IP-Streitigkeiten

KI als Erfinder!? – BGH, Beschluss v. 11. Juni 2024 - X ZB 5/22

Veröffentlicht am 31st Jul 2024

People in a meeting and close up of a gavel
Sachverhalt

Im ursprünglichen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) begehrte der Anmelder die Erteilung eines Patents, für das eine Künstliche Intelligenz (KI) als Erfinder benannt war. Bei der Künstlichen Intelligenz handelt es sich um DABUS, ein sogenanntes „Device for the Autonomous Bootstrapping of Unified Sentience“. Diesen Antrag wies das DPMA mit dem Hinweis zurück, als Erfinder könne nur eine natürliche Person, nicht aber eine Maschine benannt werden. Daraufhin beantragte der KI-Forscher hinter DABUS, Stephen Thaler, im Beschwerdeverfahren vor dem Bundespatentgericht (BPatG), die genannte Erfinderbenennung mit dem Zusatz „c/o“ und seinem Namen zuzulassen und stellte noch weitere Hilfsanträge, die u.a. auf die Feststellung gerichtet waren, dass in diesem Fall keine Erfinderbenennung nötig sei. Mit einem dritten Hilfsantrag begehrte der Antragsteller, den Anmelder als Erfinder zu benennen, aber auch hinzuzufügen, dass er die DABUS-KI veranlasst habe, die Erfindung zu generieren. 

Letzteren Hilfsantrag hat das BPatG als frist- und formgerecht anerkannt, für begründet gehalten und die Sache zurückverwiesen. Der Hauptantrag sei hingegen nicht begründet. Nach der gegenwärtigen Rechtslage dürften lediglich natürliche Personen, nicht aber Maschinen, als Erfinder benannt werden. Hiergegen richten sich die Rechtsbeschwerde seitens des DPMA bzw. die Anschlussrechtsbeschwerde des Anmelders.

Entscheidungsgründe

Der BGH bestätigt in seinem Beschluss vom 11. Juni 2024 die Entscheidung des BPatG: Erfinder im Sinne des § 37 Abs. 1 PatG könne grundsätzlich nur eine natürliche Person sein. Ein maschinelles, aus Hard- oder Software bestehendes System könne auch dann nicht als Erfinder benannt werden, wenn es über Funktionen künstlicher Intelligenz verfüge. Die Benennung einer KI als Erfinder führe laut BGH zur Zurückweisung der Patentanmeldung. Allerdings sei die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder auch dann möglich und (zugleich auch) erforderlich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit künstlicher Intelligenz eingesetzt worden ist.
§ 37 Abs.1 S.1 PatG knüpfe an § 6 PatG an, wobei als Erfinder im Sinne der Regelung schon auf Grundlage der inhaltsgleichen Regelung in § 3 PatG a.F. diejenige Person verstanden werde, deren schöpferischer Tätigkeit die Erfindung entspringe. Dieses Verständnis stehe auch im Einklang mit dem Wortlaut von § 6 PatG, der an einen tatsächlichen Vorgang anknüpfe sowie mit der Systematik der Vorschrift, die voraussetze, dass Erfinder Träger des Rechts sein können. 

Aus dem aktuellen technischen Fortschritt, nämlich der Möglichkeit, Systeme der künstlichen Intelligenz zum Auffinden technischer Lehre einzusetzen, ergebe sich, so der BGH, weder die Möglichkeit noch die Notwendigkeit eines abweichenden Verständnisses von § 6 und § 37 Abs. 1 PatG. Die Benennung einer natürlichen Person als Erfinder sei auch dann möglich, wenn zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre ein System mit KI eingesetzt worden ist. Dabei könne offenbleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen der Einsatz solcher Systeme der Annahme entgegensteht, dass eine damit aufgefundene technische Lehre auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, wobei eine solche Zuordnung keinen Beitrag voraussetze, dem ein eigenständiger erfinderischer Gehalt zukomme. 

Ausgehend von diesen Grundsätzen genüge für die Stellung als Erfinder bei einer technischen Lehre, die mit Hilfe eines Systems der künstlichen Intelligenz aufgefunden wurde, ein menschlicher Beitrag, der den Gesamterfolg wesentlich beeinflusst habe. Dabei komme der im Detail umstrittenen Frage, welche Art oder Intensität ein menschlicher Beitrag aufweisen muss, um eine solche Zuordnung zu rechtfertigen, keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Einer abschließenden Festlegung, ob die Stel-lung als Hersteller, Eigentümer oder Besitzer eines solchen Systems ausreiche oder ob Handlungen mit einem engeren Bezug zu der aufgefundenen technischen Lehre erforderlich seien, bedürfe es nicht. Auch beim Einsatz künstlicher Intelligenz sei es möglich, solche menschlichen Beiträge zu iden-tifizieren und hieraus durch rechtliche Bewertung die Stellung als Erfinder abzuleiten.

Dagegen genüge aber die in Hilfsantrag 3 begehrte Erfinderbenennung auch trotz des Zusatzes, dass der Anmelder (als Erfinder) DABUS veranlasst hat, die Erfindung zu generieren, durchaus den Anforderungen an eine hinreichende Erfinderbenennung. Dieser in Rede stehende Zusatz lasse hinreichend deutlich erkennen, dass die KI nicht als Miterfinder angegeben werde, sondern nur als Mittel, dessen sich der Anmelder zum Auffinden der beanspruchten technischen Lehre bedient habe. Dadurch sei der Anmelder (und somit ein Mensch) eindeutig als Erfinder benannt. 

Praxishinweis

Die Entscheidung des BGH hat bedeutende Auswirkungen auf die Praxis der Patentierung von Erfindungen, die unter Einsatz von Künstlicher Intelligenz entstanden sind. Der BGH hat bestätigt, dass eine Künstliche Intelligenz nicht selbst als Erfinder anerkannt und als ein solcher nicht in einer Patentanmeldung benannt werden darf. Dies steht im Ergebnis im Einklang mit der Rechtsprechung in anderen Ländern. Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des UK Supreme Court vom 20. Dezember 2023 (Tahler v. Comptroller-General of Patents, Designs and Trade Marks, UKCS 49, Rn. 54 f.).

Neu ist, dass der BGH nunmehr bestätigt hat, dass Erfindungen, die mithilfe von KI geschaffen wurden, durchaus patentierbar sind, sofern ein menschlicher Beitrag den Gesamterfolg wesentlich beeinflusst hat – z.B. die menschliche Veranlassung zur Generierung der Erfindung (was auch immer das im Einzelfall beinhaltet). 

Dies hat Konsequenzen für die Praxis: Unternehmen und Einzelpersonen müssen sicherstellen, dass in Patentanmeldungen, deren zugrundeliegende Erfindungen unter Einsatz von KI entstanden sind, stets ein menschlicher Erfinder benannt wird. Das stärkt die Position von natürlichen Personen in einer zunehmend von KI geprägten Innovationslandschaft. Dies kann derjenige sein, der die KI programmiert oder gesteuert hat, oder derjenige, der die kreative Idee hatte, welche die KI sodann umgesetzt hat. Dadurch wird es in Zukunft zunehmend wichtig, den menschlichen Beitrag zur Erfindung klar zu dokumentieren. Erfolgen kann das z.B. durch detaillierte Aufzeichnungen über den Entwicklungsprozess, die Interaktionen mit der KI oder die Entscheidungen, die von Menschen getroffen wurden.


 

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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