Konsultation der Europäischen Kommission zur Handelsvertreter-Richtlinie
Veröffentlicht am 16th Okt 2014
Im Rahmen eines Konsultationsverfahrens möchte die Kommission überprüfen, ob die Handelsvertreter-Richtlinie zur Erreichung ihres Zweckes auch aus heutiger Sicht (noch) geeignet ist. Die Teilnahme steht jedem Bürger und Unternehmen offen.
Die EU-Mitgliedstaaten wollen einen einheitlichen Binnenmarkt zu schaffen, in dem nationale Grenzen keine Rolle mehr spielen. Auf diesem Grundgedanken beruht auch die sog. Handelsvertreter-Richtlinie (Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter.
Ziel der Handelsvertreter-Richtlinie ist die Schaffung eines gemeinsam Marktes für Handelsvertreter-Dienstleistungen. Die Handelsvertreter-Richtlinie zielte dabei nicht auf eine Vollharmonisierung des Handelsvertreterrechts der Mitgliedstaaten, sondern beschränkte sich auf Mindestvorgaben, die allerdings von allen Mitgliedstaaten der EU verpflichtend bis zum 1. Januar 1990 umzusetzen waren.
In Deutschland erfolgte die Umsetzung über die §§ 84 ff. HGB.
Da keine Vollharmonisierung des Rechts der Handelsvertreter erfolgte, gibt es faktisch auch heute noch einen Wettbewerb der europäischen Rechtsordnungen. Die Handelsvertreter-Richtlinie erfasst zudem ausdrücklich nur Handelsvertreter, so dass sich in der Praxis immer wieder die Frage stellt, ob (und wenn in welchem Umfang) die Vorschriften über Handelsvertreterverträge auch auf andere Vertriebsmittler wie beispielsweise auf Vertragshändler oder Franchisenehmer anzuwenden sind. Insoweit kommen die Gerichte der Mitgliedstaaten zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
Im Rahmen des derzeit laufenden Konsultationsverfahrens möchte die Europäische Kommission überprüfen, ob die Handelsvertreter-Richtlinie zur Erreichung ihres Zweckes auch aus heutiger Sicht (noch) geeignet ist, oder ob sie der sich wandelnden Lebenswirklichkeit angepasst und modernisiert, möglicherweise sogar aufgehoben werden sollte. Die Kommission verfolgt im Rahmen der Konsultation kein vorbestimmtes Ergebnis, sondern möchte die Wirksamkeit, Effizienz, Relevanz, Konsistenz und den „EU-Mehrwert“ bestimmen und gegebenenfalls verbessern.
Die Teilnahme an der Konsultation steht jedem Bürger und jedem Unternehmen offen. Jeder Teilnehmer hat die Möglichkeit, mit seiner Stellungnahme die zukünftige Entwicklung des europäischen Handelsvertreterrechts zu beeinflussen.
Die Teilnahme an der Konsultation erfolgt online über ein Internetformular.
Das Konsultationsverfahren läuft noch bis zum 31. Oktober 2014.
Hintergrund
- Grundlage des Konsultationsverfahrens ist die Mitteilung der Kommission “Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT): Ergebnisse und Ausblick” (siehe Anhang von COM(2013) 685 final.
- Handelsvertreter im Sinne der Handelsvertreter-Richtlinie ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person (den „Unternehmer“) den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu vermitteln (Vermittlungsvertreter) oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen (Abschlussvertreter) (siehe Art. 1 Abs. 2 der Handelsvertreter-Richtlinie).
- Handelsvertreter werden über eine Provision vergütet, die sie von ihrem Auftraggeber (dem Unternehmer) für den erfolgreichen Abschluss eines Geschäfts erhalten, das sie entweder vermittelt haben (siehe Art. 7 Abs. 1 der Handelsvertreter-Richtlinie) oder das in dem ihnen zugewiesenen Bezirk bzw. mit einem ihnen zugewiesenen Kunden abgeschlossen wird (siehe Art. 7 Abs. 2 der Handelsvertreter-Richtlinie).
- Handelsvertreter unterliegen einem besonderen Schutz, weil sie (ähnlich einem Arbeitnehmer) weisungsgebunden und außerdem verpflichtet sind, die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers wahrzunehmen. Deshalb erhalten sie unter bestimmten Bedingungen im Falle der Beendigung des Handelsvertretervertrages zwingend einen finanziellen Ausgleich (siehe Art. 17 der Handelsvertreter-Richtlinie). Diese Regelungen sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zwingend (Urteil des Gerichtshofes (Fünfte Kammer) vom 9. November 2000, Ingmar GB Ltd gegen Eaton Leonard Technologies Inc., Rs. C-381/98 und können für in der EU tätige Handelsvertreter nicht durch die Wahl des Rechts eines Nicht-EU Landes umgangen werden.