Solarpaket I – Nutzung gebäudenah erzeugten PV-Stroms
Veröffentlicht am 27th May 2024
Am 16. Mai 2024 sind Kernstücke des Solarpakets I in Kraft getreten. Unter anderem soll mit der gesetzlichen Neuregelung der weitere PV-Ausbau durch das neue Modell der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, die Erweiterung des bestehenden Mieterstrommodells auf Gewerbeimmobilien sowie die Regelungen zu den sogenannten „Balkonkraftwerken“ angereizt und eine breitere Teilhabe an der Klimawende ermöglicht werden.
Neuerungen beim Mieterstrom-Modell (§ 42a EnWG)
Was ist neu?
Mit dem Solarpaket I wurde der Anwendungsbereich der EEG-Förderung über den Mieterstrom-Zuschlag durch Anpassung des § 21 Abs. 3 EEG 2023 erweitert. Bisher wurde der Mieterstrom-Zuschlag im Mieterstrom-Modell nur bei der Belieferung von Letztverbrauchern im Wohngebäude bzw. in Wohngebäuden im Quartier gefördert, wenn der PV-Strom mit in, an oder auf Wohngebäuden installierten PV-Anlagen erzeugt wurde. Mit dem Solarpaket I wurde die Beschränkung auf Wohngebäude aufgehoben, sodass eine Förderung auch erfolgt, wenn PV-Anlagen in, an oder auf Nichtwohngebäuden installiert sind und die Belieferung an Leitzverbraucher in Nichtwohngebäuden erfolgt. Mit Blick auf Nichtwohngebäude gibt es allerdings auch eine Sonderregelung zur Förderung.
Im Zuge dessen wurde auch § 42a EnWG angepasst, aus dem sich Vorgaben für die Mieterstromverträge im EEG-geförderten Mieterstrom-Modell ergeben. Auch diese Regelung erstreckt sich nunmehr auf Sachverhalte mit Bezug auf Nichtwohngebäude. So enden Mieterstromverträge mit Letztverbrauchern sowohl in Wohngebäuden als auch nunmehr Nichtwohngebäuden bei Beendigung der Mietverhältnisse automatisch mit der Rückgabe der Räume.
Im Rahmen dessen wurden auch die für Miterstromverträge mit Verbrauchern geltenden Regelungen an die AGB-Vorgaben des § 309 Nr. 9 BGB angepasst; so können diese Verträge von statt bisher einem Jahr eine Laufzeit von zwei Jahren haben.
Was bleibt gleich?
Eine EEG-Förderung erfolgt weiterhin nur dann, wenn der PV-Strom nicht durch ein Netz geleitet wird.
Auch muss weiterhin der Mieterstromlieferant im EEG-geförderten Mieterstrom-Modell die Vollversorgung der Mieter mit Strom sicherzustellen, auch wenn kein PV-Strom geliefert werden kann.
Die Regelungen zum Schutz von Mietern von Wohnraum gelten unverändert weiter, ohne, dass ihre Anwendung allerdings auf gewerbliche Mieter ausgedehnt wurde. So bestehen das grundsätzliche Kopplungsverbot von Mieterstrom- und Wohnraummietvertrag ebenso unverändert fort wie die diesbezüglichen Ausnahmen insbesondere für Mietverträge über Wohnungen zum vorübergehenden Gebrauch (z. B. Alters- und Pflege- sowie Studentenwohnheime). Die Preisobergrenze von 90 % des in dem jeweiligen Netzgebiet geltenden Grundversorgungstarifs gilt wie bislang nur für Mieter von Wohnräumen.
Wer ist betroffen?
Die Änderungen richten sich unmittelbar an Unternehmen, die PV-Anlagen betreiben bzw. betreiben wollen; die EEG-Förderung auch mit Blick auf Nichtwohngebäude soll ihnen als (weiterer) Anreiz für die Errichtung und den Betrieb von PV-Anlagen dienen. Mittelbar sollen dann natürlich auch die Gebäudeeigentümer als Vermieter sowie die Mieter an der Energiewende teilnehmen und davon profitieren können.
Das neue Gebäudestrom-Modell (§ 42b EnWG)
Was ist neu?
Mit dem Solarpaket I wurde mit dem neuen § 42b EnWG das Modell der „gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“ neben dem Mieterstrom als weiteres Konzept für die erzeugungsnahe Versorgung von Letztverbrauchern in das Energiewirtschaftsrecht aufgenommen.
Für dieses neue Gebäudestrom-Modell gilt (insbesondere) Folgendes:
- Die PV-Anlagen müssen sich in, an oder auf demselben Gebäude oder einer Nebenanlage dieses Gebäudes befinden, in welchem der Strom von Letztverbrauchern genutzt wird. D. h., dass der PV-Strom unmittelbar im Gebäude oder der Nebenanlage – ohne Durchleitung durch ein Netz – genutzt werden muss, wobei eine Zwischenspeicherung möglich ist. Der Anwendungsbereich erfasst dabei unter anderen die Belieferung von Mietern, Wohnungs- oder Miteigentümern und Pächtern von Wohn- und Nichtwohngebäuden.
