Steuerrecht

Grunderwerbsteuerliche Begünstigungen bei Personengesellschaften

Veröffentlicht am 23rd Aug 2024

Status quo und Praxiserfahrungen

Building facade

Seit der Verabschiedung des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) war der steuerlichen Beraterschaft und den betroffenen Steuerpflichtigen bewusst, dass sich die Anpassung des Personengesellschaftsrechts auch auf Ebene der Grunderwerbsteuer auswirken wird. Besonders relevant war von Anfang an die Frage, ob und inwieweit die grunderwerbsteuerlichen Begünstigungen bei Personengesellschaften ab Inkrafttreten des MoPeG am 01.01.2024 anwendbar sein würden.

Seit dem Inkrafttreten des MoPeG ist bereits mehr als ein halbes Jahr vergangen. Es sind längst nicht alle Fragen geklärt. In der Praxis werden jedoch erste Folgen der Änderungen sichtbar.

Hintergrund und Wirkungsweise der Begünstigungen

Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) regelt, in welchen Fällen Grunderwerbsteuer im Zusammenhang mit der (mittelbaren) Übertragung von Grundbesitz anfällt. Die Komplexität des Gesetzes ist mit der Zeit gewachsen. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass in der Praxis stetig neue Wege gefunden wurden, im Zusammenhang mit Transaktionen Grunderwerbsteuer zu vermeiden. Diese „Besteuerungslücken“ schließt der Gesetzgeber mit neuen steuer­pflichtigen Tatbeständen (zum Beispiel Einführung der Steuerpflicht bei Sharedeals über Kapitalgesellschafts­anteile) oder durch die Verschärfung der bereits ­geltenden Regelungen (niedrigere Erwerbsschwellen/verkürzte ­Fristen).

In bestimmten Fällen gewährt der Gesetzgeber jedoch auch steuerliche Begünstigungen. So können nach derzeitiger Rechtslage Grundstücke unter bestimmten Voraussetzungen ohne Grunderwerbsteuer auf, von oder zwischen Personen­gesellschaften übertragen werden (vgl. § 5 GrEStG und § 6 GrEStG).

Beispiel: Die Übertragung eines Grundstücks durch dessen Alleineigentümer an eine Personengesellschaft ist grundsätzlich insoweit grunderwerbsteuerfrei, als er an der Personengesellschaft beteiligt ist. Dadurch wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Übertragende auch nach der Übertragung weiterhin als sogenannter Gesamthänder an dem Grundstück dinglich mitberechtigt bleibt.
Um die Steuerbefreiung nicht (anteilig) nachträglich zu verlieren, darf sich die Beteiligung des Übertragenden an der Personengesellschaft ab der Übertragung zehn Jahre lang nicht verringern (sogenannte Nachbehaltensfrist).

Der Gesetzgeber bemüht sich um Abhilfe mit einer Übergangsvorschrift

Das Gesamthandsprinzip bei (Außen-)Personengesellschaften ist mit Inkrafttreten des MoPeG abgeschafft worden. Damit ist der wesentliche Anknüpfungspunkt für die vorgenannten grunderwerbsteuerlichen Begünstigungen entfallen. Die daran anknüpfenden Begünstigungsvorschriften im GrEStG wären damit unanwendbar geworden. Dass Steuerpflichtige jedoch noch immer von diesen Begünstigungsvorschriften und der Gesamthänderschaft im Zusammenhang mit grundbesitzenden Personengesellschaften profitieren können, ist einer Neuregelung im GrEStG zu verdanken.

Der Gesetzgeber führte mit dem Kreditzweitmarktförderungsgesetz ab dem 01.01.2024 die Übergangsvorschrift § 24 GrEStG ein. Nach dieser Vorschrift gelten (= gesetzliche Fiktion) rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und ­deren Vermögen als Gesamthandsvermögen. Durch ­diese Fiktion bleibt somit auch nach Inkrafttreten des MoPeG ein Anknüpfungspunkt für die grunderwerbsteuerlichen Begünstigungsvorschriften bestehen. Sie können daher bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen weiterhin angewendet werden.

Unsicherheit verbleibt trotz Übergangsvorschrift

Unzureichende Klarstellung in § 24 GrEStG

Auch wenn die Bemühungen des Gesetzgebers, mit dem neuen § 24 GrEStG Rechtssicherheit zu schaffen, anzuerkennen sind, sind sie weitgehend gescheitert. Die Vorschrift soll nur übergangsweise wirken. Ihr Ziel ist laut Gesetzesbegründung (Drucksache 20/9782 S. 207), die durch Einführung des MoPeG entstandene Rechtsunsicherheit zu beseitigen und den Status quo bis zur ­Novellierung des Gesetzes aufrechtzuerhalten. Deshalb tritt der neue § 24 GrEStG bereits am 01.01.2027 außer Kraft.

Dies begründet einen wesentlichen Unsicherheitsfaktor für betroffene Steuerpflichtige, der nur durch eine entsprechende Klarstellung des Gesetzgebers aufgelöst werden kann:

Derzeit ist unklar, ob es bei den bis zum 31.12.2026 ­getätigten, nach §§ 5, 6 GrEStG steuerlich begünstigten Grundstücksübertragungen ab dem 01.01.2027 zu einer Nachversteuerung durch Verletzung der zehnjährigen Nachbehaltensfrist kommt. Dies betrifft vor allem Transaktionen nach der Einführung des neuen § 24 GrEStG. Denn Steuerpflichtige bzw. ihre Berater haben Kenntnis von der zeitlich beschränkten Geltung der Übergangsregelung. Auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes könnten sie sich daher nur eingeschränkt berufen.

