Die Abkehr vom Einspeisetarif: Wettbewerbliche Bestimmung der Einspeisevergütung unter dem EEG 2017

Veröffentlicht am 8th Aug 2016

Seit dem 8. Juli 2016 steht der endgültige Wortlaut des EEG 2017 fest. Mit Beschluss von diesem Tag hat der Deutsche Bundesrat beschlossen, den Entwurf des EEG 2017 nicht dem Vermittlungsausschuss vorzulegen (Beschluss des Bundesrates (BR-Drs. 355/16(B)) v. 08.07.2016). Weitere Änderungen des Gesetzesentwurfs und eine erneute Beschlussfassung im Bundestag sind somit nicht zu erwarten. Der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Entwurf des „Gesetzes zur Einführung von Ausschreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Rechts der erneuerbaren Energien“ (BT-Drs. 18/8860) kann daher – vorbehaltlich der ausstehenden Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und der Verkündung im Bundesgesetzblatt – entsprechend der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Energie vom 8. Juli 2016 (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Energie (BT-Drs. 18/9096) v. 06.07.2016) mit Wirkung zum 01. Januar 2017 in Kraft treten.

Kernstück des reformierten Gesetzes ist der viel beschworene Paradigmenwechsel bei der finanziellen Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien, weg vom Einspeisetarif mit seiner gesetzlich festgelegten Höhe hin zu einer im freien Wettbewerb der Anbieter bestimmten Vergütungshöhe. Künftig wird der in EEG-Anlagen erzeugte Strom grds. nur noch bezahlt, wenn die Anlagen erfolgreich an einer Ausschreibung teilgenommen und einen Zuschlag erhalten haben. Konsequenterweise verabschiedet sich das EEG 2017 damit von grundlegenden Instrumenten, mit denen die Förderung der Erneuerbaren Energien seit dem Stromeinspeisegesetz (StrEG) von 1990 einhergegangen ist, wie z.B. der Pflicht der Netzbetreiber zur unverzüglichen vorrangigen Abnahme, Übertragung, Verteilung und Vergütung des gesamten angebotenen Stroms aus Erneuerbaren Energien.

Die Ausschreibungen werden durch die Bundesnetzagentur durchgeführt. Im Rahmen einer solchen Ausschreibung wird der jeweils Anspruchsberechtigte und der anzulegende Wert, d.h. die Gesamthöhe der sich aus Marktprämie und Direktvermarkungserlös zusammensetzenden Vergütung für Strom aus bestimmten Erzeugungsformen durch Zuschlag ermittelt. Hiervon sind Windenergieanlagen an Land sowie auf See, Solar- und Biomasseanlagen wie folgt betroffen:

a) Die ausgeschriebene Menge ist zukünftig das zentrale Mittel zur quantitativen Steuerung des Ausbaus. Der im EEG 2017 niedergelegte Ausbaukorridor sieht einen jährlichen Brutto-Zubau von Windenergieanlagen an Land mit einer installierten Leistung von jeweils 2.800 Megawatt (MW) in den Jahren 2017 bis 2019 und von jeweils 2.900 Megawatt ab 2020 vor.

Folgende Gebotstermine sind vorgesehen: 1. Mai 2017 (800 MW), 1. August 2017 (1.000 MW) und 1. November 2017 (1.000 MW). In den Jahren 2018 und 2019 sollen zu Gebotsterminen am 1. Februar, 1. Mai, 1. August und 1. Oktober dann jeweils 700 MW zu installierender Leistung ausgeschrieben werden. Ab 2020 erfolgt zum Februartermin eine Erhöhung des Ausschreibungsvolumens auf 1.000 MW und zu den Terminen Juni und Oktober auf jeweils 950 MW.

Vom Zuschlagserfordernis ausgenommen sind Windenergieanlagen an Land mit einer installierten Leistung bis einschließlich 750 Kilowatt (kW), Pilotwindenergieanlagen an Land mit einer installierten Leistung von insgesamt bis zu 125 MW sowie Anlagen, die vor dem 1. Januar 2019 in Betrieb genommen worden sind, vorausgesetzt, dass sie vor dem 1. Januar 2017 genehmigt worden sind. Allerdings steht es dem Genehmigungsinhaber frei, vor dem 1. März 2017 durch schriftliche Erklärung gegenüber der Bundesnetzagentur einen Verzicht auf den gesetzlich bestimmten Anspruch auf Zahlung zu erklären und sich an den Ausschreibungen zu beteiligen.

