Bank- und Finanzrecht

Der Zweitmarkt für Spezial-AIF: Eine rechtliche Perspektive auf neue Handelsmöglichkeiten

Veröffentlicht am 14th Nov 2024

In Zeiten volatiler Märkte suchen institutionelle Investoren zunehmend nach flexiblen Ausstiegsmöglichkeiten aus ihren Fondsinvestments. Während die Kündigung von Fondsanteilen oft mit erheblichen Einschränkungen verbunden ist, bietet der Zweitmarkt eine vielversprechende Alternative für den vorzeitigen Exit aus Investitionen in Spezial-AIF.

Illuminated office buildings

Etablierung eines Zweitmarktes

Ein Zweitmarkt für geschlossene Spezial-AIF hat sich in den letzten Jahren als wichtige Alternative zur klassischen Anteilskündigung etabliert. Während institutionelle Investoren früher bei einem Exit vor Laufzeitende stark eingeschränkt waren und eine effektive und marktbezogene Preisfindung nicht stattfand, bieten spezialisierte Handelsplattformen heute neue Möglichkeiten für einen effizienten Anteilshandel. Altanleger müssen sich nicht mehr selbst aufwändig um einen Käufer bemühen. Sekundärmärkte bieten eine attraktive Option, um Portfolios umzustrukturieren, ohne Spezial-AIF zu kündigen. Neue Investoren wiederum profitieren von der Möglichkeit, z.B. in Immobilien zu investieren, deren Performance sie nachvollziehen können.

Die Entwicklung wurde insbesondere durch die aktuellen Marktbedingungen und die Digitalisierung beschleunigt. Volatile Märkte und veränderte Bewertungen von Investitionsgegenständen haben den Bedarf an flexiblen Ausstiegsmöglichkeiten deutlich erhöht. Gleichzeitig möchten Asset Manager und Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) außerplanmäßige Veräußerungen von Assets vermeiden. Handelsplattformen, wie z.B. die „Fondsbörse Private Markets“ ist es ohne größeren technischen Aufwand möglich, Beteiligungen an geschlossenen Fonds zu vermitteln. Die Plattformen ermöglichen es professionellen und semiprofessionellen Anlegern, über Festpreis- oder Bieterverfahren, ihre Anteile zu veräußern.

Unterscheidung zwischen offenen und geschlossenen Spezial-AIF

Nach dem deutschen Investmentrecht können Spezial-AIF in verschiedenen Rechtsformen aufgelegt werden. Das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) sieht hierfür drei grundlegende Strukturen vor: das Sondervermögen, die Investmentkommanditgesellschaft (InvKG) sowie die Investmentaktiengesellschaft (InvAG). 

Spezial-AIF dürfen dabei nur durch professionelle und semiprofessionelle Anleger im Sinne des § 1 KAGB erworben werden. Es handelt sich dabei um besonders vermögende und erfahrene Anleger oder sog. institutionelle Anleger. Privatanleger, also das breite Publikum, dürfen nicht in Spezial-AIF investieren.

Das KAGB versteht unter offenen Investmentvermögen einen AIF, dessen Anteile vor Beginn der Liquidations- oder Auslaufphase auf Ersuchen ihres Anteilseigners direkt oder indirekt aus den Vermögenswerten des AIF und nach den Verfahren und mit der Häufigkeit, die den Vertragsbedingungen, der Satzung oder dem Gesellschaftsvertrag, dem Prospekt oder den Emissionsbedingungen festgelegt sind, zurückgekauft oder zurückgenommen werden. Die Möglichkeit, die Anteile auf einem Sekundärmarkt zu handeln, führt dabei noch nicht zu einem offenen Spezial-AIF.

AIF können aber auch auf eine solche Rücknahmepflicht verzichten und sind dann als geschlossene Investmentvermögen zu behandeln. Solche Spezial-AIF eignen sich insbesondere für Investitionen in illiquide Vermögenswerte, wie Immobilien, Schiffe, Flugzeuge oder auch Unternehmensanteile, die nicht an der Börse gelistet sind (Venture Capital bzw. Private Equity). Die wesentliche Anforderung ist dabei nach § 285 KAGB, dass der Verkehrswert der Vermögensgegenstände bestimmbar sein muss.

Handelt es sich um offene Spezial-AIF nach § 282 KAGB, gilt neben der Anforderung der Bestimmbarkeit des Verkehrswertes das Erfordernis der Risikomischung, das für geschlossene Spezial-AIF nicht gilt.

Rücknahmepflicht bei offenen Spezial-AIF

Die Rücknahme von Anteilen ist das wesentliche Merkmal offener Investmentvermögen. Bei offenen Spezial-AIF besteht grundsätzlich eine Pflicht der KVG zur Rücknahme der Anteile. Die Häufigkeit der Rückgabemöglichkeit und die dann geltenden Anforderungen müssen von Anfang an in der Fondsdokumentation festgelegt sein, wobei die Anlagebedingungen auch bestimmte Rücknahmetermine festlegen können. 

