Bank- und Finanzrecht

Das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts („MoPeG“) im Überblick

Veröffentlicht am 22nd Jul 2021

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Inkrafttreten 1. Januar 2024

1. Das Personengesellschaftsrecht vor der Novellierung

Es dauerte bis zur letzten Nachtsitzung des deutschen Bundestags vor Ende der aktuellen 19. Legislaturperiode, bis das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrecht am 24. Juni 2021 beschlossen wurde. Der Bundesrat erhob in seiner Sitzung am 25. Juni 2021 keinen Einspruch.

Die Gesetzesänderung setzt über große Teile das um, was bereits seit Jahrzehnten durch die Rechtsprechung und Kautelarpraxis angewendet wird.

Die Diskrepanz zwischen den bestehenden gesetzlichen Regelungen und dem „gelebten Recht“ könnte jedoch größer nicht sein. Das Bedürfnis an Anpassung der teils noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Regelungen ist daher erheblich. Umso wichtiger ist es, dass mit der Novellierung in wichtigen Punkten Rechtsklarheit und Rechtssicherheit geschaffen wurde.

Wesentliche Punkte der Novellierung – die auf dem sog. Mauracher Entwurf der Expertenkommission zum MoPeG beruhen – sind die Normierung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts („GbR“) und die Einführung eines Gesellschaftsregisters, das für mehr Transparenz der GbR führen soll.

Das Leitbild der GbR erfährt insoweit eine Änderung, als dass es weg von einer Gelegenheitsgesellschaft hin zu einer auf gewisse Dauer angelegten rechtsfähigen Personengesellschaft mit eigenen Rechten und Pflichten ausgerichtet wird. Darüber hinaus erhalten Personenhandelsgesellschaften ein Recht der Beschlusskontrolle und für freie Berufe wird die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft geöffnet.

2. Wichtigste Änderungen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts

1. Einrichtung eines Gesellschaftsregisters (§ 707 Abs. 1 BGB-E)

Mit der Einrichtung eines Gesellschaftsregisters möchte der Gesetzgeber dem aktuellen Publizitätsdefizit für die Öffentlichkeit abhelfen. Denn weder die Beteiligungsverhältnisse noch die Vertretungsregelungen sind bei GbRs rechtssicher nachvollziehbar. Das neue Gesellschaftsregister beinhaltet daher bspw. Informationen zum Geschäftsgegenstand sowie Name und Sitz der GbR.

Grundsätzlich besteht zwar keine Pflicht zu Eintragung in das Gesellschaftsregister (§ 707 Abs. 1 BGB-E). Da die Eintragung in das Gesellschaftsregister allerdings Voraussetzung für den Erwerb von – in öffentlichen Registern einzutragenden – Rechten sein wird, besteht ein faktischer Eintragungszwang.

Die Eintragung ist bspw. erforderlich für:

  • den Erwerb von in öffentlichen Registern einzutragenden Rechten (Bspw. Grundstücks-GbR: Erwerb von Grundstücken setzt zukünftig eine Registrierung voraus, § 47 Abs. 2 GBO-E)
  • die freie Sitzwahl (§ 706 BGB-E)
  • die uneingeschränkte Umwandlungsfähigkeit (§ 3 Abs.1 UmwG-E)

Deshalb besteht für die GbR eine Art Voreintragungsobliegenheit, um Inhaberin registrierter Rechte zu sein.

Mit einer Eintragung gehen jedoch auch Übermittlungspflichten über die wirtschaftlichen Berechtigten einer GbR an das Transparenzregister einher.

2. Rechtsfähigkeit der GbR wird gesetzlich normiert (§§ 705 Abs. 2, 740 BGB-E)

Erstmalig gesetzlich verankert wird die Rechtsfähigkeit der GbR. Je nachdem, ob die GbR nach außen auftritt (das ist abhängig vom Willen der Gesellschafter) ist sie nicht rechtsfähige oder rechtsfähige GbR. Dabei ist die Eintragung im Gesellschaftsregister allerdings keine Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit einer (Außen-) GbR.

Hinweis: Das erneuerte Gesetz richtet sich grundsätzlich auf die rechtsfähige GbR aus.

3. Vermögen der GbR (§§ 713, 722 BGB-E)

Das Gesetz sieht nunmehr auch eine Klarstellung vor, dass die GbR Trägerin ihres eigenen Vermögens ist. Eine Zwangsvollstreckung findet daher aus einem Titel gegen die Gesellschaft und nur in das Vermögen der Gesellschaft statt.

4. Neuregelung bei Tod oder Kündigung eines GbR-Gesellschafters (§ 723 BGB-E)

Bislang führte der Tod oder die Kündigung eines GbR-Gesellschafters grundsätzlich zur Auflösung der GbR. Diese Rechtsfolge wird durch die bisher bereits für die oHG und KG geltenden Regelungen ersetzt. Danach führt der Tod oder die Kündigung eines GbR-Gesellschafters grundsätzlich nur noch zu dessen Ausscheiden, während die Gesellschaft fortbesteht.

Hinweis: Somit bedarf es keiner besonderen Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag mehr.

5. GbR wird umwandlungsfähig (§ 3 Abs. 1 UmwG-E)

Sofern die GbR im Gesellschaftsregister eingetragen ist, kann sie uneingeschränkt Teil einer Umwandlungsmaßnahme sein.

