Mitbestimmung bei Verbot der privaten Handynutzung während der Arbeitszeit

Veröffentlicht am 4th Jan 2016

Das Verbot eines Arbeitgebers, private Handys während der Arbeitszeit nicht zu benutzen, unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Das Arbeitsgericht München hat mit Beschluss vom 18. November 2015 – Az.:9 BVGa 52/15 entschieden, dass ein generelles Verbot der Handynutzung während der Arbeitszeit nicht das Arbeitsverhalten betreffe, sondern die betriebliche Ordnung und das Verhalten der Mitarbeiter im Betrieb gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.

Der Sachverhalt

Die Antragsgegnerin ist ein Unternehmen mit ca. 500 Beschäftigen. Ohne Zustimmung des Betriebsrats erteilte sie ihren Beschäftigten die Weisung, dass das Telefonieren mit privaten Mobiltelefonen zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit verboten sei. Jegliche Nutzung der Mobiltelefone während der Arbeitszeit – sowohl dienstlich als auch privat – sei im Voraus durch die jeweilige Führungskraft zu genehmigen. Die Zuwiderhandlung führe zu einer Verletzung der Hauptleistungspflicht. Der Betriebsrat sieht sich in seinem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verletzt und verlangt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Unterlassung der mitbestimmungswidrigen Weisung.

Das Arbeitsgericht München hat dem Antrag stattgegeben.

Die Entscheidung

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts steht dem Betriebsrat ein Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zu. Ein generelles Verbot der Nutzung privater Mobiltelefone zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit und der generelle Genehmigungsvorbehalt für die Mobiltelefonnutzung während der Arbeitszeit betreffe nicht die Frage, in welcher Weise bestimmte Arbeiten auszuführen seien. Arbeitnehmer sind arbeitsvertraglich verpflichtet, die übertragene Arbeit unter Anspannung ihrer Fähigkeiten ordnungsgemäß zu verrichten, d.h. konzentriert und sorgfältig zu arbeiten und die Arbeit nicht zu unterbrechen, um privaten Interessen nachzugehen. Dieser Pflicht wird der Arbeitnehmer allerdings auch dann gerecht, wenn er daneben einen Blick auf sein Mobiltelefon wirft, um zu überprüfen, ob es verpasste Anrufe oder eingegangene Textnachrichten anzeigt. Da heutige Mobiltelefone das Abspielen von Musik und Radio ermöglichen, bedeute ein generelles Verbot der privaten Nutzung während der Arbeitszeit, dass auch Nutzungen untersagt werden, die das BAG ausdrücklich als Fragen der betrieblichen Ordnung angesehen hat, wie z.B. die Radionutzung. Im Übrigen könne es für die Konzentration der Arbeitnehmer sogar förderlich sein, wenn ein Arbeitnehmer weiß, dass seine minderjährigen Kinder oder pflegebedürftigen Eltern jederzeit bei Bedarf erreichbar seien. Vor diesem Hintergrund seien auch Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer betroffen. Verhaltensregeln, die das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer einschränken, haben dabei grundsätzlich einen kollektiven Bezug. Zudem sei die betriebliche Ordnung betroffen, da eine private Nutzung des Mobiltelefons am Arbeitsplatz selbst bei ordnungsgemäßer Erbringung der eigenen Arbeitsleistung andere Arbeitnehmer stören könne.

Ausnahmsweise mag das Verbot, kein privates Mobiltelefon zu nutzen, die Art und Weise betreffen, wie die Arbeit zu verrichten sei, etwa bei der Kundenberatung und -bedienung.

Hinweise für die Praxis

Das Arbeitsgericht München setzt sich in Widerspruch zu der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz vom 30.10.2009 – Az.: 6 TaBV 33/09. Nach Auffassung des LAG gehört die Nichtbenutzung privater Handys während der Arbeitszeit zu den selbstverständlichen (Arbeits-)Pflichten des Arbeitnehmers. Die aktive Nutzung des Handys könne danach nicht mit der Radionutzung, die der Mitbestimmung des Betriebsrats unterfällt, verglichen werden. Die Gretchenfrage lautet also, in welchem Umfang sind Arbeitnehmer multitaskingfähig, ohne in ihrer Konzentrations- und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt zu werden. Im Hinblick auf die Nutzung des Mobiltelefons zum Führen von privaten Telefonaten überzeugt die Entscheidung des Arbeitsgerichts München nicht. Private Telefonate hindern Arbeitnehmer an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung. Anders mag dies bei der Nutzung des Mobiltelefons als Radio oder zum Abspielen von Audiodateien sein.

Eine andere Frage ist, ob der Arbeitgeber eine private Nutzung von dienstlich überlassenen Mobiltelefonen oder IT-Systemen verbieten darf, ohne den Betriebsrat zu beteiligen. Nach der (wohl) herrschenden Auffassung in der Rechtsprechung ist die Entscheidung über die Gewährung freiwilliger Leistungen mitbestimmungsfrei und damit auch die Gestattung einer privaten Nutzung überlassener Betriebsmittel.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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