Bank- und Finanzrecht

Fondsmarketing – so werben Sie rechtssicher für Publikums-AIF

Veröffentlicht am 18th Okt 2024

Wer sich im Markt der Publikums-AIF (alternativer Investmentfonds) umschaut, stellt schnell fest, dass nicht jede Werbung den strengen regulatorischen Anforderungen entspricht. Die Bandbreite der Verstöße reicht von überschwänglichen Renditeversprechen bis hin zu verharmlosenden Risikodarstellungen. Doch was genau gilt eigentlich als Werbung im Fondsbereich und welche Regeln müssen dabei beachtet werden?

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Dieser Beitrag beleuchtet die wichtigsten Aspekte des Fondsmarketings für Publikums-AIF und gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen, den richtigen Zeitpunkt für Werbemaßnahmen sowie die inhaltlichen Anforderungen an die Werbung. Dabei wird deutlich, dass trotz der strengen Vorgaben durchaus Raum für kreative und effektive Marketingstrategien bleibt – solange diese im Einklang mit den geltenden Bestimmungen stehen und die Interessen der Anleger schützen.

1. Was ist Werbung im Kontext von Publikums-AIF?

Bevor es um die inhaltlichen Anforderungen der Werbung geht, ist zunächst zu klären, was überhaupt als Werbung zu verstehen ist. Unter welchen Voraussetzungen eine Werbung vorliegt, ist gesetzlich nicht definiert. Der Begriff „Werbung“ ist jedoch im Zusammenhang mit Publikums-AIF weit gefasst. Der in den Leitlinien der ESMA (die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) genannte Begriff der „Marketing-Anzeige“ kann inhaltsgleich zu dem der „Werbung“ im KAGB gesehen werden und wird dort mit Beispielen näher eingegrenzt. Umfasst sind alle Mitteilungen, die für einen AIF werben, unabhängig von Form und Format. Dazu gehören:

  • klassische Werbeanzeigen in Print und Online,
  • Pitch Decks, Broschüren und Präsentationen,
  • Presseartikel und -mitteilungen,
  • Interviews, Videos und Podcasts,
  • Social-Media-Posts und
  • die Website des Fondsanbieters.

Entscheidend ist, dass diese Äußerungen darauf abzielen, Interesse am Erwerb eines Fonds zu wecken oder zu steigern. Es gibt jedoch auch Ausnahmen. Nicht als Werbung gelten rechtliche Pflichtinformationen wie:

  • Verkaufsprospekte,
  • ESG-Anhänge,
  • PRIIP (Packaged Retail and Insurance-based Investment Products)-Basisinformationsblätter (BIB),
  • Gesellschaftsverträge,
  • Anlagebedingungen und
  • Jahresberichte.

Auch allgemeine Unternehmensmitteilungen, wie z. B. Änderungen in der Geschäftsführung, die sich nicht auf ein konkretes Produkt beziehen, fallen nicht unter den Werbungsbegriff. Die Leitlinien der ESMA stellen zudem klar, dass nicht nur Marketing-Anzeigen der Verwaltungsgesellschaften vom Anwendungsbereich umfasst sind. Vielmehr sind auch Anzeigen gemeint, die von Dritten stammen und von der Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zu Marketingzwecken verwendet werden. Die KVG muss demnach sicherstellen, dass auch diese Werbung den Anforderungen entspricht.

2. Der rechtliche Rahmen

Die Anforderungen an den Inhalt der Werbung für Publikums-AIF ergeben sich aus zahlreichen Rechtsgrundlagen:

  • Artikel 4 Abs. 4, 1 und 5 der Verordnung (EU) 2019/1156,
  • Artikel 36 und 44 der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565,
  • § 302 Abs. 1, 2 und 3 Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB),
  • § 14 Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV),
  • ESMA-Leitlinien zu Marketing-Anzeigen und
  • BaFin-Merkblatt für Anzeigen zum beabsichtigten Vertrieb von EU-AIF an Privatanleger.

Diese Regelwerke bilden den rechtlichen Rahmen für jegliche Marketingaktivitäten im Bereich der Publikums-AIF.

