Gestaltungsspielraum bei Aufhebungsvereinbarungen: Zahlung an die Rentenversicherung statt Abfindung?

Veröffentlicht am 14th Sep 2015

Spielen Menschen mit dem Gedanken, bereits vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand zu treten, so haben sie zum Teil erhebliche finanzielle Einbußen hinzunehmen. Seit Juli 2014 ist daher auf Vorschlag der großen Koalition an eine abschlagsfreie Rente mit 63 nach 45 Beitragsjahren möglich. Ungeachtet dessen sieht das Gesetz bereits seit längerem eine Möglichkeit der nachteilslosen Frührente vor. Mit Einführung des § 187a SGB VI durch das Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand hat der Gesetzgeber bereits im Jahr 1996 entsprechende Voraussetzungen geschafft. Gleichwohl wird von dieser Möglichkeit im Rahmen von Beendigungsverhandlungen noch selten Gebrauch gemacht.

Allgemeines

Versicherte, die vor Erreichen der Regelaltersgrenze in den Ruhestand treten, müssen in der Regel Rentenabschläge in Kauf nehmen, da ihr persönlicher Zugangsfaktor bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente niedriger ausfällt. § 187a SGB VI räumt ihnen daher die Möglichkeit ein, dies durch zusätzliche Beitragszahlungen ganz oder teilweise zu verhindern.

Grundsätzlich sind die Versicherten selbst für entsprechende Zahlungen verantwortlich, jedoch können diese auch durch Dritte (zB Arbeitgeber) erfolgen. Auch Tarifparteien nutzen diese Möglichkeit häufig.

Der Umfang der Zahlung ist zwar auf den Ausgleich der Rentenminderung begrenzt, die sich wegen der vorzeitigen Inanspruchnahme ergibt. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass unmittelbar der gesamte Ausgleichsbetrag gezahlt wird, auch Teilzahlungen sind möglich.

Vorteile der zusätzlichen Beitragszahlung

§ 187a SGB VI ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen attraktiv.

Arbeitnehmer können frühzeitig in den Ruhestand treten, ohne Rentenabschläge in voller Höhe in Kauf nehmen zu müssen. Bei entsprechenden Zahlungen können sie sogar ohne jegliche finanziellen Nachteile vorzeitig Altersrente in Anspruch nehmen.

Arbeitgeber hingegen räumt die Vorschrift Steuervorteile ein. Die Übernahme von Rentenversicherungsbeiträgen durch den Arbeitgeber stellt nämlich eine Form der Abfindung dar und ist sozialversicherungsrechtlich auch als solche zu behandeln. Sie ist daher nach § 3 Nr.28 EStG steuerfrei. Die Steuerfreistellung ist allerdings auf die Hälfte der insgesamt geleisteten zusätzlichen Rentenversicherungsbeiträge begrenzt, da Pflichtbeiträge des Arbeitgebers zur gesetzlichen Rentenversicherung nur in Höhe des halben Gesamtbeitrages steuerfrei sind. Für den verbleibenden steuerpflichtigen Teil der Rentenversicherung gilt § 3 Nr. 9 EStG. Die vom Arbeitgeber zusätzlich geleisteten Beiträge nach § 187a SGB VI sind als Teil der Entschädigung iSd. § 24 Nr.1 EStG zu behandeln und entsprechend begünstigt zu besteuern.

Voraussetzungen der zusätzlichen Beitragszahlung

Die Möglichkeit der Beitragszahlung nach § 187a SGB VI besteht frühestens ab der Vollendung des 55. Lebensjahres. Entsprechende Zahlungen können von diesem Zeitpunkt an bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze geleistet werden. Eine Zahlung der Beiträge über diesen Zeitpunkt hinaus ist nicht möglich.

Weiterhin setzt die Berechtigung zur Zahlung von Beiträgen voraus, dass der Versicherte erklärt, seine Altersrente in Zukunft vorzeitig beziehen zu wollen. Die Erklärung bedarf keiner Form und kann auch konkludent abgegeben werden. Sie entfaltet zudem keine Bindungswirkung. Hat der Arbeitnehmer eine entsprechende Erklärung abgegeben, so ist er dennoch nicht verpflichtet, den angekündigten Betrag zu zahlen oder die Möglichkeit der frühzeitigen Rente auch tatsächlich in Anspruch nehmen.

Berechnung der zu zahlenden Beiträge

Die ungeminderte Bruttorente errechnet sich abstrakt nach folgender Formel:

AR (aktueller Rentenwert) x EP (Entgeltpunkte) x ZF (Zugangsfaktor, § 77 SGB VI) x RF (Rentenartfaktor)

Der Rentenartfaktor liegt bei Altersrenten bei 1,0. Pro Monat des vorzeitigen Rentenbezuges verringert sich dieser Faktor um 0,003 Punkte und ist dementsprechend in die Formel einzusetzen.

Wird die Rente beispielsweise um 12 Monate vorher bezogen, so fällt sie auf Grund des geminderten Zugangsfaktors um 3,6% geringer aus.

Um herauszufinden, mit welchem Beitrag diese Abschläge vollständig kompensiert werden können, wird dann folgende Formel benutzt. BE steht hierbei für „vorläufiges Durchschnittsentgelt“ und BS für „Beitragssatz zur Rentenversicherung im Zeitpunkt der Beitragszahlung“:

[(BE x BS) : (100 x ZF)] x Rentenabschlag in EP = Betrag der erforderlichen zusätzlichen Beitragszahlung

Auskunftserteilung über Beitragszahlung

§ 109 SGB VI sieht die Möglichkeit vor, eine Auskunft über die voraussichtliche Minderung der Altersrente einzuholen. Diese Auskunft enthält dann den voraussichtlichen Betrag der Altersrente; abgestellt auf den beabsichtigten Rentenbeginn, die Rentenminderung, die sich aus der vorzeitigen Inanspruchnahme ergibt und den Beitrag, der zum Ausgleich dieser Minderung erforderlich ist. Wie viele Beiträge der Versicherte zahlt, kann er selbst entscheiden, der Rentenversicherungsträger hat ihm jedoch nach § 109 Abs. 4 Nr. 4 SGB VI eine Auskunft zu erteilen, welche Beiträge er zahlen kann.

Ausblick für die Praxis

Die Möglichkeit der zusätzlichen Beitragszahlung nach § 187a SGB VI ist ein in der Praxis bisweilen selten genutztes Instrument. Dabei bietet es sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber erhebliche Vorteile.

Gerade Unternehmen, die betriebsbedingt Arbeitsplätze einsparen und im Rahmen der Sozialauswahl in der Regel jüngere Mitarbeiter entlassen müssen, können auf diese Weise vorteilhafte Aufhebungsverträge mit ihren älteren Arbeitnehmern vereinbaren. Die Zahlungen des Arbeitgebers führen im Übrigen auch nicht zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches wegen Zahlung einer Abfindung (§§ 143, 143a SGB III).

Während dies für den Arbeitgeber die genannten steuerlichen Vorteile einbringt, erhalten ältere Arbeitnehmer auf diesem Weg die Möglichkeit frühzeitig und vor allem nachteilslos in den Ruhestand zu treten.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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