Wichtige Änderung für die Gestaltung von Arbeits- und Dienstverträgen

Veröffentlicht am 23rd Sep 2016

Am 1. Oktober 2016 tritt durch das Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Regelungen die Neufassung von § 309 Nr. 13 BGB in Kraft. Die neue Regelung sieht vor, dass bei nicht beurkundungspflichtigen Verträgen (z. B. Arbeitsverträgen) für Anzeigen und Erklärungen gegenüber dem Verwender oder einem Dritten keine strengere Form als die Textform nach § 126b BGB vereinbart werden darf. Ausreichend ist danach auch eine E-Mail oder ein (Computer-)Fax. Für die arbeitsrechtliche Vertragsgestaltung hat die Neuregelung erhebliche Bedeutung.

Text- statt Schriftformerfordernis

Arbeitsverträge unterliegen in der Regel der AGB-Kontrolle. Daher sind die in §§ 308, 309 BGB normierten Klauselverbote zu beachten. Nach der derzeit geltenden Fassung von § 309 Nr. 13 BGB sind Klauseln unwirksam, die für eine Anzeige oder Erklärung des Verbrauchers eine strengere Form als die Schriftform vorsehen. Zwar galt auch bisher, dass die Schriftform durch telekommunikative Übermittlung gewahrt war, soweit nicht ein anderer Wille der Parteien anzunehmen war. Ab dem 1. Oktober 2016 kann in Arbeitsverträgen jedoch keine strengere Form mehr als die Textform vorgesehen werden.

Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen

Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, welche eine schriftliche Geltendmachung vorsehen, halten einer Inhaltskontrolle des bisher geltenden § 309 Nr. 13 BGB stand. Ab dem 1. Oktober 2016 ist dieses arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftformerfordernis unwirksam. Ob dies dazu führt, dass Klauseln, die ein Schriftformerfordernis beinhalten, als insgesamt unwirksam anzusehen sind oder sie nach Anwendung des sog. Blue-Pencil-Tests und Streichung des Wortes „schriftliche“ ohne ein Formerfordernis wirksam bleiben können, ist fraglich. Vor dem Hintergrund, dass der Arbeitnehmer für den Zugang der Erklärung beim Arbeitgeber beweispflichtig ist, ist eher davon auszugehen, dass die Arbeitsgerichte den Blue-Pencil-Test nicht zulassen und die Regelung als insgesamt unwirksam ansehen werden.

Ist die gesamte Ausschlussfrist unwirksam, kann der Arbeitnehmer seine Ansprüche nachträglich innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist geltend machen. Dies kann erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen für den Arbeitgeber haben. Da für den Arbeitgeber selbst als Verwender die eingeführte Ausschlussfrist gilt, droht ihm ein doppelter Nachteil, wenn er die Ausschlussfristen nicht an die neue Gesetzeslage anpasst.

Tarifvertragliche Ausschlussfristen

Ausschlussfristen in Tarifverträgen werden nicht unwirksam, wenn sie nach dem 1. Oktober 2016 eine schriftliche Geltendmachung vorsehen. Arbeitgeber sollten aber teilweise Bezugnahmen auf Tarifverträge oder Bezugnahmen auf branchenfremde Tarifverträge in Arbeitsverträgen überprüfen. Sehen die in dieser Form in den Arbeitsvertrag einbezogenen Ausschlussfristen die schriftliche Geltendmachung vor, müssen entweder die Bezugnahmeklauseln angepasst oder die Ausschlussfristen unmittelbar in den Arbeitsvertrag entsprechend der neuen Rechtslage aufgenommen werden.

Doppelte Schriftformklauseln

§ 309 Nr. 13 BGB erfasst nach seinem Wortlaut nur einseitige Anzeigen und Erklärungen, nicht die vertragliche Abrede zwischen den Parteien selbst. Doppelte Schriftformklauseln, die insbesondere das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindern sollen, sind damit grundsätzlich nicht erfasst.

Das Bundesarbeitsgericht argumentierte in der Vergangenheit jedoch, eine doppelte Schriftformklausel sei insbesondere deshalb wirksam, weil § 309 Nr. 13 BGB in der bisherigen Fassung auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Schriftformerfordernis für Anzeigen und Erklärungen zulasse. Dieses Argument fällt nun künftig weg. Es gibt jedoch gute Argumente, die dafür sprechen, dass § 309 Nr. 13 BGB für doppelte Schriftformklauseln nicht gilt. Bei Änderung des Arbeitsvertrages besteht ein erhöhtes Interesse an einer zuverlässigen Dokumentation. Auch sind bei Arbeitsverträgen zusätzlich die Besonderheiten des Arbeitsrechts zu berücksichtigen.