3. Timing ist alles: Wann darf ich werben?

Ein entscheidender Aspekt des Fondsmarketings ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung der Werbung. Vor der Genehmigung des Vertriebs nach § 316 KAGB sind Werbemaßnahmen stark eingeschränkt. In dieser Phase gilt:

  • keine Veröffentlichung konkreter Produktbezeichnungen,
  • keine Publikation von Details zur Anlagestrategie und
  • kein Inaussichtstellen wirtschaftlicher Kennzahlen oder finanzieller Prognosen.

Erlaubt ist lediglich ein allgemeiner Hinweis, dass ein neuer AIF in Planung ist, etwa: 

„Wir befassen uns mit der Auflage eines geschlossenen Publikums-AIF im Bereich Gewerbeimmobilien und Value-Add-Maßnahmen.“

Erst mit der Genehmigung des Vertriebs nach der Vertriebsanzeige sind umfassende Werbemaßnahmen zulässig. Dann können:

  • konkrete Produktbezeichnung verwendet werden,
  • Detailangaben zur Anlagestrategie, ESG-Strategie und finanziellen Prognosen gemacht werden und
  • Informationen zur Mindestbeteiligung gegeben werden.

Wichtig zu beachten ist, dass der Vertrieb nur durch die KVG und beauftragte Vertriebsgesellschaften erfolgen darf.

4. Inhaltliche Anforderungen an die Werbung

Die inhaltlichen Anforderungen an die Werbung von Fonds sind streng reguliert und basieren auf mehreren rechtlichen Grundlagen. Zentral ist dabei § 302 Abs. 1 KAGB, der im Jahr 2021 neu gefasst wurde und auf den unmittelbar geltenden Art. 4 Abs. 1 VO (EU) 2019/1156 verweist. Diese Vorschriften verpflichten Alternative Investment Fund Managers (AIFM), Verwalter von EuVECA (European Venture Capital Funds) und EuSEF (European Social Entrepreneurship Funds) sowie Verwaltungsgesellschaften von OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) dazu, Marketing-Anzeigen klar als solche zu kennzeichnen und die mit dem Erwerb von Fondsanteilen verbundenen Risiken und Chancen ausgewogen darzustellen. Zudem müssen alle Informationen in Werbematerialien fair, eindeutig und nicht irreführend sein. 

Um diese Anforderungen zu konkretisieren, hat die ESMA im Jahr 2021 Leitlinien zu Marketing-Anzeigen für den Vertrieb von Investmentfonds1  entwickelt, die sich in drei Hauptbereiche gliedern: die Kenntlichmachung von Marketing-Anzeigen; die vergleichbar deutliche Beschreibung von Risiken und Chancen sowie den fairen, eindeutigen und nicht irreführenden Charakter von Marketing-Anzeigen. Diese gesammelten Vorgaben bilden den Rahmen für jegliche Marketingaktivitäten im Bereich der Publikums-AIF und stellen sicher, dass Anleger umfassend und transparent informiert werden und somit vor irreführender Werbung geschützt sind.

4.1 Kenntlichmachung und Haftungsausschluss

Werbung für Publikums-AIF muss als solche erkennbar sein und somit deutlich machen, dass sie einen reinen Marketingzweck verfolgt und damit nicht ausreicht, um eine Anlageentscheidung zu treffen. Die Bezeichnung „Marketing-Anzeige“ oder „Werbung“ muss an gut sichtbarer Stelle platziert werden. Zudem ist nach den Leitlinien der ESMA ein Haftungsausschluss erforderlich, beispielsweise:

„Dies ist eine Marketing-Anzeige. Bitte lesen Sie den Verkaufsprospekt des [Fondsname] und das PRIIP-BIB, bevor Sie eine endgültige Anlageentscheidung treffen.“2

Sollte das Format oder die Länge einer Online-Marketing-Anzeige einen ausführlichen Haftungsausschluss nicht zulassen, kann dieser durch eine kürzere Kenntlichmachung des Marketingzwecks ersetzt werden. Dies kann beispielsweise durch die Verwendung von „Marketing-Anzeige“ bei Bannern oder kurzen Videos auf Webseiten erfolgen, oder durch die Angabe „#Marketing-Anzeige“ auf Social-Media-Plattformen. Bei Videopräsentationen sollte der Hinweis in das Video eingebettet sein, wobei eine Anzeige lediglich am Ende des Videos als nicht ausreichend gilt. 

