M&A im Bereich Life Science und Healthcare – Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen
Veröffentlicht am 6th Apr 2022
Der Sektor Life Science und Healthcare hat in den letzten Jahren insbesondere aufgrund technologischer Fortschritte einen Entwicklungsschub erfahren, der sich unter anderem in einer gesteigerten öffentlichen Wahrnehmung und in einer zunehmenden Anzahl von Start-ups im Biotechnologiesegment sowie im Bereich der Digitalisierung des Gesundheitssektors äußert. Gleichzeitig gibt es weiterhin viele sektorspezifische Hürden, wie zum Beispiel hohe Personal- und Entwicklungskosten sowie regulatorische Anforderungen, die zu besonderen Herausforderungen bei M&A-Transaktionen und Start-up-Finanzierungsrunden in diesem Bereich führen. In der jüngsten Vergangenheit hat insbesondere die Coronakrise zu einer vermehrten öffentlichen Aufmerksamkeit für den Bereich Life Science und Healthcare geführt, nicht zuletzt auch dank des erfolgreichen Covid-19-Impfstoffentwicklers BioNTech. Welche Entwicklungen hat die Coronakrise angestoßen und welche Besonderheiten bleiben unabhängig von diesen Entwicklungen weiterhin relevant für den Bereich Life Science und Healthcare? Was sind die Treiber im Bereich Life Science und Healthcare und welche Punkte sind bei der Vertragsgestaltung zu einer Transaktion oder Finanzierungsrunde besonders zu beachten? Der vorliegende Beitrag soll Besonderheiten und aktuelle Entwicklungen im Bereich Life Science und Healthcare sowie mögliche Auswirkungen auf den M&A-Markt beleuchten.
1. Aktuelle Entwicklungen und M&A-Treiber im Bereich Life Science und Healthcare
Die Weltbevölkerung wächst laut UN-Bevölkerungsprojektionen von 2019 jedes Jahr um mehr als 82 Millionen Menschen. Gleichzeitig nimmt insbesondere im Westen der Anteil der Menschen im höheren Alter zu. In Deutschland wird beispielsweise die Zahl der Personen im Alter ab 67 Jahren zwischen 2020 und 2035 um voraussichtlich 22% steigen, teilte das statistische Bundesamt mit. Vor diesem Hintergrund wird der Bedarf an Gesundheitsversorgung nicht nur in Deutschland in den kommenden Jahren deutlich zunehmen und die Gesundheitsbranche vor enorme Herausforderungen stellen, die es zu bewältigen gilt. Hier sind Innovationen gefragt, sei es im privatwirtschaftlichen als auch im öffentlich-rechtlichen Bereich. Korrespondierend dazu werden sich für Marktteilnehmer und Neuinvestoren im Bereich Life Science und Healthcare neue Investitionsmöglichkeiten bieten, die wiederum das M&A-Geschäft in diesem Bereich befeuern. Nachfolgend sollen einige aktuelle Entwicklungen und Schlüsselthemen für M&A im Bereich Life Science und Healthcare angesprochen werden.
1.1. Digitalisierung der Gesundheitsbranche
Die Coronapandemie hat die bestehenden Belastungsgrenzen des Gesundheitssystems offengelegt, als das Krankenhauspersonal unzählige Zusatzschichten einlegen und nicht lebenserhaltende Operationen sowie regelmäßige Arztbesuche verschoben beziehungsweise ganz abgesagt werden mussten. Die Erkenntnis, dass qualifiziertes medizinisches Personal, sei es in städtischen als auch in ländlichen Gebieten, schwer zu finden ist, ist nicht neu. Damit hat die Notwendigkeit zur Entwicklung digitaler Lösungen in Form von Gesundheitsapps oder Telemedizin, die Gesundheitsversorgung ohne personelle Ressourcen oder persönlichen Kontakt, neuen Vorschub erhalten. Ähnliches gilt für die Digitalisierung der sogenannten „Patientenverwaltung“ zum Beispiel in Form von Krankenhausinformationssystemen (KIS), um die effektive Zeit für die Patientenversorgung zur erhöhen und den Verwaltungsaufwand bei der Leistungserbringung zu verringern und bestenfalls auszulagern.