Keine Abhilfe durch die Jahressteuergesetze 2024

Eine Klarstellung des Gesetzgebers, was passiert, wenn § 24 GrEStG außer Kraft tritt, findet sich weder im Entwurf des 1. Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) noch des 2. Jahressteuergesetzes 2024 (JStG II 2024). Es ist zwar zu berücksichtigen, dass bis dahin noch einige Jahre Zeit verbleiben. Transaktionen, vor allem im Zusammenhang mit Grundbesitz, müssen aber aus wirtschaftlichen Gründen oft einige Zeit im Voraus geplant werden. Auch für eine effiziente Steuerplanung, die ein berechtigtes Anliegen des Steuerpflichtigen ist, bedarf es einer ausreichenden und ­damit längeren Vorlaufzeit.

Statt der dringend notwendigen Klarstellung lässt der Entwurf des neuen § 1 Abs. 4a GrEStG-E im Regierungsentwurf des 1. Jahressteuergesetzes 2024 neue Rechtsunsicherheiten für die Anwendung der Begünstigungsvorschrift § 6 GrEStG befürchten. Der Gesetzgeber bezweckt mit Einführung dieser Vorschrift, die grunderwerbsteuerliche Zurechnung von Grundstücken zu vereinfachen. Dies ist grundsätzlich sehr zu begrüßen. Die aktuelle Fassung von § 1 Abs. 4a GrEStG-E könnte jedoch auch negative Auswirkungen auf die Anwendbarkeit von § 6 GrEStG haben. Wenn in bestimmten Konstellationen wegen der neuen Vorschrift Grundstücke statt einer Personengesellschaft ­einer Kapitalgesellschaft zugerechnet werden, wäre der ­Anwendungsbereich der Begünstigungsvorschrift unter Umständen nicht mehr eröffnet.

Folgen für die Praxis

Durch die verlängerten Zeiträume bei möglichen Erwerbsvorgängen/Nachbehaltensfristen (zehn statt fünf Jahre) seit dem 01.07.2021 ist der sogenannte gestreckte Sharedeal über Personengesellschaften bereits deutlich weniger attraktiv.

Beispiel: Bei einem gestreckten Sharedeal werden zum Beispiel in einem ersten Schritt 89% der Anteile an ­einer grundbesitzhaltenden Personengesellschaft an den ­Erwerber übertragen, ohne Grunderwerbsteuer auszu­lösen. Nach Ablauf einer zehnjährigen Frist (bis zum 01.07.2021 noch fünf Jahre) könnten, abhängig vom Einzelfall, die restlichen 11%, erneut ohne Grunderwerbsteuer auszulösen, an einen anderen Erwerber veräußert werden. Dadurch wäre im Ergebnis die gesamte grundbesitzhaltende Personengesellschaft samt Grundbesitz grunderwerbsteuerfrei übertragen worden. In der Beraterschaft hört man Stimmen, dass aufgrund der aktuellen Unsicherheiten, unter anderem wegen der zeitlichen ­Begrenzung der Übergangsvorschrift, solche Transaktionen vollständig der Vergangenheit angehören.

Eine Klarstellung des Gesetzgebers, dass die Aufhebung von § 24 GrEStG zum 01.01.2027 zu keiner Nachversteuerung für bis dahin realisierte Übertragungen wegen Nachbehaltensfristverletzung führt, ist dringend notwendig. Insoweit reicht auch die in der Gesetzesbegründung von § 24 GrEStG enthaltene Aussage, dass die laufenden Nachbehaltensfristen der §§ 5 und 6 GrEStG nicht allein durch Inkrafttreten des MoPeG verletzt werden, nicht aus. Diese Äußerung des Gesetzgebers erfasst lediglich in Anspruch genommene Begünstigungen bis zum 31.12.2023 (also bis zum Inkrafttreten des MoPeG). Begünstigungen, die nach diesem Zeitpunkt in Anspruch genommenen werden, sind nicht geregelt. Der Gesetzgeber äußert sich insbesondere nicht dazu, was die Aufhebung von § 24 GrEStG steuerlich zur Folge hat. Es besteht somit das Risiko, dass laufende Nachbehaltensfristen verletzt werden, weil der Anknüpfungspunkt für die Begünstigungen (gesetzliche Fiktion: Gesamthand/Gesamthandsvermögen) wegfällt.

Fazit

Die grunderwerbsteuerlichen Begünstigungen können ­zunächst weiter in Anspruch genommen werden. ­Geplante Übertragungen von Grundstücken auf Personengesellschaften (und zwischen Personengesellschaften) können auch ab dem 01.01.2024 gegebenenfalls ohne Grund­erwerbsteuer abgewickelt werden.

In bestimmten Konstellationen, vor allem bei längerfristigen Planungen, ist Vorsicht geboten. Denn zum einen ist unklar, wie die Finanzverwaltung mit dem Außerkraft­treten von § 24 GrEStG am 01.01.2027 umgehen wird. Zum anderen bringt die vom Gesetzgeber geplante ­Novellierung der Grunderwerbsteuer weitere Unsicherheiten mit sich. So sind Umfang und Zeitpunkt bislang ungewiss. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat zwar bereits im Juni 2023 den Diskussionsentwurf ­eines Gesetzes zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes mit erheblichen Neuerungen veröffentlicht. ­Dieser Diskussionsentwurf ist jedoch bislang ohne weitere Resonanz geblieben.

Die Zukunft der Grunderwerbsteuer, vor allem im ­Zusammenhang mit Personengesellschaften, bleibt somit spannend.

 

Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte auf der Webseite Deutscher AnwaltSpiegel.  

Teilen

* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

Sprechen Sie uns an

Wollen Sie häufiger von uns hören?

Wir informieren Sie über Insights, News und Events zu Ihren relevanten Themen.