Bis zur abschließenden Klärung der Rechtslage sollte daher abgewogen werden, ob zur Vermeidung insbesondere des Risikos der Entstehung einer betrieblichen Übung bereits jetzt die Arbeitsverträge dahingehend geändert werden, dass Vertragsänderungen nur der Textform bedürfen. In diesem Fall wäre dann eine Vertragsänderung bereits wirksam, wenn sich die Parteien per E-Mail darauf verständigen.

Anwendbarkeit auf andere Erklärungen

Auch auf die üblicherweise in Arbeitsverträgen enthaltenen weiteren Regelungen, nach denen der Arbeitnehmer Erklärungen schriftlich abgeben muss, z.B. die Anzeige von Nebentätigkeiten, sind von der Neuregelung betroffen. Sie dürfen künftig nur noch ein Textformerfordernis vorsehen.

Regelungen, wonach Erklärungen des Arbeitgebers schriftlich erfolgen müssen, sind nicht an § 309 Nr. 13 BGB zu messen, da nach seinem Wortlaut eindeutig nur Anzeigen und Erklärungen erfasst sind, die dem Verwender gegenüber abzugeben sind.

Verbreitet finden sich in Arbeitsverträgen auch Regelungen, wonach Kündigungen schriftlich zu erfolgen haben. Auch auf diese Regelungen wirkt sich die Gesetzesänderung nicht aus, da eine solche Regelung nur das gesetzliche Schriftformerfordernis des § 623 BGB wiederholt.

Geschäftsführerdienstverträge

Für Gesellschafter-Geschäftsführer gilt § 309 Nr. 13 BGB nicht, da sie wegen ihrer Beteiligung am Stammkapital der Gesellschaft nicht als Verbraucher gelten. Fremdgeschäftsführer sind nach dem Bundesarbeitsgericht bei Abschluss ihres Dienstvertrages jedoch in der Regel Verbraucher, so dass § 309 Nr. 13 BGB auf ihren Dienstvertrag Anwendung findet und für Anzeigen und Erklärungen künftig nur noch ein Textformerfordernis wirksam vereinbart werden kann.

Anpassung und Änderung von Altverträgen

Arbeitgeber sollten auf jeden Fall Arbeitsverträge, die nach dem 30. September 2016 abgeschlossen werden, an die neue Gesetzeslage anpassen.

Es stellt sich die Frage, ob die Gesetzesänderung auch für bestehende Altverträge gilt, die nach dem 30. September 2016 geändert werden. Das Bundesarbeitsgericht hat im Zusammenhang mit der AGB-Reform im Jahr 2002 entschieden, dass die Änderung eines Altvertrags, auch wenn sie nur geringfügig ist, dazu führen kann, dass ein Neuvertrag vorliegt, für den die geänderte Rechtslage gilt. Dies gilt insbesondere in Fällen, in denen die Parteien vereinbart haben, dass „alle anderen Vereinbarungen des Anstellungsvertrags unberührt bleiben“.

Zur Vermeidung von Risiken sollten daher bei jeder Änderung oder Ergänzung eines bestehenden Arbeitsvertrags alle arbeitsvertraglichen Regelungen, insbesondere die Ausschlussfristen, entsprechend der ab dem 1. Oktober 2016 geltenden Gesetzeslage angepasst werden.

Hinweise für die Praxis

Durch die unauffällige Änderung des AGB-Rechts in einem Artikelgesetz mit datenschutzrechtlichem Namen führt der Gesetzgeber für Arbeitgeber die Notwendigkeit herbei, ihre Arbeitsverträge zu überprüfen und zu ändern. Es besteht die Gefahr, dass Unternehmen die Erforderlichkeit von Anpassungen übersehen.

Arbeitgeber sollten auf Grund der nicht unerheblichen Haftungsrisiken jedenfalls die in ihren Arbeits- und Dienstverträgen enthaltenen Ausschlussfristen anpassen. In diesem Zusammenhang bietet es sich an, die Ausschlussfristen insgesamt auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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