Dass Innovationen und Entwicklung in der Gesundheitsbranche notwendig sind, um zukünftig die Gesundheitsversorgung gewährleisten zu können, hat auch der Gesetzgeber erkannt und mit dem Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation (Digitale-Versorgung-Gesetz) den notwendigen rechtlichen Rahmen geschaffen. Das Digitale-Versorgung-Gesetz bildet den Grundstein für Telemedizin und die Vereinfachung von Verwaltungsprozessen durch Digitalisierung.
Daher werden Unternehmen und Start-ups im Bereich der Digitalisierung der Gesundheitsbranche auch zukünftig für Investoren, Käufer und auch Pharmakonzerne attraktive Investitionsobjekte sein und den M&A-Markt antreiben.
1.2. Neue Technologien
Als Treiber des M&A-Marktes tritt neben die Digitalisierung der Gesundheitsbranche die immer schneller fortschreitende Entwicklung neuer Technologien und damit ganzer Produktsparten im Bereich Life Science und Healthcare. Das derzeit wohl prominenteste Beispiel dürfte die Entwicklung und Einführung von mRNA-Impfstoffen im Kampf gegen das Coronavirus „im Zeitraffer“ darstellen. Die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen andere Krankheiten wie zum Beispiel HIV oder Gürtelrose ist bereits angestoßen und weckt, ebenso wie die Forschung und Entwicklung von Gen- und Zelltherapien zur Behandlung von beispielsweise seltenen Krebsarten, das Interesse von Pharmakonzernen sowie Investoren. Dabei reichen die Investitionsmöglichkeiten regelmäßig weit über die genannten Forschungs- und Entwicklungsbereiche hinaus. Wie das Beispiel des mRNA-Impfstoffes gegen Covid-19 gezeigt hat, entsteht mit neuen Technologien gleichermaßen die Notwendigkeit für Vertrieb und Logistik sowie den Aufbau von Lieferketten und die Entwicklung von Produktionsmöglichkeiten. Start-ups und Unternehmen, die sich insbesondere mit dem Aufbau von Produktionsmöglichkeiten beschäftigen, gelten daher ebenfalls als Ziel von Investoren und Käufern.
1.3. Regulatorische Entwicklungen
Im öffentlich-rechtlichen Bereich hat die Corona-Pandemie unter anderem gezeigt, dass praktische Lösungen mit Blick auf die Beschleunigung von Impfstoff-Zulassungsverfahren möglich sind, ohne dabei die erforderlichen Anforderungen von Impfstoffen herunterzusetzen. Andererseits hat die Intensivierung der Investitionsschutzkontrolle im Gesundheits- und Medizinbereich zu Beginn der Coronapandemie exemplarisch vorgeführt, dass im Falle von Ausnahmesituationen jederzeit mit neuen regulatorischen Anforderungen im Bereich Life Science und Healthcare zu rechnen ist, die die Risiken für (nicht in der EU ansässige) Erwerber und potenzielle Investoren erhöhen und somit die Entwicklungschancen insbesondere für Start-ups hemmen. So wurde, als zu Beginn der Pandemie wegen fehlender und/oder unterbrochener Lieferketten insbesondere die Ausstattung mit medizinischer Schutzausrüstung und Arzneimitteln stockte, die Investitionsschutzkontrolle nach dem Außenwirtschaftsgesetz im Gesundheits- und Medizinbereich intensiviert, sodass nunmehr eine Beteiligung von 20% oder mehr der Stimmrechte in bestimmten Bereichen des Gesundheits- und Medizinsektors zu einer Meldepflicht für die Investitionsschutzkontrolle beim Bundeministerium für Wirtschaft und Klimaschutz führt.
Im Biotechnologiesegment benötigen Start-ups genügend Kapital für die Entwicklung ihrer Produkte, dessen Bedarf infolge des Eintritts in die Testphase (Studien) auch noch weiter steigen kann. Gleichzeitig besteht bei Biotechnologie-Start-ups das nicht zu unterschätzende Risiko, dass das jeweilige Produkt auf dem Weg der Entwicklung scheitert. Der hohe Kapitalbedarf gepaart mit dem nicht zu unterschätzenden Risiko des Scheiterns auf dem Weg der Entwicklung lockt insbesondere risikofreudige Investoren aus dem Nicht-EU-Ausland an. Für sie wirkt ein potenzielles Investitionsschutzkontrollverfahren vor dem Hintergrund langer Verfahrensdauer und rechtlicher Unsicherheiten mit Blick auf ein mögliches Vollzugsverbot abschreckend. Die Intensivierung der Investitionsschutzkontrolle im Gesundheits- und Medizinbereich ist somit eine durchaus zweischneidige Entwicklung insbesondere für Start-ups im Biotechnologie-Segment.