- Der Betreiber der PV-Anlage muss – anders als beim Mieterstrom – keine Vollversorgung der Letztverbraucher vornehmen, d. h. er muss keinen Strom an die Teilnehmer des Gebäudestrom-Modells liefern, wenn und soweit PV-Strom nicht oder nicht in ausreichender Menge erzeugt wird. Er muss aber die Letztverbraucher hierüber informieren. Die Letztverbraucher können den Stromlieferanten, der den über den PV-Strom hinausgehenden Bedarf abdeckt, frei wählen.
- Die Strombezugsmengen der Letztverbraucher müssen viertelstündlich gemessen werden.
- Eine Förderung über einen Mieterstrom-Zuschlag nach dem EEG erfolgt – auch anders als beim Mieterstrom-Modell – nicht.
- Die Teilnahme am Gebäudestrom-Modell setzt einen Gebäudestromnutzungsvertrag zwischen dem Betreiber der PV-Anlage und dem (jeweils teilnehmenden) Letztverbraucher voraus. Bei Wohnungseigentümergemeinschaften kann der Gebäudestromnutzungsvertrag durch eine Beschlussfassung nach dem Wohnungseigentumsgesetz ersetzt werden.
- Für Gebäudestromnutzungsverträge gelten im Grundsatz die gleichen Regelungen zum Schutz von Wohnungsmietern (so das Verbot der Kopplung von Miet- und Gebäudestromnutzungsverträgen) bzw. Verbrauchern (so die Regelungen zur Laufzeit der Verträge).
- Das Gesetz enthält verschiedene Vorgaben an den Gebäudestromnutzungsvertrag und dessen Abwicklung, u. a.:
- Im Vertrag ist das Recht der teilnehmenden Letztverbraucher vorzusehen, den PV-Strom entsprechend eines zu vereinbarenden Aufteilungsschlüssels zu nutzen, d. h. zu beziehen. Der Aufteilungsschlüssel setzt den (prozentualen) Anteil des in der PV-Anlage erzeugten Stroms fest, den der Letztverbraucher nutzen darf.
- Letztverbraucher und Betreiber der Anlage können für die Nutzung des Stroms ein Entgelt und seine Höhe vereinbaren. Eine Preisobergrenze ist – anders als beim EEG-geförderten Mieterstrom-Modell – nicht vorgesehen.
- Bei Beendigung des Mietverhältnisses endet mit Rückgabe der Räume auch der Gebäudestromnutzungsvertrag.
Wer ist betroffen?
Auch hier gilt: Von der Regelung sind unmittelbar diejenigen betroffen, die eine PV-Anlage errichten und betreiben und den PV-Strom vermarkten wollen. Mittelbar sind jedoch alle Bestandshalter und Mieter bzw. Nutzer der Gebäude betroffen.
Beschleunigter Ausbau von Balkonkraftwerken
Der Gesetzgeber will mit dem Solarparket I auch die Nutzung der sog. „Balkonkraftwerke“ erleichtern. Diese PV-Anlagen werden auch als „Steckersolargerät“ oder „steckerfertige Solaranlage“ bezeichnet. Im EEG werden sie als Geräte definiert, die aus einer oder mehreren Solaranlagen, einem Wechselrichter, einer Anschlussleitung und einem Stecker zur Verbindung mit dem Endstromkreis eines Letztverbrauchers bestehen, § 3 Nr. 43 EEG 2023.
Was ist neu?
Für Steckersolargeräte mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 2 Kilowatt und einer Wechselrichterleistung von insgesamt bis zu 800 Voltampere, die hinter der Entnahmestelle eines Letztverbrauchers betrieben werden, gelten mehrere Erleichterungen. Dabei sollen diese Geräte für den Eigenbedarf genutzt werden – eine (geförderte) Netzeinspeisung ist nicht vorgesehen.
- Zwar müssen diese Steckersolargeräte wie alle PV-Anlagen im Marktstammdatenregister registriert werden. Seit dem 1. April 2024 sind jedoch die Anforderungen im Rahmen der Registrierung im Vergleich geringer. Betreiber müssen danach neben den Angaben zu ihrer Person nur noch wenige Angaben zu ihrem Balkonkraftwerk eintragen.
- Die Steckersolargeräte müssen grundsätzlich auch nicht beim Netzbetreiber gemeldet werden. Vielmehr können die Balkonkraftwerke ohne Anmeldung und Netzverträglichkeitsprüfung beim Netzbetreiber in Betrieb genommen werden und auch ohne, dass unmittelbar ein neuer Zweirichtungs-Zähler eingebaut werden muss. Für den Messstellenbetrieb enthält das EEG Übergangsregelungen, § 10a EEG.
Was ist noch geplant?
Nach einem derzeit noch in der Beratung befindlichen Gesetzesentwurf soll § 554 Abs. 1 BGB angepasst werden. Danach sollen Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zur Errichtung eines Steckersolargeräts haben, wenn keine entgegenstehenden Interessen des Vermieters vorliegen. Darunter fallen PV-Anlagen für die Nutzung auf einer Terrasse oder einem Balkon. Entsprechende Regelungen sollen im Wohnungseigentumsgesetz aufgenommen werden.
Wer sind die Adressaten der Regelungen?
Dieser Teil des Solarpakets I soll letztlich allen Letztverbrauchern eine einfache Teilhabe an der Energiewende ermöglichen. Das Thema Balkonkraftwerke ist entsprechend auch für Grundstücks-, Gebäude- bzw. Wohnungseigentümer und im Verhältnis Vermieter und Mieter relevant. Mittelbar sind natürlich auch Netz- und Messstellenbetreiber betroffen.