Inkasso-Unternehmen - Erlaubnispflicht nach Zahlungsdiensteaufsichtsrecht?
Veröffentlicht am 7th Apr 2016
Entfallen der Ausnahme der ausgelagerten Debitorenbuchhaltung und Verschärfung durch PSD2
In verschiedenen aktuellen Verfahren hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) erkennen lassen, dass sie die sogenannte Inkasso-Ausnahme nur noch für die Einziehung „notleidender Forderungen“ anerkennen werde. Damit könnten zukünftig zahlreiche Tätigkeiten von Inkasso-Unternehmen der Erlaubnispflicht nach dem deutschen Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) unterfallen. Die bisher als Ausnahme anerkannte „ausgelagerte Debitorenbuchhaltung“ dürfte damit in den meisten Fällen nach dem ZAG erlaubnispflichtig sein.
Auch die reformierte Zahlungsdiensterichtlinie (PSD2), die am 12. Januar 2016 in Kraft getreten ist, stellt die Inkasso-Ausnahme in gewisser Weise in Frage. In Erwägungsgrund 9 erläutert der europäische Gesetzgeber wie folgt: „In einigen Mitgliedstaaten bieten Supermärkte, Groß- und Einzelhändler ihren Kunden eine entsprechende Dienstleistung für die Bezahlung von Rechnungen von Versorgungsunternehmen und anderen regelmäßigen Haushaltsrechnungen. Derartige Bezahldienste sollten als Finanztransfer behandelt werden […]“. Das gerade auch in Großbritannien so beliebte Bill Payment im Supermarkt wird damit wohl – entgegen auch einer Stellungnahme der Kommission – überwiegend erlaubnispflichtig; das war in Deutschland auch bisher schon der Fall. Der Hinweis in der PSD2 könnte zudem die BaFin in ihrer restriktiven Auslegung der Inkasso-Ausnahme weiter bestärken.
Noch in ihrem Merkblatt zum ZAG vom 22. Dezember 2011 hatte die BaFin die Ansicht geäußert, die ausgelagerte Debitorenbuchhaltung und das Beitreibungsinkasso seien von der Erlaubnispflicht des ZAG ausgenommen. Das „Führen einer ausgelagerten Debitorenbuchhaltung“ erfordere dabei „in der Regel das Vereinnahmen, Verbuchen und Weiterleiten von Zahlungseingängen unter Einbindung in das Rechnungswesen des Auftraggebers […]; ggf. auch die Erstellung der Rechnungen für die Debitoren“. Unter „Beitreibung“ von Forderungen seien „Mahn- und Vollstreckungsaktivitäten sowie die gerichtliche Geltendmachung von Forderungen“ zu verstehen.
Das ZAG basiert auf der ersten Zahlungsdiensterichtlinie (PSD1). Weder im ZAG noch in der PSD1 sind Inkassotätigkeiten ausdrücklich erwähnt. Allerdings liest man in der Regierungsbegründung des ZAG: „Unter das Finanztransfergeschäft oder unter andere Zahlungsdienste im Sinne dieses Gesetzes fallen nicht Inkassotätigkeiten, mit denen Forderungen im Rahmen einer ausgelagerten Debitorenbuchhaltung oder im Sinne einer Inkassobeitreibung eingezogen werden sollen, die aus bestimmten Grundgeschäften herrühren und in der Regel vom Schuldner nicht sofort zu erfüllen waren“. Ähnlich sind auch verschiedene andere europäische Mitgliedstaaten verfahren. Auch die europäische Kommission stimmte dem zu.
Dagegen stellte das Verwaltungsgericht Frankfurt in einem Beschluss vom 05.10.2012 (Az. 9 L 2833/12.F) die Existenz einer Ausnahme vom ZAG für Inkasso-Unternehmen in Gänze in Frage.
Die aktuelle Verwaltungspraxis der BaFin nimmt die restriktive Haltung der PSD2 wohl schon vorweg. Sie beschränkt die Inkasso-Ausnahme drastisch. Der deutsche Gesetzgeber ist gehalten, die PSD2 bis zum 13. Januar 2018 in nationales Recht umzusetzen. Ob dieses Umsetzungsgesetz eine „Inkasso-Ausnahme“ enthalten wird, erscheint aktuell mehr als fraglich.
Vor diesem Hintergrund sollten Inkasso-Unternehmen im Einzelfall prüfen, inwieweit nach dem ZAG für ihre Tätigkeit eine Erlaubnis erforderlich ist. Dies hängt auch davon ab, welche verschiedenen Arten von Tätigkeiten ein Inkasso-Unternehmen ausübt oder ausüben will. Die bisher als ausgelagerte Debitorenbuchhaltung freigestellten Tätigkeiten werden jedenfalls zukünftig kaum noch erlaubnisfrei sein.