4.2 Ausgewogene Darstellung von Chancen und Risiken

Eine faire und ausgewogene Darstellung von Chancen und Risiken ist bei der Werbung für Publikums-AIF in jedem Fall erforderlich. Die Informationen zu Risiken müssen in Bezug auf Darstellung und Format ebenso deutlich erkennbar sein, wie die Beschreibung der Chancen. Dies bedeutet, dass Risikoinformationen nicht in Fußnoten oder mit kleinerer Schriftgröße präsentiert werden dürfen. Die Schriftart und -größe für die Beschreibung der Risiken sollte mindestens der vorherrschenden Schriftgröße in den gesamten bereitgestellten Informationen entsprechen. Eine empfehlenswerte Darstellungsform ist eine zweispaltige Tabelle oder eine Liste, in der Risiken und Chancen auf einer einzigen Seite deutlich gegenübergestellt werden. Es ist nicht zulässig, nur auf die Chancen hinzuweisen und für die Beschreibung der Risiken auf ein anderes Dokument zu verweisen. Sowohl Risiken als auch Chancen müssen entweder an gleicher Stelle oder unmittelbar nacheinander genannt werden. Besonders wichtig ist, dass grundsätzlich der Hinweis auf den illiquiden Charakter der Anlage und das Totalverlustrisiko nicht fehlen darf.

4.3 Adressatengerechte Formulierungen & Kostentransparenz

Bei der Werbung für Publikums-AIF ist eine adressatengerechte Formulierung von zentraler Bedeutung, da sich diese Fonds an Privatanleger richten. Die verwendete Sprache muss verständlich sein. Auf übermäßig technische Ausdrücke sollte verzichtet werden. Besonders wichtig ist die transparente und vollständige Darstellung der Kosteninformationen. Anleger müssen in die Lage versetzt werden, die Gesamtauswirkungen der Kosten auf den Betrag ihrer Anlage und die erwarteten Erträge zu verstehen. Sind Teile der Gesamtkosten in einer anderen Währung als der des Anlegers zu zahlen, muss die betreffende Währung deutlich angegeben werden. Zusätzlich ist ein Warnhinweis erforderlich, der auf mögliche Schwankungen der Kosten aufgrund von Währungs- und Wechselkursschwankungen hinweist.

4.4 Übereinstimmung mit der Rechtsdokumentation

Alle Werbeaussagen müssen mit den offiziellen Rechtsdokumenten (Verkaufsprospekt, vorvertragliche Informationen nach der Offenlegungsverordnung, Anlagebedingungen, PRIIP-BIB, Jahresbericht) übereinstimmen. Insbesondere müssen die wesentlichen Risiken aus dem Verkaufsprospekt erwähnt werden, einschließlich des illiquiden Charakters der Anlage und des Totalverlustrisikos.

Außerdem muss die Werbung:

  • auf Verkaufsprospekt und PRIIP-BIB hinweisen,
  • angeben, wo und wie Anleger diese Dokumente erhalten können und
  • Hyperlinks zu den Dokumenten enthalten.
4.5 Nachhaltigkeitsaspekte & Anlegerrechte

