Bank- und Finanzrecht

Optimale Starthilfe

Veröffentlicht am 20th Nov 2018

Start-ups kommen und gehen. Die Gründe für das Scheitern sind viel­schichtig. Bei fach­män­nischer Beratung können die Unter­neh­men häufig aber gerettet werden, und dies sogar noch in der In­sol­venz.

Start-ups haben Konjunktur. Dennoch sind Krisen und Insolvenzen auch in diesem Bereich keine Seltenheit. Neun von zehn Start-ups sollen Schätzungen zufolge innerhalb von 24 Monaten nach der Gründung scheitern. Bei der Beteiligung eines Venture-Capital-Fonds liegt die Ausfallrate sogar zwischen 30 bis 50 Prozent. 36 Monate nach der Gründung (Expansions-/Growth-Phase) sinkt die Ausfallrate auf 20 Prozent. In 40 Prozent der Fälle werden persönliche Gründe angegeben, bei rund 30 Prozent liegen wirtschaftliche Gründe vor. Die Hauptgründe für das Scheitern sind Auftrags- oder Nachfragerückgang, Abwanderung von Leistungsträgern, Forderungsausfälle und Kostensteigerungen. Die typischen Krisenursachen treten meist kombiniert auf.

Gründungs-/Seed-Phase

In diesem Stadium kommt es zunächst entscheidend auf den Gründer selbst an. Besitzt er die notwendigen Fähigkeiten? Ist er in der Lage, sich kohärent zu verhalten? Defizite in der Besetzung können hier bereits fatale Folgen haben. Beim Produkt hingegen können sich falsche oder ungenaue Prognosen hinsichtlich der Wettbewerbsfähigkeit beziehungsvweise des Bedarfs sowie des technischen Aufwands bei der Entwicklung mit Blick auf Kosten und Zeit negativ auswirken. Darüber hinaus muss natürlich auch die Strategie stimmen, sowohl mit Blick auf Make-or-Buy-Entscheidungen wie auch die Zielmärkte und den geplanten Roll-out. Das setzt eine nachhaltige Business-Planung voraus, an der es häufig fehlt. Schließlich ist im Bereich Kapital oft eine mangelnde Risikobereitschaft des Gründers zu bemerken, aber auch eine zu starke, leider jedoch falsche Einflussnahme der Investoren. Mangelndes Fair Play führt hier nicht selten zu einer fatalen Unterkapitalisierung.

Start-up-Phase

In dieser Phase sollte das Team frei von Störfeuern funktionieren. Das Personal ist zwingend zu halten. Daher wirkt sich in der Regel jede Fluktuation negativ aus. Bei der Produktvalidierung kommt es entscheidend auf die Akzeptanz der (potenziellen) Kunden an. Fehlt es daran, müssen die handelnden Personen schnell die notwendigen Anpassungsmaßnahmen in die Wege leiten. Mangelnde Flexibilität kann hier fatale Folgen haben. Im Bereich Wachstum sollte ein Experte die Parameter Kundenzuwachs, Produkttiefe, Umsatzkurve sowie Deckungsbeitrag beobachten. Denn werden aus den Kennzahlen falsche Schlüsse gezogen, führt das häufig ins Verderben. Beim Kapital wirken sich schließlich das Nichterreichen von Meilensteinen, fehlende Sicherheitspuffer in der Liquiditätsplanung und mangelndes Fair Play zwischen Gründer und Investoren negativ aus. Nicht selten verweigern Investoren in diesem Stadium die Zahlung oder es kommt zu Problemen zwischen den neuen und alten Investoren wegen der Kapitalstruktur beziehungsweise Pool-Zusammensetzung. Besteht womöglich der Bedarf für eine Überbrückungsfinanzierung und kommt diese nicht schnell genug, ist das häufig der Anfang vom Ende.

