EU-Kommission: Vorschlag für eine neue EU-Arzneimittelgesetzgebung
Veröffentlicht am 2nd May 2023
Am 26. April 2023 hat die EU-Kommission den lang angekündigten Vorschlag für eine neue EU-Arzneimittelgesetzgebung veröffentlicht. Mit dem neuen Gesetzgebungsvorschlag soll die gesamte europäische Arzneimittelgesetzgebung überarbeitet werden.
Ziel ist es, auf europäischer Ebene einheitliche rechtliche Rahmenbedingungen für die Forschung, Entwicklung und Herstellung von Arzneimitteln zu schaffen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle europäischen Patienten dieselben Möglichkeiten haben, um von innovativen Therapien und Medikamenten zu profitieren. Allen Patienten soll deshalb gleichermaßen Zugang zu wirksamen und erschwinglichen Arzneimitteln verschafft werden. Daneben sollen die immer häufiger auftretenden Lieferengpässe von Medikamenten bestmöglich verhindert und die Versorgungssicherheit verbessert werden.
Ein zentraler Ansatz der EU-Kommission im Rahmen der Überarbeitung der Arzneimittelgesetzgebung ist es außerdem, das europäische Zulassungsverfahren von Arzneimitteln bestmöglich zu optimieren bzw. zu vereinfachen und so den gesamten Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Ziel ist es, die europäische Pharmaindustrie international konkurrenzfähig zu machen und die Entwicklung und Herstellung innovativer Arzneimittel in Europa voranzutreiben.
Bislang ist das europäische Zulassungsverfahren sehr zeit- und kostenaufwendig, was insbesondere kleinere und mittelgroße Unternehmen beeinträchtigt.
Um künftig effizienter europäische Zulassungen erteilen zu können, soll die Struktur der für die Zulassungen zuständigen Europäischen Arzneimittel Agentur (EMA) verbessert werden. So sollen künftig anstelle von sieben europäischen Ausschüssen nur der Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinical Products for Human Use, CHMP) und der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (Pharmacovigilance Risk Assessment Committee, PRAC) in den Zulassungsprozess involviert werden. Die EU-Kommission verspricht sich hiervon, dass doppelte Arbeit vermieden und die Effizienz des gesamten Verfahrens verbessert werden kann.
Neben dieser strukturellen Änderung ist angedacht, dass der vorgesehene Entscheidungszeitraum der EMA verkürzt wird. Während aktuell die durchschnittliche Dauer des europäischen Zulassungsprozesses ca. 400 Tage in Anspruch nimmt, soll die EMA künftig in nunmehr 180 Tagen über eine Zulassung entscheiden.
Daneben ist geplant, die digitale Einreichung von Zulassungsanträgen das Zulassungsverfahren zu vereinfachen und den Verwaltungsaufwand zu minimieren. Elektronische Patienteninformationen sollen ebenfalls Kosten einsparen.
Ein weiterer Ansatzpunkt der EU-Kommission ist die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der zentralen europäischen Zulassungen. Die Kommission sieht vor, die europäischen Zulassungen von Arzneimitteln künftig grundsätzlich auf unbestimmte Zeit zu erteilen. Aktuell ist die erteilte Zulassung im Regelfall nur für fünf Jahre gültig. Sofern nach Ablauf der fünf Jahre eine Verlängerung der Zulassung beabsichtigt ist, wird eine erneuten Überprüfung erforderlich. Durch die Abschaffung der Zulassungserneuerung verspricht sich die Kommission ebenfalls eine Reduktion des konstanten Verwaltungsaufwandes.
Auch wenn die Vereinfachung des gesamten Zulassungsverfahrens sowie die Idee einer innovativen europäischen Pharmaindustrie zu begrüßen ist, ist zweifelhaft, ob der vorgelegte Gesetzesentwurf zur Verwirklichung der angestrebten Ziele beitragen kann.
Neben den dargestellten Erleichterungen des Zulassungsverfahrens ist auch die Reduzierung des standardmäßigen Unterlagenverwertungsschutzes von acht Jahren auf sechs Jahren in dem Gesetzesentwurf vorgesehen. Eine solche Verkürzung der Datenexklusivität könnte allerdings entgegen der Intention der Kommission zu einer Schwächung der Innovationsfähigkeit der europäischen Pharmaindustrie führen.
In einem nächsten Schritt wird der Gesetzgebungsvorschlag im Parlament und im Rat diskutiert. Es bleibt also abzuwarten, welche regulatorischen Neuerungen in Zukunft auf die Pharmaindustrie zukommen werden.