Wasserstoff – was bei der Genehmigung einer Wasserstofferzeugungsanlage / Elektrolyseurs zu beachten ist
Veröffentlicht am 7th Mar 2024
Ein Überblick
Für die Erreichung der Konzeptziele des European Green Deal, der Klimaziele bis 2030 bzw. der Treibhausgasneutralität bis 2050 ist Wasserstoff als saubere Energiequelle mittlerweile anerkannt. Bereits im Juli 2020 hatte die EU-Kommission eine EU-Wasserstoffstrategie vorgelegt, die 2022 implementiert wurde. Zur Errichtung und zum Betrieb von Wasserstofferzeugungsanlagen (Elektrolyseuren, Reformern und Abscheideanlagen) ist ein förmliches immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich. Außerdem muss geprüft werden, ob eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. CO2 Speicher und der Transport von Wasserstoff durch Rohr(fern-)leitungsnetze erfordern ebenfalls eine öffentlich-rechtliche Genehmigung.
Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz
Für die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse kommt regelmäßig das Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) zur Anwendung. Entscheidend ist, ob die Wasserstofferzeugungsanlage Wasserstoff in industriellem Umfang (oder Maßstab) erzeugt, Anlage 1 Nr. 4.1.12 der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV).
Ein industrieller Umfang ist bei kommerziellen Anlagen anzunehmen. In diesem Fall ist eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung im förmlichen Verfahren erforderlich. Umstritten ist auch die Einordnung von Elektrolyseuren unter die BImSchV. In der behördlichen Praxis werden Elektrolyseanlagen zur Herstellung von Wasserstoff der Nr. 4.1.12 des Anhangs 1 der 4. BImSchV zugeordnet. Diese Einschätzung ist für Gerichte jedoch nicht bindend.
Auch oberirdische Speicher für Wasserstoff benötigen in der Regel eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, da sie die Kapazitätsgrenzen der Nr. 9.3 in Anhang 1 der 4. BImSchV häufig überschreiten dürften. Eine unterirdische Speicherung ist z. B. in Untergrundkavernenspeichern möglich und in der Regel nach dem Bundesberggesetz (BBergG) genehmigungspflichtig.
Das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren hat nach § 13 BImSchG Konzentrationswirkung. Das bedeutet, dass bei immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtigen Anlagen, für deren Errichtung und Betrieb grundsätzlich mehrere Zulassungsentscheidungen erforderlich sind (bspw. Baugenehmigung, wasserrechtliche Genehmigung, naturschutzrechtliche Ausnahme…), die Immissionsschutzbehörde ein einheitliches Genehmigungsverfahren führt. Am Ende des Verfahrens steht eine einheitliche Genehmigung.
Umweltverträglichkeitsprüfung
Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) dient gemäß § 3 Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) einer wirksamen Umweltvorsorge nach Maßgabe der geltenden Gesetze und wird nach einheitlichen Grundsätzen sowie unter Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt.
Die UVP erfolgt in der Regel im Rahmen des Zulassungsverfahrens, z. B. der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Eine UVP ist nach § 1 Abs. 2 S. 1 der 9. BImSchV für alle Anlagen erforderlich, die UVP-pflichtig gemäß den §§ 6 bis 14 UVPG sind.
Planfeststellungs- & Plangenehmigungs-verfahren
Soll ein Elektrolyseur gemeinsam oder als wesentliche Änderung (z. B. Herstellung eines Anschlusses / Einspeisepunkt) eines planfeststellungsbedürftigen Vorhabens (z. B. Hochspannungsleitungen, Untergrundkavernenspeicher oder Gasleitungen) errichtet und betrieben werden, kann ein Planfeststellungsverfahren erforderlich sein. Insbesondere wenn zur Verteilung des Wasserstoffs die Einspeisung in das bereits existierende Erdgasnetz erfolgen soll und technisch möglich ist.
Für die Verteilung in einem reinen Wasserstoffnetz ist genehmigungsrechtlich zwischen der Umnutzung bestehender Erdgasleitungen (Umwidmung i.S.d. § 43 Abs. 1 Nr. 5 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)) und der Errichtung neuer Wasserstoffleitungen zu unterscheiden. Wasserstoffverteilerleitungen können dem Anwendungsbereich des EnWG unterfallen und damit planfeststellungsbedürftig sein (§ 43 Abs. 1 Nr. 5 EnWG).
