Coronavirus COVID-19

FAQ – Infektionsschutzgesetz und Corona-Arbeitsschutzverordnung (neu)

Veröffentlicht am 18th Mar 2022

Was Arbeitgeber ab dem 20. März 2022 beachten müssen

Mit Ablauf des 19. März 2022 endet die Rechtsgrundlage für den überwiegenden Teil der im Betrieb zu berücksichtigenden Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2. Betroffen sind Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) und auch der Corona-Schutzverordnungen der Länder.
 

Business planning meeting, photo of people's hands holding pens and going over papers

Am 16. März 2022 ist zunächst eine neue Fassung der Corona-ArbSchV verabschiedet worden, welche wiederum befristet für die Zeit vom 20. März bis 25. Mai 2022 Vorgaben zum Infektionsschutz im Betrieb macht. Darüber hinaus ist am 18. März 2022 der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes verabschiedet worden. Ab dem 20. März 2022 ergibt sich daher für den betrieblichen Infektionsschutz folgende Rechtslage:

1. Wegfall der 3G-Regel und Home-Office Pflicht

1.1. Wegfall der 3G-Regel im Betrieb

Beschäftigte, die in der Betriebsstätte des Arbeitgebers tätig sind, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, können den Betrieb ab dem 20. März 2022 auch dann betreten, wenn sie weder geimpft, genesen, noch getestet sind. Es entfallen die Absätze 1 – 4 des § 28b IfSG (a.F.).

Hinweis: Noch bis zum 2. April 2022 gilt auf Länderebene eine Übergangsfrist. Bis dahin können durch die Länder in einer konkret zu benennenden Gebietskörperschaft bei einer epidemischen Ausbreitung von COVID-19 mit der konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage weiterhin Schutzmaßnahmen wie die Vorlage eines 3G-Nachweises in Einrichtungen und Unternehmen nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und Nr. 11 IfSG (Krankenhäuser sowie ambulante Pflegedienste, die Intensivpflege in Einrichtungen, Wohngruppen oder sonstigen gemeinschaftlichen Wohnformen erbringen) sowie § 36 Abs. 1 Nr. 2 und 7 IfSG (voll- oder teilstationäre Einrichtungen zur Betreuung und Unterbringung älterer, behinderter oder pflegebedürftiger Menschen oder vergleichbare Einrichtungen sowie ambulante Pflegedienste und Unternehmen, die vergleichbare Pflegedienste anbieten) angeordnet werden.

Achtung: Diese Möglichkeit der Länder bezieht sich außerhalb dieses Anwendungsbereiches nicht auf eine Aufrechterhaltung der Regelungen zu 3G im Betrieb!

1.2. Ende der Home-Office Pflicht

Die uneingeschränkte gesetzliche Verpflichtung seitens des Arbeitgebers, den Beschäftigten eine Tätigkeit im Home-Office anzubieten sowie die korrespondierende Pflicht der Beschäftigten, dieses Angebot grundsätzlich annehmen zu müssen, entfällt.

1.3. Wegfall der 3G-Regel für Gäste und Beschäftigte im Fahr- und Flugverkehr (§ 28b Abs. 5 a.F.)

Bisher galt sowohl für Fahr- und Fluggäste, als auch für Kontroll- und Servicepersonal sowie Fahr- und Steuerpersonal, dass nur geimpfte, genesene oder getestete Personen Zutritt haben. Diese Regel entfällt.

Bitte beachten: Die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im öffentlichen Nah- und Fernverkehr bleibt aufrechterhalten (Maskenpflicht)!

