden.

Anderen AIFs als den Genannten ist es grundsätzlich nicht erlaubt, in Bitcoins zu investieren. AIFs, die in Bitcoin investieren, müssen dies allerdings in ihrem Risikomanagement berücksichtigen. Gerade für offene inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen und Sonstige Investmentvermögen führt dies allerdings dazu, dass auch wenn nur ein geringer Teil des Anlagevermögens in Bitcoin investiert wird, trotzdem insgesamt ein Risikomanagement-Ansatz gewählt werden muss, der die Risiken, die mit dem Halten von Kryptowerten insgesamt einhergehen, berücksichtigt.

Spezial-AIF sind allerdings nur für semiprofessionelle und professionelle Investoren zugänglich. Semiprofessionelle Investoren können dabei auch natürliche Personen sein. Privatanleger jedoch bekommen keinen Zugang zu den Produkten. Ihnen bleibt also nur der Weg über Wertpapiere.

Zwar wurde in der Berichterstattung zum Bitcoin ETF immer wieder hervorgehoben, dass die Besonderheit des Produkts darin liegt, dass er einen Insolvenzschutz bietet. Dies ist aus europäischer und deutscher Sicht aber kein Novum. Denn auch die oben beschriebenen Spezial-AIF offener Struktur sind Sondervermögen und bieten einen vergleichbaren Schutzrahmen.

Ebenso haben auch Wertpapiere in Form von Bitcoin ETN im Markt vergleichbare Schutzmechanismen für Anleger. In der Regel sind vertragliche Regelungen vorhanden, wonach die erworbenen Bitcoin einem Treuhänder zur Sicherheit übereignet werden. Darüber hinaus gelten in diesen Fällen die Regelungen des Schuldverschreibungsgesetzes (SchVG). Dieses Gesetz kennt die Rolle des „gemeinsamen Vertreters der Gläubiger“, der im Falle eines „Default“ die Rechte der Investoren wahrnimmt.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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