2. M&A-Transaktionen im Bereich Life Science und Healthcare
Nachdem wir vorstehend die aktuellen Entwicklungen und Trends im Sektor Life Science und Healthcare, die das M&A-Geschäft antreiben, dargestellt haben, möchten wir nun den Blick auf die Transaktionen lenken. Für Transaktionen im Bereich Life Science Healthcare gelten in erster Linie die üblichen Regeln, Standards und Erfahrungen gelten. Allerdings hat dieser Sektor, wie auch jeder andere, einige Besonderheiten beziehungsweise Schwerpunkte, die in den Transaktionen immer wieder auftauchen, eine ganz besondere Bedeutung haben und daher in der Vorbereitung eine besondere Aufmerksamkeit verdienen. Diese haben wir nachfolgend kurz zusammengestellt.
2.1. Allianzen, Joint Ventures und M&A
Wie bei jeder anderen Transaktion sollte auch bei Transaktionen im Bereich Life Science und Healthcare das Vorgehen zunächst darauf überprüft werden, welche Form der Kooperation beziehungsweise Transaktion gewünscht und unter den gegebenen Gesamtumständen sinnvoll ist. Dies muss nicht immer der Verkauf oder Kauf von einem Unternehmen oder Geschäftsbetrieb sein, sondern es kann sich auch um andere Formen der Kooperation im weitesten Sinne handeln. Dies gilt im Bereich von Life Science und Healthcare ganz besonders, denn dieser Sektor hat eine gewisse Tradition der Zusammenarbeit von Unternehmen im Vorfeld von Übernahmen. So sind in diesem Bereich schon lange Forschungspartnerschaften, Allianzen und Joint Ventures in allen möglichen Formen und Gestaltungen üblich. Dies ist einer breiteren Öffentlichkeit zuletzt wiederholt durch die Allianz der Impfstoffhersteller BioNTech und Pfizer deutlich geworden. Daneben gibt es vielfältige Partnerschaften, die auf der Ein- oder Auslizenzierung von wertvoller IP (Intellectual Property) beruhen oder Ausgründungen von Forschungsunternehmen beziehungsweise -instituten darstellen, die bestimmte Erfindungen oder Entwicklungen an den Markt bringen wollen und hierfür Investoren oder Kooperationspartner suchen.
Als eine (mehr oder weniger) neue Erscheinungsform im Bereich Life Science und Healthcare lässt sich vielleicht noch der Einstieg von Venture-Capital-(VC)-Investoren und die damit verbundene Übernahme von typischen VC-Organisations- und Finanzierungsformen nennen. So kommt es inzwischen häufiger vor, dass bestimmte Entwicklungen, Produkte oder IP in eine neu gegründete Gesellschaft der Entwickler (als Founder) eingebracht werden und sodann Kapital zur Weiterentwicklung der Entwicklungen und des Geschäftsmodells von VC-Investoren aufnehmen. Dies gilt sowohl im (klassischen) VC-Bereich Digitale Entwicklungen und Digitale Geschäftsmodelle, aber zunehmend auch, und dies ist neu, im Bereich der Entwicklung von neuen Arzneimitteln.
2.2. Besonderheiten bei M&A-Transaktionen
Nachfolgend sollen nunmehr einige Aspekte angesprochen werden, die erfahrungsgemäß bei M&A-Transaktionen, aber auch bei anderen Formen der Zusammenarbeit im Bereich Life Science und Healthcare eine besondere Bedeutung und Beachtung verdienen sollten. Selbstverständlich ist dieser Überblick nicht abschließend und die Unterschiede in den Geschäftsmodellen und den rechtlichen Rahmenbedingungen zwischen einem Hersteller von Novel Food, der dieses über einen Onlineshop vertreibt, einem medizinischen Versorgungszentrum und dem Hersteller von Arzneimitteln sind so unterschiedlich, dass eine Zusammenstellung aller Aspekte kaum möglich sein wird. Aber es gibt in diesem Bereich bestimmte Themen, die regelmäßig auftreten und daher bei jeder Transaktion kurz angedacht werden sollten. Dies sind:
Intellectual Property und Patente
Selbstverständlich spielen im Bereich Life Science und Healthcare immaterielle Rechte, wie Marken, Patente, Urheberrechte und ähnliches, eine besondere Rolle. Dies ist offensichtlich bei den Herstellern von Arzneimitteln oder Medizinprodukten, die diese in Lizenz produzieren oder bei den Entwicklern von neuen Produkten, die entsprechende Patente besitzen und bei denen stets sicherzustellen ist, dass die dazugehörigen Urheberrechte auch bei den Unternehmen und nicht etwa bei einzelnen (ehemaligen) Mitarbeitern, externen Mitarbeitern (Freelancern) oder bei mehr oder weniger partnerschaftlich verbundenen Forschungseinrichtungen, Universitäten oder Experten liegen.
