Arbeitsrecht
Erleichterungen bei Formerfordernissen für Kapitalgesellschaften und Arbeitgeber
Veröffentlicht am 8th Nov 2024
Viertes Bürokratieentlastungsgesetz verkündet
Welches Ziel verfolgt das Gesetz?
- Entlastung der Wirtschaft und Bürger von Bürokratie
- Abschaffung überflüssiger Formerfordernisse
Erleichterungen: Arbeitsrecht
- Der Nachweis der wesentlichen Vertragsbestimmung muss nicht mehr in strenger Schriftform („wet ink signature“) erfolgen. Stattdessen kann die Niederschrift in Textform abgefasst und elektronisch übermittelt werden, sofern der Arbeitnehmer in der Lage ist das Dokument abzurufen und der Arbeitgeber ihn zu einem Empfangsnachweis auffordert.
- Dies gilt auch bei Änderung der wesentlichen Vertragsbedingungen.
- Das Arbeitszeugnis kann in elektronischer Form erteilt werden, sofern der Arbeitnehmer zustimmt. Dies war vorher ausdrücklich ausgeschlossen.
- Arbeitsverträge, die das Ende des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenzen vorsehen, werden nicht mehr als Befristung nach dem TzBfG eingestuft und bedürfen somit nur noch der Textform.
- Verleiher und Entleiher können im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung Verträge in Textform und somit bspw. auch per E-Mail abschließen.
- Die Geltendmachung von Elternzeit sowie Elternteilzeit kann in Textform erfolgen.
- Die Verpflichtung für Arbeitgeber einen vollständigen Abdruck des ArbZG sowie des JArSchG in deutscher Sprache und aktueller Fassung auszuhängen wird insofern modifiziert, dass auch eine elektronische Bereitstellung über die im Betrieb übliche Informations- und Kommunikationstechnik (z.B. Intranet) erfolgen kann, sofern alle Beschäftigten freien Zugang zu den Informationen haben.
Erleichterungen: Corporate
- Reduzierung der Formerfordernisse für Umlaufbeschlüsse in der GmbH: Auch bei in der Sache nicht einstimmig gefassten Beschlüssen kann nun eine Beschlussfassung in Textform erfolgen, wenn sich alle mit der Abgabe der Stimmen in Textform einverstanden erklärt haben.
- Viele steuerliche und handelsrechtliche Aufbewahrungsfristen insbesondere für Buchungsbelege wurden von 10 Jahren auf 8 Jahre reduziert.
- Zahlreiche gesellschaftliche Verlangen und Mitteilungen können nun in Textform statt schriftlich erfolgen. Dies gilt z.B. für Beteiligungsmitteilungen nach den §§ 20, 21 AktG.
- Bei börsennotierten Aktiengesellschaften gibt es Vereinfachungen bei der Einberufung von Hauptversammlungen:
- Bis dato galt, dass wenn die Hauptversammlung (i) über die Billigung des Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder, (ii) die Vergütung des Aufsichtsrats nach § 113 Absatz 3 AktG oder (iii) den Vergütungsbericht beschließen soll bzw. der Vergütungsbericht zur Erörterung durch die Hauptversammlung vorgelegt wird (KMU), der vollständige Inhalt der Unterlagen zu den jeweiligen Beschlussgegenständen bekanntzumachen war.
- Künftig sind die Vergütungsunterlagen ausdrücklich nicht mehr in die Einberufung aufzunehmen, sondern können ausschließlich auf der Website veröffentlicht werden.
- Allerdings müssen die vollständigen Unterlagen zu den genannten Beschlussgegenständen dann auch alsbald nach der Einberufung der Hauptversammlung über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich sein.
Wann tritt das Gesetz in Kraft?
Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt gestaffelt in Kraft. Ein Großteil der Änderungen tritt zum 1. Januar 2025 in Kraft. So treten die Neuerungen bezüglich der Elternzeit erst am 1. Mai 2025 in Kraft. Die Neuerungen für die Einberufung von Hauptversammlungen sind erstmals auf Hauptversammlungen anzuwenden, die ab dem 1. Februar 2025 einberufen werden.
Was ist jetzt zu tun?
- Unternehmen und Arbeitgeber sollten ihre Prozesse auf überflüssige Formerfordernisse prüfen und ggf. Aufbewahrungsfristen entsprechend anpassen.
- Arbeitgeber müssen sich an die bald „lediglich“ geltende Textform halten und prüfen, ob im Einzelfall ein anderes Formerfordernis gilt (wie z.B. die „strenge“ Schriftform bei Kündigungen und Aufhebungsverträgen). Dies kann sich auch aus den Arbeitsverträgen selbst ergeben.
- Bei Nichteinhaltung kann dies zu Bußgeldern, zur Unwirksamkeit von geschlossenen Verträgen und Gestaltungsrechten führen.
- Börsennotierte Aktiengesellschaften können bereits in der kommenden Hauptversammlungssaison von den Vereinfachungen bei der Einberufung profitieren.
Teilen