Bei der Bewerbung von Nachhaltigkeitsaspekten eines Publikums-AIF müssen die Informationen mit den Angaben in den rechtlichen und regulatorischen Dokumenten des Fonds, insbesondere den vorvertraglichen Informationen nach der Offenlegungsverordnung, übereinstimmen. Es ist ratsam, einen Link zur Webseite mit den Nachhaltigkeitsinformationen gemäß der Offenlegungsverordnung in die Werbung aufzunehmen, sofern dies für die Art der Werbung relevant ist. Dabei darf der Umfang der nachhaltigkeitsbezogenen Informationen nicht über das Maß hinausgehen, in dem Nachhaltigkeitsaspekte tatsächlich zur Anlagestrategie des Produkts gehören. Die Werbung sollte zudem darauf hinweisen, dass bei einer Investitionsentscheidung alle Eigenschaften und Ziele des Fonds berücksichtigt werden sollten, wie sie im Verkaufsprospekt oder in den anderen Informationsdokumenten beschrieben sind. Zusätzlich muss die Werbung einen Hinweis auf die Zusammenfassung der Anlegerrechte enthalten und auf die Möglichkeit eines Vertriebswiderrufs durch die KVG aufmerksam machen.

4.6 Informationen zur Wertentwicklung

Bei Angaben zur früheren Wertentwicklung muss der deutliche Hinweis erfolgen, dass diese nicht auf zukünftige Renditen schließen lässt. Prognosen zur zukünftigen Wertentwicklung sind nur zulässig, wenn sie auf objektiven Daten basieren und durch einen standardisierten Warnhinweis ergänzt werden, der auf die Unsicherheit solcher Schätzungen und die Abhängigkeit von Marktentwicklungen hinweist:

„Bei den dargestellten Szenarien handelt es sich um eine Schätzung der zukünftigen Wertentwicklung, die auf Erkenntnissen aus der Vergangenheit über die Wertentwicklung dieser Anlage und/oder den aktuellen Marktbedingungen beruht und kein exakter Indikator ist. Wie viel Sie tatsächlich erhalten, hängt davon ab, wie sich der Markt entwickelt und wie lange Sie die Anlage/das Produkt halten.“3

Absolute Aussagen wie „der beste Fonds“ oder Versprechungen einer „sicheren Anlage“ sind dabei unzulässig. Auch eine Werbung mit der BaFin-Billigung ist nicht gestattet, wenngleich eine neutrale Erwähnung möglich ist. Besonderes Augenmerk muss auf eine ausgewogene Darstellung von Chancen und Risiken gelegt werden.

5. Sanktionen

Die BaFin kann Werbung untersagen, oder andere erforderliche Anordnungen treffen, um Missstände der Werbung zu sanktionieren. Ein Verstoß gegen die Verordnung (EU) 2019/1156 kann eine Geldbuße bis zu EUR 200.000 nach sich ziehen. Um den Bußgeldtatbestand auszulösen, reicht es aus, wenn ein vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstoß gegen:

  • eine Vorschrift des Art. 4 Abs. 1 Hs. 1, Abs. 2 S. 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 5, oder des Art. 4 Abs. 4 über eine dort genannte Sicherstellungspflicht für Marketing-Anzeigen vorliegt oder
  • entgegen Art. 4 Abs. 1 Hs. 2 nicht sichergestellt ist, dass eine Information eindeutig und nicht irreführend ist, oder
  • die im Sinne des Art. 4 verantwortliche Person nicht sicherstellt, dass für die Verwendung einer Marketing-Anzeige die in Art. 4 Abs. 3 genannten Angaben enthalten sind.

6. Fazit: Trotz allem Raum für Kreativität bei Publikums-AIF-Werbung

Die rechtlichen Anforderungen an die Werbung für Publikums-AIF sind komplex, was von Anbietern ein hohes Maß an Sorgfalt erfordert, um regulatorische Verstöße zu vermeiden. Trotz dieser Einschränkungen bietet sich Raum für kreative und effektive Marketingstrategien, solange sie innerhalb des vorgegebenen rechtlichen Rahmens bleiben. Eine gründliche rechtliche Prüfung aller Werbematerialien vor der Veröffentlichung ist notwendig, um die Vorgaben einzuhalten und empfindliche Bußgelder und potenzielle Reputationsschäden abzuwenden.

Den Artikel können Sie hier als .pdf herunterladen.

 

1 Siehe: ESMA34-45–1272 DE.

2 ESMA34-45–1272 DE, Rn. 7.

3 ESMA34-45–1272 DE, Rn. 55.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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