Vertragsrecht / Commercial

Kartellrecht in Deutschland – einfach erklärt (Teil 3)

Veröffentlicht am 28th Aug 2024

Kartellrecht – was ist das eigentlich? In unserer neuen Artikel-Serie gehen wir dem Thema Kartellrecht in Deutschland auf den Grund. Im ersten Teil haben wir über die Grundlagen des Kartellrechts in Deutschland aufgeklärt, in Teil 2 die Phasen eines Kartellverfahrens erläutert. Nun geht es um den möglichen Ausgang sowie potenzielle Folgen eines solchen Verfahrens:  Settlement, Bußgeldbescheid, Einspruch und Schadensersatzklagen.

People in a meeting and close up of a gavel

Settlement

Das Bundeskartellamt (BKartA) kann in jeder Phase des Kartellverfahrens Gespräche für eine einvernehmliche Verfahrensbeendigung (sog. Settlement) anbieten. Settlements sind ein häufig genutztes Instrument des BKartA, um Kartellverfahren effizient innerhalb eines vergleichsweise kurzen Zeitraums gegen eine reduzierte Geldbuße (maximale Reduktion von 10 %) abzuschließen.
Das Settlement-Verfahren ist nicht gesetzlich geregelt. Auch nach Stellung eines Kronzeugenantrags kann das Verfahren noch durch ein Settlement abgeschlossen werden. 

Im Rahmen der Settlement-Gespräche erörtert das BKartA dem betroffenen Unternehmen seine Feststellungen und gewährt teilweise Akteneinsicht. Ferner wird das Höchstmaß der Geldbuße bei erfolgreichem Settlement benannt. Das Unternehmen erhält Gelegenheit zur Stellungnahme. Sofern sich das Unternehmen für ein Settlement entscheidet, muss es ein Geständnis zu dem Tatvorwurf in Form einer sog. Settlement-Erklärung ablegen. 

Was sind die Vorteile eines Settlements?

Die wesentlichen Vorteile eines Settlements sind die Reduzierung der Geldbuße um bis zu 10 % und ein wesentlich kürzeres Kartellverfahren, das es dem Unternehmen ermöglicht, sich schneller von möglichen Reputationsschäden zu erholen und den Fall hinter sich zu lassen. Behördliche Kartellverfahren ohne Settlement dauern in der Regel mehrere Jahre und können sich durch ein anschließendes Einspruchsverfahren noch weiter verlängern. 

Hinzu kommt, dass es bei erfolgreichem Settlement nur einen „Kurz-Bußgeldbescheid“ gibt, der deutlich weniger Informationen zum Tatvorwurf enthält und somit für kartellgeschädigte Abnehmer weniger „Nährboden“ für Schadensersatzklagen bietet.

Schließlich führt ein Settlement nicht zu einem Rechtsmittelverzicht: Dem Unternehmen steht es auch nach Unterzeichnung einer Settlement-Erklärung weiterhin frei zu einem späteren Zeitpunkt Einspruch gegen die Entscheidung des BKartA einzulegen. 

Was sind die Nachteile eines Settlements?

Ein Unternehmen, das die Abgabe einer Settlement-Erklärung in Betracht zieht, muss sich bewusst sein, dass diese Erklärung einer geständigen Einlassung entspricht. Damit räumt das Unternehmen die Beteiligung an einem Kartell ein, was auch durch Pressemitteilungen öffentlich bekannt wird. Je nach Schwere der Verstöße und der jeweiligen Branche kann dies zu langanhaltenden Reputations- und Imageschäden führen. 

Darüber hinaus können die in der Settlement-Erklärung zugestandenen Tatsachen Verhaltensweisen umfassen, an denen das Unternehmen nur teilweise beteiligt war. Auch verzichtet das Unternehmen auf Einsicht in die vollständige Verfahrensakte.

Bußgeldbescheid

Wird keine Settlement-Erklärung abgegeben, richtet das BKartA zunächst ein Beschuldigungsschreiben an das Unternehmen und gibt Gelegenheit zur Stellungnahme. Daraufhin beendet das BKartA das Kartellverfahren durch Erlass eines „Lang-Bußgeldbescheides“ mit vollumfänglicher Darstellung des festgestellten Sachverhalts, der rechtlichen Bewertung und den Gründen für die Bemessung der Geldbuße. 

Welche Faktoren werden bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt? 

Als ersten Schritt bei der Bemessung der Geldbuße legt das BKartA einen Ausgangswert fest, der den vom Verstoß betroffenen sogenannten tatbezogenen Umsatz in Relation zum weltweiten Gesamtumsatz der Unternehmensgruppe setzt. Nach Festlegung dieses Ausgangswerts werden erschwerende oder mildernde Umstände bei der Bußgeldzumessung berücksichtigt. 

Als mildernde Umstände berücksichtigen die Kartellbehörden insbesondere:

  • Vorkehrungen des Unternehmens potenzielle Verstöße durch ein wirksames Compliance-Management-Systeme zu vermeiden oder aufzudecken 
  • Bemühungen vorhandene Verstöße durch interne Untersuchungen aufzudecken und die daraufhin ergriffenen wirksamen Maßnahmen (z.B. Neubesetzung betroffener Führungspositionen, Schulungen, Leitlinien)
  • Bemühungen entstandene Schäden wiedergutzumachen.

Welche Rechtsmittel gibt es gegen den Bußgeldbescheid

Gegen den Bußgeldbescheid kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch eingelegt werden. Sofern das BKartA dem Einspruch nicht abhilft, wird der Fall vor den Kartellsenaten beim Oberlandesgericht in Düsseldorf (OLG Düsseldorf) verhandelt. 

Der Einspruch kann auf verschiedene Beschwerdepunkte gestützt werden. So ist ein Vorgehen gegen die Tatsachenfeststellungen durch die Behörde, das angewandte Verfahren, die rechtliche Bewertung oder die Höhe der Geldbuße möglich. 

Im Einspruchsverfahren findet über einen Zeitraum von durchschnittlich einem Jahr regelmäßig eine Hauptverhandlung vor dem OLG Düsseldorf statt. 

Am Ende der Hauptverhandlung kann das Oberlandesgericht das beschuldigte Unternehmen freisprechen, eine neue Geldbuße verhängen oder anordnen, dass das Verfahren eingestellt wird (z. B. wegen Verjährung).

Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zulässig.

Mögliche Folgen für kartellbeteiligte Unternehmen: Schadensersatzklagen 

Nach Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes, können Dritte (idR Abnehmer) gegen das am Kartell beteiligte Unternehmen auf Schadensersatz klagen, wenn Sie durch die Absprachen einen Schaden erlitten haben. Zugunsten der Kläger gilt die gesetzlich normierte Vermutung, dass ein Kartell einen Schaden verursacht. Auch kann sich der Kläger auf die bestandskräftige Entscheidung der Kartellbehörde stützen und muss den Verstoß nicht gesondert nachweisen. Häufig ist die zentrale Frage bei diesen Schadensersatzklagen die Bemessung der Schadenshöhe, wobei sich die Beweisführung durch mehrere Präzedenzentscheidungen der obersten Gerichte und pauschalierte Ansprüche verbessert hat.

Alle Informationen gesammelt finden Sie in einem Q&A unserer Kartellrechtsexperten für Legal500. Jetzt weiterlesen (auf Englisch)!  
 

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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