Keine Quellensteuerpflicht für Vergütungen an ausländische Dienstleister für Online-Marketing
Veröffentlicht am 18th Apr 2019
Grenzüberschreitende Lizenzverträge über gewerbliche Schutzrechte (insbesondere Patente und Marken) müssen üblicherweise die Pflicht des inländischen Lizenznehmers zur Abführung von Quellensteuern regeln. Bei der Vertragsgestaltung ist dieses Steuerthema daher stets zu berücksichtigen und zu entscheiden, wer diese Steuer im Ergebnis wirtschaftlich tragen soll. Ist es der Lizenzgeber, ist die Quellensteuer (grundsätzlich 15%) Bestandteil der Lizenzgebühr und der Lizenznehmer darf sie davon einbehalten. Im anderen Fall muss er sie zusätzlich als Aufschlag („Gross-Up“) auf die Lizenzgebühr entrichten. Wie das BMF nun klarstellt, gilt diese Pflicht allerdings (und zugleich lediglich) nicht für etwaige Rechteüberlassungen im Zusammenhang mit Onlinemarketing. Onlinemarketing erfasst beispielsweise Online-Marketingkanäle in Form der Suchmaschinen mit deren Hilfe im Ausland ansässige Plattformen wie Google und Amazon Werbeerträge generieren. Vor dem Hintergrund der möglichen Haftung für einen nicht ordnungsgemäßen Quellensteuerabzug hat diese Frage eine entsprechend hohe wirtschaftliche Bedeutung.
Hintergrund
Das Steuerrecht verpflichtet einen inländischen Vergütungsschuldner unter anderem bei Zahlungen an einen ausländischen Gläubiger für die Überlassung von Rechten, von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen und ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten einen Steuerabzug vorzunehmen (§ 50 a Abs. 1 Nr. 3 EStG). Dabei wurde in der Vergangenheit heftig diskutiert, ob darunter auch Vergütungen an ausländische Plattformbetreiber und Internetdienstleister für Werbeleistungen fallen können.
Bejaht man dies, wären solche Entgelte mit einem Steuersatz von 15 % quellensteuerpflichtig. Da zahlreiche große Online-Werbeanbieter, wie Google oder Facebook, ihren Sitz im Ausland haben und ihr Geschäftsmodell keinen direkten Inlandsbezug hat, sind sie dem Steuerzugriff des deutschen Fiskus grundsätzlich entzogen. Infolgedessen besteht seitens des Fiskus ein großes Interesse, auf die Einkünfte dieser Anbieter von Online-Werbeleistungen über den Steuerabzug zuzugreifen. Daher sind einzelne Finanzämter, zum Beispiel in Bayern, Rheinland-Pfalz und NRW dazu übergegangen, Onlinemarketing unter Einschaltung ausländischer Unternehmen nicht mehr als Dienstleistung, sondern als "Nutzungsüberlassung von Rechten und ähnlichen Erfahrungen" i.S.v. § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu qualifizieren, so dass eine Steuerpflicht gem. § 50a Abs. 1 Nr. 3 EStG entsteht.
Die Frage ist von hoher praktischer Relevanz, da Werbekunden aufgrund sogenannter „Nettoklauseln“ bzw. „Gross-Up“-Klauseln durch ausländische Werbeanbieter regelmäßig verpflichtet werden, eventuell abzuführende Quellensteuern zusätzlich zum vereinbarten Kaufpreis aus eigenen Mitteln zu tragen. Dabei ist zu beachten, dass sich im Falle einer Übernahme der Quellensteuer durch den Vergütungsschuldner im Rahmen einer solchen Vereinbarung, die Bemessungsgrundlage noch um den Steuerbetrag erhöht.
Klärung der Frage auf Bund-Länder-Ebene
Am 14. März 2019 hat es nun eine Klärung der Frage auf Bund-Länder-Ebene gegeben. Im aktuellen Schreiben vom 3. April 2019 – Aktenzeichen IV C 5 - bestätigt das Bundesministerium der Finanzen nun, dass solche Vergütungen nicht unter den Steuerabzug nach § 50 a Abs. 1 Nr. 3 EStG fallen. Dies gilt für Werbung bei Anfragen in Online-Suchmaschinen, über Vermittlungsplattformen, für Social-Media-Werbung, Bannerwerbung und vergleichbare andere Onlinewerbung und unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen die Vergütung aufgrund des konkreten Vertragsverhältnisses anfällt. Das in DStR 2019, 797 veröffentlichte Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden.
In der Begründung hebt das Bundesministerium der Finanzen zwei Aspekte hervor. Laut dem Bundesministerium der Finanzen werden die Vergütungen weder für eine zeitlich begrenzte Rechteüberlassung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 f EStG, noch für die Nutzung von gewerblichen, technischen, wissenschaftlichen oder ähnlichen Erfahrungen, Kenntnissen und Fertigkeiten nach § 49 Abs. 1 Nr. 9 EStG geleistet.
Fazit
In der Praxis hat diese Einschätzung zur Folge, dass Werbekunden keine Pflicht trifft eine Quellensteuer gemäß § 50a Absatz 5 EStG in Verbindung mit § 73e EStDV einzubehalten und abzuführen. Sie haben somit auch keine Sanktionen zu befürchten, insbesondere keine Straf- oder Bußgeldverfahren (§§ 370, 378, 380 AO). Allerdings ist zu beachten, dass es sich bei dem Schreiben um eine spezielle Feststellung für den Bereich des Onlinemarketings handelt. Für alle anderen Bereiche gilt dies nach aktuellem Stand nicht. Wird beispielsweise eine Stücklizenz für ein Patent vereinbart, muss nach wie vor die Quellensteuer gezahlt werden.