Aber auch bei den Entwicklern von digitalen Gesundheitsdiensten sind die Rechte an der benutzten Software von besonderer Bedeutung. Ebenso wichtig ist es zu prüfen, ob Open-Source-Elemente verwendet wurden, die gegebenenfalls bestimmten Prozessen unterliegen, die eine Vermarktung schwierig oder sogar unzulässig machen.
Bei Transaktionen, bei denen Know-how und selbst entwickelte IP-Rechte eine besondere Bedeutung haben, sollte schließlich mit Blick auf das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) geklärt werden, ob das Zielunternehmen (bzw. der zukünftige Partner) ein Schutzkonzept im Sinne des GeschGehG (das heißt angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen) erarbeitet und umgesetzt hat, um sicherzugehen, dass der Schutz des Know-how nach dem GeschGehG gewährt wird.
Regulierung
Ein weiterer wichtiger Aspekt, vermutlich einer der wichtigsten, sind die Besonderheiten aufgrund der hohen Regulierungsdichte des Life Science- und Healthcare- Sektors. Hierzu gehören zum einen Genehmigungen und Zulassungen, die die entsprechenden Betreiber und Dienstleister für ihre jeweilige Tätigkeit benötigen; dies können Zulassungen für Labore (§ 20b Arzneimittelgesetz – AMG, § 46 Infektionsschutzgesetz – IfSG), Produktionsanlagen (Herstellungserlaubnis nach § 13 AMG) und bestimmte Einrichtungen (zum Beispiel nach dem jeweiligen Heimaufsichtsgesetz der Bundesländer) sein, aber selbstverständlich auch Genehmigungen und Zulassungen von bestimmten Tätigkeiten (Großhandelserlaubnis § 52a AMG), Produkten, Apps, Medikamenten (Zulassungspflicht nach § 21 AMG) oder anderen Stoffen, wie zum Beispiel „Novel Food“. Dazu gehören weiterhin Genehmigungen, die gegebenenfalls nach dem Betäubungsmittelgesetz erforderlich sein können (z.B. § 3 BtMG). Ferner gibt es für die verschiedenen Genehmigungen und Zulassungen langwierige Verfahren, bei denen auch erfolgreiche Zwischenstufen schon eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben können. Dies gilt insbesondere für Studien für die Genehmigung von neuen Arzneimitteln. Schließlich gehören in diesem Bereich auch eher vertragliche Beziehungen mit Kostenträgern, wie zum Beispiel mit den Krankenkassen oder den Rentenversicherungsträgern (sog. Belegungsvereinbarungen), die für den Betreiber einen absolut wesentlichen Aspekt darstellen.
In diesem Zusammenhang ist bei der (rechtlichen) Bewertung von Unternehmen und Betreibern zu beachten, dass diese Genehmigungen häufig auch Ausstrahlungswirkung auf die anderen Bereiche haben, insbesondere setzt eine Reihe von Genehmigungen Fachkenntnisse und Qualifikationen voraus, so dass die entsprechenden Kenntnisträger stets als besonders wichtige Mitarbeiter anzusehen sind, deren Weiterbeschäftigung absolut essenziell ist und bei denen das Arbeitsverhältnis und eine Beschäftigung über den Verkauf hinaus daher von wesentlicher Bedeutung ist.
Datenschutz und Cyber Security
Das Thema Datenschutz ist inzwischen in keinem Sektor mehr unbeachtlich, hat aber im Bereich Life Science und Healthcare eine besondere Bedeutung, da die Gesundheitsdaten stets (und zu Recht) als besonders schützenswert anzusehen sind. Der Datenschutz im Gesundheitsbereich ist daher von absolut essenzieller Bedeutung, so dass hierauf in allen Bereichen ein besonderes Augenmerk zu richten ist, sei es, dass es um Patientendaten im engeren Sinne geht (zum Beispiel nach dem Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG von 2020) oder um Kundendaten von unregulierten Produkten (wie zum Beispiel Fitness Tracker and Health Watches).
