Facebookseite des Arbeitgebers unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats
Veröffentlicht am 27th Feb 2015
Die Nutzung sozialer Medien stellt immer wieder ein Streitthema in Unternehmen dar. Eine neue Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf zeigt nun, dass dies nicht nur seitens des Arbeitgebers gegenüber seinen Mitarbeitern gilt. Vielmehr beleuchtet die Entscheidung die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats in Bezug auf eine facebook-Seite des Arbeitgebers und verneint eine Einordnung der facebook-Seite und der damit verbundenen Postingmöglichkeiten für die Öffentlichkeit als eine „technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“ (LAG Düsseldorf 12. Januar 2015 – 9 Ta BV 51/14).
Der Sachverhalt
Eine Unternehmensgruppe mit insgesamt 1.300 Mitarbeitern nimmt in Transfusionszentren Blutspenden entgegen, verarbeitet und veräußert diese. Im April 2013 eröffnete das Unternehmen bei der Internetplattform facebook verschiedene Seiten, bei denen es u.a. facebook-Nutzern ermöglicht wird, Kommentare (sog. Postings) auf eine virtuelle Pinnwand einzustellen, die dann weiter kommentiert werden können. Auf den facebook-Auftritt wies das Unternehmen auch bei Blutspendeterminen hin.
Blutspender posteten daraufhin kritische Kommentare über das medizinische Personal bzw. Ärzte, die Blutabnahmen bzw. Voruntersuchungen vorgenommen hatten.
Der Konzernbetriebsrat machte sich Bedenken der Mitarbeiter und des örtlichen Betriebsrats zu Eigen und beantragte im Juni 2013 die Abschaltung der Seite. Die facebook-Seite stelle eine mitbestimmungspflichtige Kontrolleinrichtung dar, da die Nutzer sich über die Beschäftigten öffentlich äußern und diese anhand ihrer Namensschilder bei den Spendeterminen zudem namentlich identifizieren könnten. Auch böten facebook-Seiten die Möglichkeit, zur Verfügung stehende Daten technisch zusammenzufügen und weitere Informationen über die Arbeitnehmer zu ermitteln. Des Weiteren bestehe ein Mitbestimmungsrecht in Bezug auf die Mitarbeiter, die den facebook-Auftritt des Unternehmens pflegten, da sie vom Arbeitgeber in ihren Handlungen überwacht werden könnten.
Das Unternehmen hat demgegenüber eingeräumt, der facebook-Auftritt werde von einem Pool von zehn Mitarbeitern betreut, die jeweils dieselbe Zugangsberechtigung nutzten. So sei nicht nachvollziehbar, wer welche Postings auf die Seite einstelle. Auch die facebook-Seite insgesamt sei kein Kontrollwerkzeug, sondern ein Marketinginstrument. Die Informationen würden dem Unternehmen quasi aufgedrängt und nicht programmäßig ausgewertet. Sie seien damit nicht zur Überwachung der Mitarbeiter geeignet.
Die Entscheidung
Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass die facebook-Seite keine technische Einrichtung darstelle, die einer Überwachung der Mitarbeiter diene. Es hat daher ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats verneint. Eine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG setze voraus, dass sie – jedenfalls teilweise – aus sich heraus Aufzeichnungen über die Mitarbeiter automatisiert erstelle. Dies sei hier nicht der Fall, da Dritte (die Blutspender und facebook-Nutzer) dort Beschwerden eintragen könnten. Allein die Möglichkeit, die facebook-Seite mittels der integrierten facebook-Werkzeuge zu durchsuchen, sei ebenfalls keine automatische Aufzeichnung im Sinne der fraglichen Vorschrift.
Hinsichtlich der zehn die Webseite betreuenden Mitarbeiter käme ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in Betracht. Im Streitfall sei es jedoch zu verneinen, da alle Mitarbeiter den gleichen allgemeinen Zugang benutzten und somit Rückschlüsse auf das Verhalten oder die Leistung einzelner Mitarbeiter nicht möglich seien.
Die Entscheidung des LAG geht damit in die entgegengesetzte Richtung dessen, was noch das Arbeitsgericht Düsseldorf ausgeurteilt hatte. Dieses hatte eine Mitbestimmungspflicht im Hinblick sowohl auf die Nutzerpostings als auch die Pflege der facebook-Seite durch Mitarbeiter bejaht.
Hinweise für die Praxis
Die Entscheidung zeigt, dass zahlreiche neue Medien und Nutzungen es erforderlich machen, über die bekannten Kriterien, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht oder nicht, neu nachzudenken. Dabei stellt sich die Frage, ob es für ein Beschwerdemanagement darauf ankommen kann, ob dieses über eine facebook-Seite oder aber beispielsweise per klassischer E-Mail-Korrespondenz oder schriftlichem Fragebogen erfolgt. Das LAG Düsseldorf hat sich in dieser Frage im Interesse der Arbeitgeber technikfreundlich positioniert. Angesichts der ebenfalls gut begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf bleibt jedoch abzuwarten, ob dies das letzte Wort in der Streitfrage ist.
Arbeitgebern ist ungeachtet der Entscheidung weiterhin zu raten, jede Art von Techniknutzung, die möglicherweise zu einer Verhaltenskontrolle genutzt werden könnte, vorsorglich vor Einführung mit dem Betriebsrat abzustimmen. Die Entscheidung des LAG Düsseldorf kann allenfalls in einzelnen Fällen helfen, in denen eine Nutzung neuer Medien mit ganz anderen Zielen als einer Mitarbeiterüberwachung erfolgt. Auch hier bleibt die Abgrenzung aber unsicher, da es im Rahmen von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG gerade nur auf eine grundsätzliche Möglichkeit von Verhaltenskontrolle ankommt, nicht jedoch auf eine dahingehende Zielsetzung des Arbeitgebers.