Expansions-/Growth-Phase

Wie in der Start-up-Phase ist auch in diesem Stadium das Team zusammenzuhalten. Jede Fluktuation von Personal wirkt sich hier ebenfalls kontraproduktiv aus. In den Bereichen Wachstum und Profit beziehungsweise Wettbewerb sollte auch in dieser Phase ein Experte das Start-up begleiten. Die Kennzahlen des Unternehmens sind richtig zu bewerten, gegebenenfalls mithilfe permanenter Benchmark-Prozesse. Verzichtet man hier auf einen steuerlichen Berater, hat man regelmäßig am falschen Ende gespart. Im Bereich Kapital kommt es auch hier entscheidend auf die Investoren an. Scheitert eine notwendige Finanzierung oder kündigt ein Investor seinen Exit an, ist das in diesem Stadium nicht selten der unternehmerische Genickbruch.

Gebot des rechtzeitigen Handelns

Beginnt es, im Start-up zu kriseln, so haben GmbH-Geschäftsführer nach § 49 Abs. 3 des Gesetzes die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) betreffend sowie der Vorstand einer Aktiengesellschaft (AG) nach § 92 Abs. 1 Aktiengesetz (AktG) bei Verlust der Hälfte des Stamm- oder Grundkapitals unverzüglich eine Gesellschafter- beziehungsweise Hauptversammlung einzuberufen, um den Gesellschaftern die Beschlussfassung über Sanierungsmaßnahmen, wie etwa Kapitalerhöhungen, zu ermöglichen. Insbesondere bei Verlusten von erheblichem Umfang kann auch eine Einberufungspflicht im Rahmen des Ermessenstatbestands nach §§ 49 Abs. 2 GmbHG, 121 AktG bestehen. Die Verletzung dieser Pflichten kann jeweils strafbar sein und zu Schadenersatzforderungen gegenüber den Gründern führen. Vorsicht ist beim Schieben fälliger Arbeitsentgelte geboten. Denn die Nichtabführung des Arbeitnehmeranteils zur Sozialversicherung ist strafbar, § 266a Strafgesetzbuch (StGB). Das gilt auch schon für eine verspätete Zahlung, denn die spätere Begleichung beseitigt die Strafbarkeit nicht. Der Geschäftsführer haftet stets persönlich. Gleiches gilt für die Lohn- und Umsatzsteuer, §§ 34, 69 Abgabenordnung (AO).

Insolvenzantragspflicht

Das Ausnutzen der Dreiwochenfrist ist nur erlaubt, wenn nachweislich Sanierungsaussichten bestehen.

Beim Eintritt von Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Insolvenzordnung – InsO) oder Überschuldung (§ 19 InsO) besteht nach § 15a InsO eine Insolvenzantragspflicht. Es gibt kein Sanierungswahlrecht. Es muss unverzüglich ein Insolvenzantrag gestellt werden. Das Ausnutzen der Dreiwochenfrist ist nur erlaubt, wenn nachweislich Sanierungsaussichten bestehen. Eine Überschuldung ist nur ausgeschlossen, wenn die Fortführung nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist (positive Fortführungsprognose). Das ist der Fall, wenn die Finanzplanung belegt, dass im Prognosezeitraum, der im Regelfall das laufende und kommende Geschäftsjahr umfasst, die liquiden Mittel ausreichen, um die fälligen Verbindlichkeiten zu bedienen (Zahlungsfähigkeitsprognose). Ist die Prognose negativ, etwa weil die neue Finanzierung im Prognosezeitraum nicht zustande kommt, muss zwingend ein Überschuldungsstatus aufgestellt werden, für den die Liquidationswerte maßgebend sind. Kommt dieser zu dem Ergebnis, dass die Verbindlichkeiten das Vermögen übersteigen, besteht eine Insolvenzantragspflicht und damit eine Haftung des GmbH-Geschäftsführers oder Vorstands nach § 64 Satz 3 GmbHG beziehungsweise § 92 Abs. 2 AktG nicht nur für Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung der Überschuldung geleistet wurden, sondern auch für solche Zahlungen, die zur Zahlungsunfähigkeit geführt haben; es sei denn, es gelingt der Nachweis, dass diese Zahlungen auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar waren. Eine Weisung der Gesellschafter (§ 37 GmbHG) kann diese Haftung nicht ausschließen, weil die Haftung den Gläubigern dient und nicht zur Disposition der Gesellschafter steht (§ 43 Abs. 3 GmbHG).

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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