2. Was können Arbeitgeber ab dem 20. März 2022 von den Beschäftigten verlangen und welche Pflichten treffen sie selber?

2.1. Festhalten der Arbeitgeber an 3G im Betrieb (Risiko: Klagen auf Lohnzahlung)

Halten Arbeitgeber trotz Wegfalls der gesetzlichen Grundlage an der 3G-Regel fest und schicken Beschäftigte, die einen entsprechenden Nachweis nicht (mehr) vorhalten, nach Hause, ohne den Lohn fortzuzahlen, so riskieren sie Zahlungsklagen der betroffenen Beschäftigten, welche hinreichend Aussicht auf Erfolg haben. Denkbar wäre, eine 3G-Regel im Betrieb zukünftig auf Basis des § 106 GewO in Form einer arbeitgeberseitigen Weisung durchzusetzen. Fraglich ist jedoch, ob eine solche Weisung „billigem Ermessen“ entspräche. Dagegen spricht, dass der Gesetzgeber durch die ersatzlose Streichung der Absätze 1 bis 4 des § 28b IfSG (a.F.) eine klare Wertentscheidung zulasten „3G“ im Betrieb getroffen hat. Einer arbeitgeberseitigen Weisung, die nicht billigem Ermessen entspricht, müssen Beschäftigte nicht nachkommen. Der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ würde in diesen Fällen nicht greifen, da sich Arbeitgeber aufgrund des ordnungsgemäßen Angebotes der Arbeitsleistung durch die Beschäftigten in Annahmeverzug befinden würden.

Auch mit dem Betriebsrat lässt sich eine rechtswirksame 3G-Regelung nicht im Wege der Betriebsvereinbarung für die Zeit ab dem 20. März 2022 fortführen. Das Betriebsverfassungsgesetz gibt nicht die Handhabe, in dieser Form in die individuellen Rechte der einzelnen Beschäftigten einzugreifen.

2.2. Gefährdungsbeurteilung / Hygienekonzepte

Gemäß der am 16. März 2022 verabschiedeten neuen Corona-ArbSchV bleiben Arbeitgeber verpflichtet, auf Basis der ihnen nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) obliegenden Gefährdungsbeurteilung Hygienekonzepte gegen die Verbreitung des Corona-Virus in ihren Betrieben vorzuhalten. Hierfür müssen Arbeitgeber prüfen, welche Maßnahmen weiterhin erforderlich sind, um den betrieblichen Infektionsschutz zu gewährleisten. Damit werden die Basisschutzmaßnahmen nun nicht mehr unmittelbar in der Corona-ArbSchV niedergelegt. Vielmehr sind Arbeitgeber verpflichtet, eigenverantwortlich zu prüfen, welche (Basis-) Schutzmaßnahmen in ihrem konkreten Betrieb sinnvoll sind. Bei dieser Prüfung ist das lokale Infektionsgeschehen zu berücksichtigen.

Der Arbeitgeber muss im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung insbesondere folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Home-Office / Arbeitsschutz / Pflicht zur Rückkehr an den Arbeitsplatz

Arbeitgeber sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung verpflichtet, zu prüfen, inwiefern Home-Office möglich und betrieblich sinnvoll bleibt (vgl. § 2 Abs. 3 Nr. 2). Hierdurch soll dem Ziel, betriebsbedingte Kontakte möglichst zu vermeiden oder jedenfalls zu reduzieren, Rechnung getragen werden.

Wichtig: Das verpflichtende Angebot der Tätigkeit im Home-Office durch den Arbeitgeber entfällt. Damit können Arbeitgeber ab dem 20. März 2022 grundsätzlich verlangen, dass die Beschäftigten zurück an ihre betrieblichen Arbeitsplätze kehren.

  • Zurverfügungstellung von Masken

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind Arbeitgeber verpflichtet, zu prüfen, inwiefern die Bereitstellung medizinischer Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz) dem betrieblichen Infektionsschutz dient. Sofern die Dienlichkeit bejaht wird, hat die Bereitstellung weiterhin auf Kosten des Arbeitgebers zu erfolgen.

  • Testangebot im Betrieb

Arbeitgeber sind nicht mehr verpflichtet, den Beschäftigten zweimal wöchentlich ein Test-Angebot zu unterbreiten. Sie müssen aber prüfen, inwiefern ein zumindest einmal wöchentliches Testangebot erforderlich bleibt, um den Infektionsschutz im Betrieb sicherzustellen. Die Kosten hat im bejahenden Fall weiter der Arbeitgeber zu tragen.