Nach § 43 Abs. 2 Nr. 7 EnWG können Energiekopplungsanlagen ein Planfeststellungsverfahren durchlaufen.
Erlaubnispflicht nach Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
§ 18 Abs. 1 BetrSichV sieht zur Sicherheit und für den Schutz der Gesundheit von Beschäftigten für die Errichtung und den Betrieb bestimmter Anlagen eine behördliche Erlaubnispflicht vor.
Ist ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren oder Planfeststellungsverfahren für den Elektrolyseur durchzuführen, ist diese Erlaubnis von der Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG bzw. § 75 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) umfasst.
Erlaubnispflichtige Wasserstofferzeugungsanlagen bzw. Anlagen zur Gasnutzung sind beispielsweise Dampfkesselanlagen nach der Druckgeräterichtlinie (2014/68/EU). Dies können zum Beispiel Hochtemperaturelektrolyseure, Methanisierungsanlagen, Trailerabfüllstationen, Gasflaschenfüllanlagen sowie Wasserstofffüllanlagen („Gastankstellen“) und Kraftwerke mit Dampfkreisläufen sein.
Auch Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen die der ATEX-Richtlinien (1999/92/EU; 2014/34/EU) unterfallen, wie der Elektrolyseur, können nach § 18 Abs. 1 BetrSichV genehmigungspflichtig sein. Teilweise können Anlagen(-komponenten) wie z. B. Druckanlagen von der Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 4 BetrSichV ausgenommen sein, wenn es sich um eine Energieanlage nach § 3 Nr. 15 EnWG zur Erzeugung, Speicherung, Fortleitung oder Abgabe von Energie handelt.
Zu berücksichtigen ist auch das neue Gesetz über überwachungsbedürftige Anlagen vom 27. Juli 2021 (ÜAnIG). Zu den überwachungsbedürftigen Anlagen, die nach der Betriebssicherheitsverordnung besonders zu betrachten sind, zählen beispielsweise Dampfkesselanlagen, Druckbehälter, Leitungen unter Überdruck, Druckgeräte, Füllanlagen oder Anlagen in explosionsgefährdeten Bereichen.
Baugenehmigungsverfahren
Das Vorhaben muss bauplanungsrechtlich zulässig sein. Sofern eine Genehmigung nach dem BImSchG erforderlich ist, werden dabei auch baurechtliche Vorschriften geprüft.
Dies ist unabhängig davon, ob für die Wasserstofferzeugungsanlage oder den Elektrolyseur eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung einzuholen ist. Sinnvoll und praktikabel ist regelmäßig die Errichtung einer Anlage oder eines Elektrolyseurs an Standorten von Windenergie- und Solaranlagen oder auch Strom- und Gasspeichern. Letztere befinden sich aufgrund der gesetzlichen Zuordnung generell im sogenannten Außenbereich.
Der Außenbereich soll grundsätzlich von der Bebauung freigehalten werden, weshalb nur privilegierte Vorhaben im Einzelfall zugelassen werden. Für Elektrolyseure kommt eine privilegierte Behandlung in Betracht, da sie der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität oder Gas dienen.
CE-Konformität
Die erforderlichen Unterlagen zur Beantragung einer Baugenehmigung sind in den Bauordnungen der Länder und in den Bauvorlagenverordnungen festgelegt. Ein einheitliches Vorgehen zur Erteilung einer Baugenehmigung existiert bislang nicht. In jedem Fall wird die Vorlage einer Zusammenstellung der Bescheinigungen über die CE-Konformität der einzelnen verbauten Komponenten der Anlage verlangt. Neben den Bescheinigungen für die einzelnen Komponenten wird in den Genehmigungsverfahren von Wasserstofferzeugungsanlagen auch eine Konformitätsbewertung der Gesamtanlage seitens der Behörde eingefordert.
Dies liegt daran, dass der Betreiber als Hersteller der Gesamtanlage gilt. Die Konformitätsbewertung der Gesamtanlage richtet sich in den meisten Fällen nach der Druckgeräterichtlinie. Sie kann sich aber auch nach der ATEX-Richtlinien oder der Maschinenrichtlinie richten.
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