3. Wichtigste Änderungen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die auch für die oHG und die KG gelten:

1. Freie Sitzwahl für alle in Deutschland registrierten Unternehmen (§ 706 BGB-E)

Neu eingeführt wird die freie Sitzwahl für Unternehmen, die es ermöglicht, sämtliche Geschäfte außerhalb der Bundesrepublik nachzugehen und dennoch eine deutsche Gesellschaft zu sein. Bisher war der tatsächliche Verwaltungssitz maßgeblich. Nunmehr kann die Gesellschaft ihren Sitz vertraglich bestimmen (Vertragssitz). Dies ist für Kapitalgesellschaften schon länger möglich.

Hinweis: Besonders relevant ist diese neue Möglichkeit für den allgemeinen Gerichtsstand einer Gesellschaft.

2. Firmierung der GbR (§§ 707a, 707b BGB-E)

Für eine im Gesellschaftsregister registrierte GbR gilt weiterhin das handelsrechtliche Firmenrecht. Eine registrierte GbR hat zwingend den Firmenzusatz „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu tragen.

3. Stimmkraft- und Ergebnisverteilung nach Beteiligungsverhältnissen (§ 709 Abs. 3 BGB-E)

Die bisherige Ergebnisverteilung nach Köpfen wird abgeschafft. Eingeführt wird die bereits seit langem praktizierte Regelung, dass Stimmkraft und Ergebnisverteilung vorrangig nach den Beteiligungsverhältnissen zu bestimmen ist.

Hinweis: Abweichungen vom gesetzlichen Regelfall (nunmehr nach Beteiligungsverhältnissen) sind ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen.

4. Beschlussfassung (§ 714 BGB-E)

Erstmalig werden Regelungen zum Beschlussverfahren innerhalb der GbR normiert. Dennoch gilt weiterhin: Im Zweifel Prinzip der Einstimmigkeit, wenn nichts Abweichendes im Gesellschaftsvertrag bestimmt ist.

Hinweis: Dies schließt abweichende Regelungen durch den Gesellschaftsvertrag wie Mehrheitsbeschlüsse nicht aus.

4. Wichtigste Änderungen betreffend die Personenhandelsgesellschaften:

1. Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für die Freien Berufe (§ 107 Abs. 1 S. 2 HGB-E)

Die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft wird für freie Berufe geöffnet.

Hinweis: Dies war nach bisherige Rechtslage nicht möglich da bspw. die Arzttätigkeit nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes ausgerichtet ist.

Die Öffnung steht allerdings unter berufsrechtlichem Vorbehalt.

Bislang galt, dass eine Haftungsbegrenzung nur wegen fehlerhafter Berufsausübung zulässig ist.

Ab Inkrafttreten gilt: Die Haftungsbegrenzung erstreckt sich bspw. auch auf Verbindlichkeiten aus Mietverhältnissen.

2. Beschlussfassung (§ 109 HGB-E) und Beschlussmängel (§ 110 HGB-E)

Erstmalig werden Regelung zum Beschlussverfahren innerhalb der Personenhandelsgesellschaften getroffen. Das Beschlussmängelrecht orientiert sich am aktienrechtlichen Anfechtungsrecht, d.h. es wird je nach Schwere des Verstoßes zwischen nichtigen und anfechtbaren Gesellschafterbeschlüssen unterschieden. Das Beschlussverfahren entspricht der gängigen gesellschaftsvertraglichen Praxis.

3. Gewinnermittlung und Gewinnverteilung (§§ 120-122 HGB-E)

Die Regelungen zur Gewinnermittlung und -verteilung werden neu gefasst. Die geschäftsführenden Gesellschafter sind verpflichtet den Jahresabschluss aufzustellen. Die Gewinnverteilung orientiert sich wie bei der GbR nach den Beteiligungsverhältnissen. Die Gesellschafter entscheiden durch Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses.

4. Regelungen zur Simultaninsolvenz der GmbH und KG (§ 179 HGB-E)

Eine erst durch den Rechtsausschuss in das Gesetz gelangte Regelung betrifft die Simultaninsolvenz in der GmbH & Co.KG. Hier wurde eine Erleichterung für die Durchführung des Insolvenzverfahrens geschaffen, indem die GmbH Komplementärin der KG bleiben kann.

5. Folgen und Ausblick:

Bis zum Inkrafttreten des MoPeG zum 1. Januar 2024 ist es zwar noch einige Zeit hin, es besteht allerdings bereits jetzt Handlungsbedarf bspw. bei der Gestaltung von Gesellschaftsverträgen.

Daher ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits eine Bestandsaufnahme hinsichtlich der bestehenden gesellschaftsvertraglichen Strukturen erforderlich. Es gilt einen potentiellen Handlungsbedarf zu identifizieren und die bestehenden Regelungen an die neuen gesetzlichen Vorgaben auszurichten.

Eine Folge der Einführung des Gesellschaftsregisters wird sein, dass eingetragenen GbRs mit erhöhtem Vertrauen des Rechtsverkehrs begegnet werden wird. Auf der anderen Seite geht mit einer Eintragung ins Gesellschaftsregister auch der Verlust an Diskretion einher. Eine frühe Eintragung ist vor allem dann sinnvoll, wenn im Hinblick auf spätere Transaktionen Zeit gespart werden soll.

Leider nimmt das MoPeG eine im Zeitalter der Transformation dringend notwendige Digitalisierung nicht auf und bleibt somit im internationalen Vergleich zurück. Daher ist bereits bis zum Inkrafttreten am 1. Januar 2024 noch mit weiteren Anpassungen zu rechnen.

Das Dokument zum Download finden Sie hier

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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