Ermöglichung von Impfungen / Informationspflichten

Arbeitgeber bleiben verpflichtet, ihren Beschäftigten die Corona-Schutzimpfung während der Arbeitszeit zu ermöglichen. Außerdem sind die Beschäftigten auch weiterhin über die Gesundheitsgefahren einer Erkrankung mit Covid-19 aufzuklären und über die Möglichkeiten von Schutzimpfungen zu informieren.

Das Hygienekonzept muss den Beschäftigten in geeigneter Weise zugänglich gemacht werden.

Wichtig: Der Impf- und Genesenen-Status der Beschäftigten darf bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen nicht mehr berücksichtigt werden.

3. Länderspezifische Regelungen (Maskenpflicht / Testpflicht)

Zu beachten sind auch weiterhin die jeweiligen landesrechtlichen Corona-Schutzverordnungen. In diesen sind in der Regel insbesondere Masken- und Testpflichten enthalten. Diese beziehen sich zum Teil auch auf den Arbeitsplatz. Soweit einschlägig sind die Corona-Schutzverordnungen insofern auch von Arbeitgebern zu berücksichtigen.

Derzeit gilt beispielsweise im Land Nordrhein-Westfalen, dass die allgemeinen Verhaltensregeln zu Abstand, Hygiene und Masken (sog. AHA-Regel) möglichst umfassend in allen Lebensbereichen – also auch am Arbeitsplatz (!) – einzuhalten sind. Auf das Tragen einer Maske kann bei gleichzeitiger Nutzung eines Raumes (nur) verzichtet werden, wenn dies nach den arbeitsschutzrechtlichen Regelungen zulässig ist (dies richtet sich nach der Corona-ArbSchV, s.o.).

In den meisten Bundesländern gelten vergleichbare Vorschriften. Ein Großteil der Bundesländer hat bereits angekündigt, dass sie von der Übergangsfrist Gebrauch machen werden, so dass die nur noch bis zum 19. März 2022 geltenden Corona-Schutzverordnungen bis zum 2. April 2022 in Kraft bleiben. Von Arbeitgebern mit Beschäftigten in mehreren Bundesländern ist die jeweils lokale Regelung zu prüfen und anzuwenden.

4. Datenschutz

Die dargestellten Änderungen haben auch Auswirkungen in datenschutzrechtlicher Hinsicht.

4.1. Darf der Arbeitgeber 3G-Nachweise der Beschäftigten noch verarbeiten?

Bisher war es Arbeitgebern auf Basis von § 28b Abs. 1 und Abs. 3 IfSG (a.F.) gestattet, den Impf-, Sero- und Teststatus ihrer Beschäftigten zu verarbeiten, um ihre gesetzlichen Kontroll- und Dokumentationspflichten, die an den Zugang zum Betrieb anknüpften, zu erfüllen. 

Die 3G-Daten durften Arbeitgeber auch zum Zweck der Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts (§ 5, § 6 ArbSchG) verarbeiten. 

Der Wegfall von § 28b Abs. 1 bis Abs. 4 IfSG (a.F.), d.h. der gesetzlichen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von 3G-Daten durch den Arbeitgeber, führt nun dazu, dass Arbeitgeber die 3G-Daten ihrer Beschäftigten ab dem 20. März 2022 nicht mehr zum Zweck der Erfüllung von Kontroll- und Dokumentationspflichten bzw. zur Anpassung des betrieblichen Hygienekonzepts verarbeiten dürfen.

Eine datenschutzrechtliche Einwilligung der Beschäftigten dürfte als Rechtsgrundlage für die weitere Verarbeitung, insbesondere Speicherung der 3G-Daten ausscheiden. Unabhängig davon, dass die Einwilligung aufgrund des Über-/Unterordnungsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten stets grundsätzlichen Bedenken begegnet, dürfte das Kriterium der Freiwilligkeit nach Wegfall der oben genannten gesetzlichen Regelungen nicht mehr erfüllbar sein. Die Freiwilligkeit ist allerdings Voraussetzung für eine wirksame datenschutzrechtliche Einwilligung.

