Life Sciences und Healthcare
Quick Check für Medizinprodukte unter der KI-VO
Veröffentlicht am 30th Jul 2024
Medizinprodukte als Hochrisiko-KI-Systeme – was kommt nun auf Life-Science-Unternehmen zu?
1. Medizinprodukte mit KI-Funktionalität unterfallen der KI-Verordnung
- Die europäische KI-Verordnung, die am 1. August 2024 in Kraft treten wird, verfolgt einen risikobasierten Ansatz mit Einstufung von KI-Systemen in unterschiedliche Risikoklassen.
- KI-Systeme, die ein Sicherheitsbauteil eines Medizinprodukts im Sinne der EU-Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) sind, oder die selbst ein solches Medizinprodukt sind, werden von der KI-VO als Hochrisiko-KI-Systeme eingestuft, wenn die MDR für das Medizinprodukt eine Konformitätsbewertung durch Dritte verlangt (Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Anhang I Abschnitt A Nr. 11 KI-VO).
- Eine Konformitätsbewertung durch Dritte (sog. Benannte Stellen) unter der MDR ist ab MDR-Risikoklasse IIa erforderlich.
- Medizinprodukte, die Software enthalten, fallen nach Regel 11 des Anhangs VIII der MDR regelmäßig unter die MDR-Risikoklasse IIa.
- Somit sind Medizinprodukte mit KI-Funktionalität i.d.R. als Hochrisiko-KI-Systeme unter der KI-VO einzustufen.
2. Synergien zwischen KI-VO und MDR
- Nicht nur Hersteller (Anbieter), auch Betreiber (Nutzer), Händler und Importeure von Medizinprodukten mit KI-Funktionalität müssen sich mit den für sie geltenden Pflichten aus der KI-VO, insb. in Kapitel III, vertraut machen.
- Um Synergien zu schaffen, sollten diese Akteure aus dem Medizinproduktebereich analysieren, welche bestehenden Prozesse und Dokumentationen, die insbesondere unter der MDR erforderlich sind, für die Umsetzung der Pflichten aus der KI-VO genutzt werden können.
- Beispiele:
- Die KI-VO verpflichtet Anbieter zur Einrichtung und zum Betrieb eines Risiko- und Qualitätsmanagementsystems. Die MDR verpflichtet Hersteller von Medizinprodukten ebenfalls zur Errichtung eines Risiko- und Qualitätsmanagementsystems.
- Die KI-VO verpflichtet Anbieter zur Aufbewahrung von Dokumenten, zu Transparenz und Bereitstellung von Informationen für die Betreiber, zur Ergreifung von Korrekturmaßnahmen und zu Meldepflichten. Die MDR verpflichtet Hersteller von Medizinprodukten ebenfalls zur Aufbewahrung
von Dokumenten, zu Informationspflichten, zur Ergreifung von Korrekturmaßnahmen und zu Meldepflichten. - Importeure und Händler sind unter der KI-VO verpflichtet, die Einhaltung bestimmter Vorgaben der KI-VO durch die Anbieter zu überprüfen. Ähnliche Überprüfungspflichten bestehen auch unter der MDR für Importeure und Händler.
3. Konformitätsbewertung
- Für eine CE-Kennzeichnung des Medizinprodukts mit KI-Funktionalität müssen zukünftig die Anforderungen von MDR und KI-VO erfüllt sein (Art. 43 Abs. 3 KI-VO).
- Die Erfüllung der Anforderungen soll durch ein umfassendes und einheitliches Konformitätsbewertungsverfahren sichergestellt werden.
- Wegen des Erfordernisses einer Konformitätsbewertung durch einen Dritten nach MDR muss das Konformitätsbewertungsverfahren nach der KI-VO auch durch einen Dritten erfolgen.
- Das Konformitätsbewertungsverfahren nach der MDR soll dergestalt erweitert werden, dass in diesem auch die Einhaltung der KI-VO Anforderungen geprüft werden.
- In der Praxis ist zu erwarten, dass die sog. benannten Stellen i.S.d. MDR die entsprechende Fachkompetenz aufbauen, um auch die Konformitätsbewertung nach der KI-VO durchführen zu können.
4. Handlungsempfehlung für betroffene Akteure
- Welche Medizinprodukte im Portfolio enthalten KI-Funktionalität i.S.d. KI-VO?
- Welche Akteurs-Rolle i.S.d KI-VO hat das Unternehmen?
- Welche Pflichten gelten für diese Akteurs-Rolle unter der KI-VO?
- Welche bestehenden Prozesse unter der MDR können für die KI-VO-Anforderungen genutzt werden?
Welche Anpassungen sind erforderlich? - Kann die nach MDR benannte Stelle auch die Konformitätsbewertung nach der KI-VO durchführen?
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