Aus welchem Blickwinkel der Datenschutz dabei betrachtet werden muss, ist dabei je nach Art des jeweiligen Unternehmens sehr unterschiedlich und kann nicht allgemein vorhergesagt werden. Bei Krankenhäusern, Reha-Kliniken, medizinischen Versorgungszentren (MVZ) und Arztpraxen liegt der Fokus auf der Behandlung der Patientendaten, seien diese physisch und/oder elektronisch vorhanden. Je digitalisierter das Unternehmen dabei vorgeht, umso mehr kommt es dabei auch auf die Bewertung der genutzten technischen Systeme an. Parallel dazu nehmen kleinere Betreiber das Thema zum Teil nicht sonderlich ernst, „verzichten“ auf einen Datenschutzbeauftragten und verwalten nach einiger Zeit große Datenmengen wie zu den Zeiten, als sie als kleine Arztpraxis starteten. Die in diesem Bereich forschenden und/oder produzierenden Unternehmen wiederum nehmen das Thema Datenschutz in der Regel sehr ernst, so dass häufig Fachabteilungen das Thema professionell abbilden. Zugleich sind Patientendaten in diesem Bereich zudem auch durch den gesamten Rechtsrahmen für die entsprechenden Studien geschützt.
Bei den Anbietern von digitalen Gesundheitsdiensten schließlich ist der Datenschutz, neben der technischen Funktionalität und der medizinischen Zulässigkeit und Sinnhaftigkeit, vermutlich der wichtigste Aspekt der gesamten Geschäftstätigkeit. Hier geht es vor allen Dingen um technischen Datenschutz, das heißt um die Sicherheit der Systeme und die ordnungsgemäße Abbildung und Abwicklung der Datennutzung (Datenschutzerklärung).
In diesem Bereich fällt schließlich auch die damit verwandte Problematik „CyberSecurity“. Die Betreiber von Krankenhäusern und ähnlichen großen Gesundheitsdienstleistern sind Teil der sogenannten „kritischen Infrastruktur“ (KRITIS) und damit besonders geschützt. Auch hier wird sich anbieten, neben der üblichen rechtlichen Due Diligence auch einen technischen Dienstleister zu beauftragen, der die entsprechenden Systeme auf Sicherheitsmängel untersucht.
Scheinselbstständige
Aber auch vermeintlich „alte“ Themen wie das der „Scheinselbstständigen“ sollten bei Transaktionen im Sektor Life Science und Healthcare mit besonderer Sorgfalt betrachtet werden. Hier geht es im Gesundheitsbereich insbesondere um Themen wie selbstständige Ärzte (zum Beispiel Anästhesisten) und Therapeuten, die nicht in dem entsprechenden Unternehmen angestellt sind, sondern nur stundenweise dort arbeiten. Rechtlich gesehen sind die maßgeblichen Fragen nicht anders zu bewerten als bei anderen Scheinselbstständigen. Anders als in anderen Sektoren sind es hier jedoch leitende beziehungsweise qualifizierte Mitarbeiter, die häufig nicht leicht ersetzt werden können.
Ein weiterer Bereich, in dem die Scheinselbstständigen-Problematik (neuerdings) häufig auftritt, ist die Programmierung, Entwicklung und Wartung von Software. Diese Leistungen werden häufig durch Freelancer erbracht. Dies ist ein in der Softwarebranche übliches Modell, bei dem Entwickler beziehungsweise Programmierer weltweit beauftragt und eingesetzt werden. Dabei sollten neben der Scheinselbstständigen-Problematik stets auch urheberrechtliche Aspekte beachtet werden.