Abweichende Beurteilungen können sich auf Basis von zulässigen betrieblichen oder länderspezifischen Regelungen ergeben. Diese Regelungen bieten ggf. weiterhin eine Rechtsgrundlage zur datenschutzkonformen Verarbeitung von 3G-Daten der Beschäftigten. Entscheidend wird insofern auch sein, zu welchem Zweck Arbeitgeber die 3G-Daten ihrer Beschäftigten ab dem 20. März 2022 verarbeiten möchten (Grundsatz der „Zweckbindung“ gem. Art. 5 Abs. 1 lit. b) DS-GVO). 

Es bedarf einer Prüfung im Einzelfall.

4.2. Müssen Arbeitgeber die in der Vergangenheit erhobenen 3G-Daten jetzt löschen?

Die vorgenannten Änderungen führen allerdings nicht dazu, dass die in der Vergangenheit erfolgte Verarbeitung von 3G-Daten rückwirkend als unzulässig anzusehen wäre. D.h. die datenschutzrechtliche Zulässigkeit der Verarbeitung von 3G-Daten, die Arbeitgeber bis zum 20. März 2022 auf Basis von § 28b Abs. 1 und Abs. 3 IfSG (a.F.) durchgeführt haben, bleibt unberührt. Der ersatzlose Wegfall des § 28b Abs. 3 S. 9 IfSG (a.F.), der eine 6-monatige Aufbewahrungsfrist für die 3G-Daten der Beschäftigten vorsah, wirft allerdings Fragen auf. 

Es ist unklar, ob die 6-monatige Aufbewahrungsfrist bezogen auf die 3G-Daten, die Arbeitgeber bis zum 20. März 2022 erhoben haben, noch fort gilt oder ob Arbeitgeber alle 3G-Daten – unabhängig davon, ob sie vor oder nach dem 20. März 2022 erhoben wurden – restlos zu löschen haben.

Die fortgesetzte Speicherung der 3G-Daten würde einen Eingriff in das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung der Beschäftigten darstellen. Dieser Grundrechtseingriff könnte nur auf Basis einer gesetzlichen Regelung als zulässig anzusehen sein. An einer solchen gesetzlichen Regelung fehlt es jedoch.

Insofern wäre eine Klarstellung durch den Gesetzgeber wünschenswert gewesen. Diese ist jedoch nicht erfolgt. 
In der Konsequenz sollten Arbeitgeber die 3G-Daten ihrer Beschäftigten, die sie zu den vorgenannten Zwecken verarbeitet haben, löschen. 

4.3. Datenschutzrechtliche Bußgelder

Aufgrund der Sensibilität der 3G-Daten drohen Arbeitgebern bei einer nicht ordnungsgemäßen Verarbeitung, insbesondere Löschung der 3G-Daten Bußgelder i.H.v. EUR 20 Mio. oder von bis zu 4 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs. Dabei ist der höhere Betrag maßgeblich.

5. Wegfall des § 129 BetrVG: Sonderregelung aus Anlass der COVID-19-Pandemie

Mit Ablauf des 19. März 2022 entfällt auch die im Betriebsverfassungsgesetz befristet vorgesehene Möglichkeit, Betriebsversammlungen, vom Gesamtbetriebsrat jährlich einzuberufende Betriebsräteversammlungen sowie Versammlungen der Jugend- und Auszubildendenvertretung mittels audiovisueller Einrichtungen durchzuführen. 

Ebenso entfällt die Möglichkeit der Durchführung von Einigungsstellen mittels Video- oder Telefonkonferenz.

Eine Verlängerung dieser Regelungen ist nicht vorgesehen.

Die betriebliche Mitbestimmung wird durch den Wegfall des § 129 BetrVG wieder einen Schritt „analoger“.

Dies ist der Stand am 18. März 2022. Über weitere Entwicklungen halten wir Sie auf dem Laufenden!

 

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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