Hello again: Haftung für verunreinigte Futtermittel (Salmonellen)
Veröffentlicht am 15th Jan 2018
Erneut ist verunreinigtes Tierfutter in den Handel gelangt. Das Tierfutter war mit Salmonellen kontaminiert und wurde in ganz Europa verkauft und verfüttert. Wir klären auf, was Futtermittelhersteller und deren Abnehmer jetzt zu beachten haben, welche Rechte sie geltend machen und wie sie sich vor Haftung schützen können.
Worum geht es?
Jüngst wurde der Fund von Salmonellen in Futtermitteln öffentlich, wobei die Kontaminationen zum Teil bereits seit Ende 2017 bekannt waren. Dahinter steht, dass mit Salmonellen verunreinigtes Futtermittel in den Handel kam und in mehrere Bundesländer sowie ins europäische Ausland verkauft wurde. Ein Hersteller meldete die internen Befunde zudem pflichtwidrig nicht an die zuständige Behörde. Auch positive Untersuchungen aus Dänemark wurden erst nach fast zwei Monaten durch die Behörden ins europäische Schnellwarnsystem RASFF (Rapid Alert System for Food and Feed) eingestellt. Warum der Hinweis erst so spät erfolgte, ist bisher nicht bekannt.
Hersteller und deren Abnehmer müssen sich erneut genau die rechtlichen Fragen stellen, die bereits im Jahr 2010 im Rahmen des Dioxinskandals aufkamen.
Schadensersatz für die Käufer?
Die Käufer der verunreinigten Futtermittel möchten die Entsorgungs-, Reinigungs- und Desinfektionskosten ersetzt bekommen sowie auch entgangenen Gewinn ausgeglichen wissen. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des Verkäufers für solche Schäden vor. Diese greift ein, wenn das Futter nachweislich nicht verkehrsfähig ist, also zum Beispiel durch Salmonellen verunreinigt wurde. Die Käufer sind in diesem Fall in einer komfortablen Situation, weil sie lediglich geltend machen müssen, wie hoch ihr Schaden ist, der auf der Abgabe von nachweislich verunreinigtem Futter durch den Verkäufer beruht. Der Käufer muss nichts dazu vorbringen und beweisen, ob und wie der Verkäufer schuldhaft seine Untersuchungs- und Analysepflichten im Betrieb verletzt hat.
Anders ist die Situation, wenn lediglich der Verdacht der Verunreinigung besteht: hier greift die verschärfte Haftung nicht ein (Bundesgerichtshof, Urt. v. 22.10.2014 – VIII ZR 195/13).
Dies bedeutet aber nicht, dass eine Haftung der Futtermittelhersteller ausgeschlossen ist. Der geschädigte Käufer muss dem Verkäufer jedoch fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten nachweisen. Konkret muss dargelegt werden, dass der Verkäufer die Compliance-Regelungen für die Untersuchung und Abgabe von Futter verletzt hat und deswegen der Verdacht der Verunreinigung besteht. Denn der auf konkrete Tatsachen beruhende, nicht auszuräumende Verdacht einer erheblichen Kontamination des gelieferten Futtermittels, welches zur Verfütterung an der Lebensmittelgewinnung dienende Tieren bestimmt ist, wird als Sachmangel angesehen. Hinzu treten mögliche deliktische Haftungsansprüche und ausnahmeweise eine Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz.
Zusätzlich sollten Käufer ihre Gewährleistungsrechte geltend machen. Ist das Futtermittel mangelhaft, kann Nachlieferung oder Kaufpreisminderung verlangt werden. Schließlich kann der Käufer auch vom Vertrag zurücktreten. Dann wird der gesamte Vertrag rückabgewickelt.
Welche Rechte haben die Hersteller und Händler?
Für die Futtermittelhersteller und -händler ist interessant, ob sie bei etwaigen Zulieferern Regress nehmen können. Neben vertraglichen Vereinbarungen kommt auch hier die verschärfte verschuldensunabhängige Haftung nach § 24 LFGB in Betracht, wenn eine nachweisliche Kontamination des Futtermittels vorliegt. Denn der Begriff Futtermittel umfasst neben den Erzeugnissen auch alle weiteren Stoffe und Zusatzstoffe, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind. So soll der Schaden entlang der Lieferkette zurückgeführt werden. Daneben gelten auch die Grundsätze der Haftung wegen des konkreten Verdachts der Kontamination. Schließlich haben auch die Hersteller und Händler ihrerseits Gewährleistungsrechte aus den Einkaufsverträgen mit ihren Zulieferern, die sie geltend machen sollten.
Kann die Haftung begrenzt werden?
Für die Futtermittelhersteller und –händler ist die verschärfte verschuldensunabhängige Haftung ein großes Risiko. Sie kann durch die Unternehmen auch vertraglich nicht gänzlich abbedungen werden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Haftung mittels individualvertraglich ausgehandelten Rahmenverträgen summenmäßig zu begrenzen sowie die Verjährung zu verkürzen.
Wird gegen die Handelnden ermittelt?
Neben möglichen Schadensersatzzahlungen können zudem Sanktionen auf die Unternehmen zukommen. Ebenfalls als Reaktion auf den Dioxinskandal hat der deutsche Gesetzgeber im Jahr 2011 Meldepflichten sowohl für die Futtermittelhersteller als auch für beauftragte Labore eingeführt, um Kontaminationen möglichst umgehend entgegenwirken zu können. Kommen die Unternehmen diesen Meldepflichten vorsätzlich oder fahrlässig nicht nach, droht zum einen ein Bußgeld von bis zu zwanzigtausend Euro. Wird zudem ein Futtermittel hergestellt, welches bei seiner bestimmungsgemäßen und sachgerechten Verwendung dazu geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu beeinträchtigen, kommt zum anderen eine Strafbarkeit der betroffenen Personen in Betracht. Es ist also möglich, dass auch strafrechtliche Ermittlungen gegen die Hersteller und Händler und die dort tätigen Personen aufgenommen werden.
Was müssen die Verkäufer und Käufer jetzt tun?
Käufer von Futtermitteln sollten sich umgehend an ihre Futtermittellieferanten wenden und Schadensersatzansprüche geltend machen. Dafür ist wichtig, dass die Verunreinigung des Futtermittels nachgewiesen werden kann; denn dann greift die verschärfte Haftung ein. Eine vollständige Dokumentation über den Kauf des Futtermittels und die Untersuchungs- und Analyseergebnisse ist dafür besonders wichtig. Daneben sollten die Käufer auch prüfen, ob sie möglicherweise Ansprüchen ausgesetzt sind, weil sie Tiere an Schlachthöfe geliefert haben, die mit verunreinigtem Futter gefüttert wurden.
Verkäufer von Futtermitteln sollten prüfen, ob sie den Schaden, der ihnen durch die Schadensersatzansprüche von Kunden entsteht, an ihre Lieferanten weitergeben können. Es gilt auch hier, dass Dokumentation über die nachgewiesene Verunreinigung der Schlüssel zum Erfolg ist. Um Ansprüche abzuwehren, sollten die Verkäufer ihre internen Compliance-Prozesse zur Untersuchung und Analyse der Futtermittel überprüfen und die zugehörige Dokumentation sammeln, um zu zeigen, dass ihnen jedenfalls kein Verschulden nachzuweisen ist. Dies verhindert jedenfalls die Haftung in Verdachtsfällen.