Immobilien
Bei vielen Unternehmen im Bereich Life Science und Healthcare haben die genutzten Immobilien eine besondere Bedeutung für die Fortführung des Geschäftsbetriebes. Dies liegt insbesondere daran, dass die in diesem Bereich tätigen Unternehmen häufig besondere Anforderungen an die von ihnen genutzten Immobilien stellen und diese Immobilien speziell für diesen Zweck errichtet wurden. So sind Krankenhäuser, Pflegeheime, Labore und Therapiezentren stets auf diese konkrete Nutzung ausgerichtet. Ver- und Entsorgungsleitungen (zum Beispiel für Sauerstoff und Druckluft), besondere Hygienevorrichtungen, Luftreinigungssysteme, Fahrstühle, Logistik et cetera sind auf die konkrete Nutzung ausgerichtet und hierfür auch zwingend notwendig. Ebenso sind Brandschutz und andere Sicherheitseinrichtungen von besonderer Bedeutung, um eine behördliche Schließung unbedingt zu verhindern. Dies gilt, wenn auch in geringerem Maße, letztendlich auch für Rehazentren und Pflegeheime, aber auch für manche Arztpraxen, die zwar zum Teil übliche Bürogebäude nutzen können, zum Teil aber auch besondere Ein- und Umbauten oder spezielle Räumlichkeiten benötigen (zum Beispiel Operationsräume für ambulante Operationen, Räume zur Nutzung von MRT-Anlagen).
Ähnlich ist die Situation bei forschenden und produzierenden Betrieben im Bereich Life Science und Healthcare. Auch hier stehen Forschungseinrichtung und Produktionsanlagen im Vordergrund und sind in der Regel nicht austauschbar. Zugleich ist es aber auch nicht in jedem Fall so: Gerade die digitalen Dienstleister können übliche Bürogebäude nutzen beziehungsweise aus dem Home-Office heraus arbeiten und benötigen damit keinerlei besondere Räumlichkeiten.
Aus alledem folgt, dass die Begutachtung im Rahmen der Due Diligence der Immobiliennutzung ein besonderes Augenmerk verdient. So ist bei der Übernahme entsprechender Verträge stets darauf zu achten, dass die jeweiligen Miet- und Nutzungsverträge eine ausreichend lange Laufzeit haben. Des Weiteren ist dabei zu beobachten, dass nicht selten, insbesondere bei Arztpraxen, Rehazentren, Therapiezentren und privaten Krankenhäusern, Gebäude genutzt werden, die separaten, den Gesellschaftern zugehörigen Immobiliengesellschaften zuzurechnen sind, was bei einem Erwerb entsprechend zu beachten ist. Des Weiteren sollte ein möglicher Erwerber eine eigene, technische Begehung der Immobilien mit Experten vornehmen, um den Bau- und Erhaltungszustand zu klären und insbesondere sich auch einen Eindruck über Brandschutzmaßnahmen et cetera zu machen, da in diesem Bereich häufig besondere Probleme auftreten können.
Fusionskontrolle und Investitionsprüfung
Die Bereiche Kartellrecht, besser gesagt Fusionskontrolle, und rechtliche Investitionsprüfung nach dem Außenwirtschaftsgesetz sind bei allen Spielarten und Formen der Zusammenarbeit und der Unternehmensübernahmen zu beachten. Es würde den Umfang dieser Darstellung bei weitem sprengen, wenn hier auch noch auf die Besonderheiten des Gesundheitssektors in diesen Bereichen ausführlich eingegangen werden würde. Es sei aber der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass mit der 15. Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes (bzw. der Außenwirtschaftsverordnung) der Gesundheitsbereich explizit in den Anwendungsbereich des Außenwirtschaftsgesetzes einbezogen wurde und nunmehr eine Vielzahl von Transaktionen den §§ 55 und 55a der Außenwirtschaftsverordnung unterfallen und daher eine Übernahme der entsprechenden Dienstleister beziehungsweise Betreiber durch unionsfremde Erwerber stets einer Anmeldung beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz bedürfen. Dieses Verfahren ist regelmäßig mit großem Arbeits- und Zeitaufwand verbunden; hierauf sollte bei der Planung und Gestaltung geachtet werden.
3. Fazit
Der Life Science- und Healthcare-Sektor hat aufgrund der Coronapandemie vermehrte öffentliche Aufmerksamkeit erfahren. Wenn dieses Momentum genutzt wird, um Erneuerungen und Entwicklungen anzustoßen, kann sich dieser Sektor zu einem der zukunftsträchtigsten M&A-Sektoren entwickeln, bei dem es dann umso mehr gilt, die ihm immanenten Besonderheiten einschließlich der hier aufgeführten Beispiele im Rahmen von Transkationen und/oder Partnerschaften zu beachten.
Dieser Fachartikel ist im Original erschienen in der Fachzeitschrift M&A Review