Die praktischen Herausforderungen der Rücknahmepflicht zeigen sich besonders in volatilen Marktphasen: Wenn mehrere Anleger gleichzeitig ihre Anteile zurückgeben wollen, kann dies zu erzwungenen Verkäufen von Vermögenswerten („Fire Sales“) führen, die sich negativ auf die Performance des Fonds und die Stabilität des Gesamtmarktes auswirken können. Deshalb können in der Fondsdokumentation auch Grenzen vorgesehen werden, in denen trotz Kündigungswunsch die Rücknahmepflicht ausgesetzt wird, um den Spezial-AIF nicht in eine finanzielle Krise zu stürzen.

Keine ordentliche Kündigung bei geschlossenen Spezial-AIF

Bei geschlossenen Spezial-AIF ist die ordentliche Kündigung der Beteiligung ausgeschlossen. Das heißt, eine Rückgabe der Anteile zu regelmäßigen Zeitpunkten, wie dies bei offenen Spezial-AIF der Fall ist, ist nicht möglich. 

Dem Anleger steht lediglich das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund zu. Daran sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen und ein solcher Kündigungsgrund wird in den seltensten Fällen greifen. 

Bedeutung eines Zweitmarktes

Anleger in Spezial-AIF können also vor Herausforderungen stehen, wenn sie sich von ihrer Investition lösen möchten. Das liegt bei geschlossenen Spezial-AIF bereits an dem grundsätzlichen Ausschluss der Kündigung bzw. Rückgabe des Anteils.

Aber auch Anleger in offenen Spezial-AIF können Schwierigkeiten haben, ihre Anteile zurückzugeben, wenn etwa viele Anleger gleichzeitig ihre Anteile zurückgeben möchten und der Spezial-AIF dadurch nicht genug Liquidität zur Verfügung hat, um alle Rückgabeverlangen zu erfüllen. Zudem können die Rückgabefristen verhältnismäßig lang sein, was hinderlich ist, wenn ein Anleger kurzfristig aus der Investition aussteigen möchte.

Besonders bei geschlossenen Spezial-AIF, die aufgrund ihrer Struktur keine reguläre Anteilsrückgabe vorsehen, eröffnet der Zweitmarkt neue Perspektiven. Er mindert das Illiquiditätsrisiko erheblich und macht diese Anlageform für einen breiteren Kreis institutioneller Investoren attraktiv. Auch für Asset Manager bietet der Zweitmarkt Vorteile: Sie müssen keine unvorhergesehenen Verkäufe vornehmen, die den Fonds belasten könnten.

Ein weiterer bedeutender Aspekt ist die Vermeidung von "Fire Sales". Durch den Zweitmarkthandel können erzwungene Notverkäufe von Vermögenswerten verhindert werden, die laut Europäischer Zentralbank ein erhebliches Risiko für die Stabilität des Immobilien- und Finanzmarktes darstellen können. Zudem ermöglicht der Zweitmarkt eine effektivere Preisfindung, da Verkäufer nicht mehr auf einen einzelnen Käufer oder die KVG angewiesen sind.

Regulierter Zweitmarkt

Um den Zweitmarkthandel von Spezial-AIF betreiben zu dürfen, ist grundsätzlich eine Erlaubnis für das Erbringen von Wertpapierdienstleistungen und -nebendienstleistungen notwendig (§ 15 WpIG). Ausschlaggebend ist, dass es sich bei den Fondsanteilen um Finanzinstrumente handelt und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten erlaubnispflichtig sind. Die relevante Wertpapierdienstleistung ist dabei insbesondere die Anlagevermittlung. Dabei übermittelt der Anbieter des Zweitmarkts als Mittelsperson die Willenserklärungen des Käufers und des Verkäufers als Bote. Als reguliertes Institut unterliegt der Zweitmarktanbieter in Deutschland einer umfassenden Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Dazu zählen Vorgaben zum Eigenkapital sowie zum Risikomanagement. Zudem müssen die Geschäftsführer zuverlässig sein und ausreichende Kenntnisse und Erfahrungen zum Betrieb eines solchen Marktplatzes mitbringen. Schließlich greifen die Vorgaben des Geldwäschegesetzes, wodurch sichergestellt ist, dass alle auf dem Zweitmarkt aktiven Kunden die erforderliche KYC-Prüfung durchlaufen haben. 

Ein Anbieter in Deutschland, der über eine solche Erlaubnis zum Betrieb eines Zweitmarktes verfügt, ist z.B. die Handelsplattform „Fondsbörse Private Markets“, die ihr Angebot an professionelle und semiprofessionelle Anleger richtet. 

Fazit

Ein Zweitmarkt für Spezial-AIF bietet eine effektive Lösung für die klassischen Herausforderungen dieser Anlageklasse, insbesondere hinsichtlich der Liquidität und Handelbarkeit. Für geschlossene Spezial-AIF eröffnet der Zweitmarkt die Möglichkeit eines vorzeitigen Exits, während er bei offenen Spezial-AIF eine wichtige Alternative zur klassischen Anteilsrückgabe darstellt. Die Vermeidung von erzwungenen Asset-Verkäufen schützt dabei nicht nur die Performance der Fonds, sondern trägt auch zur Stabilität des Gesamtmarktes bei.

Teilen
Wollen Sie häufiger von uns hören?

Wir informieren Sie über Insights, News und Events zu Ihren relevanten Themen.

* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

Wollen Sie häufiger von uns hören?

Wir informieren Sie über Insights, News und Events zu Ihren relevanten Themen.