An den Ausschreibungen können nur Windenergieanlagen an Land teilnehmen, die bereits über eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz verfügen. Geboten wird jeweils auf einen Vergütungssatz auf Basis eines einstufigen Referenzertragsmodells. Um Netzengpässe in bestimmten Regionen nicht zu verschärfen, sollen Zuschläge für neue Windenergieanlagen in diesen Regionen mengenmäßig begrenzt werden. Weitere Sonderregelungen gelten für Bürgerenergiegesellschaften.

b) Bei den Windenergieanlagen auf See sind sowohl Pilotwindenergieanlagen als auch Anlagen, die vor dem 1. Januar 2017 eine unbedingte Netzanbindungszusage bzw. Anschlusskapazitäten erhalten und die vor dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen werden, vom Zuschlagserfordernis ausgenommen. Bis Ende 2020 soll eine Steigerung der installierten Leistung von Windenergieanlagen auf See auf 6.500 MW erreicht werden. Das bisher über das EEG, das EnWG, und die SeeAnlVO zersplitterte Zulassungs- und Förderregime für Windenergieanlagen auf See wird zukünftig in einem eigenen Windenergie-auf-See-Gesetzes zusammengeführt, das grds. für alle Anlagen gilt, die ab 2021 in Betrieb genommen werden. Flächen für zukünftige Offshore Windparks werden im sog. zentralen Modell (gültig ab 2026) staatlich voruntersucht. Für die Übergangszeit (d.h. Inbetriebnahmen bis 2026) werden am 1. März 2017 und 1. März 2018 Ausschreibungen durchgeführt, an der bestehende Projekt teilnehmen können. Stichtag für bestehende Projekte ist der 1. August 2016.

c) Nachdem das Ausschreibungsmodell zuvor erfolgreich in Pilotausschreibungsverfahren für Solaranlagen getestet wurde, erfolgt nun folgerichtigerweise auch für diese Erzeugungsform die Umstellung auf Ausschreibungen. Bei Solaranlagen beträgt das Ausschreibungsvolumen zu den jährlichen Gebotsterminen am 1. Februar, 1. Juni und 1. Oktober jeweils 200 MW zu installierender Leistung. Ausgenommen vom Zuschlagserfordernis sind Solaranlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 750 kW.

d) Bei Biomasseanlagen wird ebenfalls das Ausschreibungsmodell eingeführt. Das Ausschreibungsvolumen zu dem jährlichen Gebotstermin am 1. September beträgt in den Jahren 2017 bis 2019 jeweils 150 Megawatt zu installierender Leistung und in den Jahren 2020 bis 2022 jeweils 200 MW zu installierender Leistung. Ausgenommen sind dabei Anlagen mit einer installierten Leistung bis einschließlich 150 kW (mit Ausnahme bestimmter Bestandsanlagen) und Anlagen, die bis zum 1. Januar 2019 in Betrieb genommen werden, wenn sie vor dem 1. Januar 2017 genehmigt worden sind.

Nach Auffassung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie besteht bei den Technologien Wasserkraft, Geothermie, Deponie-, Klär- und Grubengas keine ausreichende Wettbewerbssituation, um erfolgreich Ausschreibungen einzuführen.

Fazit:

Der Systemwechsel vom gesetzlich fixierten Einspeisetarif zur wettbewerblich bestimmten Höhe der finanziellen Förderung für Strom aus Erneuerbaren Energien war bereits als Grundsatz des EEG 2014 bezeichnet worden. Allerdings waren Ausschreibungsgegenstand und das Ausschreibungsdesign unter dem EEG 2014 noch nicht genau umrissen und Gegenstand zahlreicher Spekulationen, die bei Investoren und sonstigen Marktteilnehmern eine spürbare Zurückhaltung bei der Realisierung neuer Projekte zur Folge hatte. Das EEG 2017 enthält nunmehr detaillierte Antworten auf zahlreiche Fragen. Dies ist aus Sicht von Investoren und anderen Projektbeteiligten zu begrüßen. An die Stelle von Spekulationen über das künftige Ausschreibungsdesign und die damit verbundene Investitionsunsicherheit sind verlässliche gesetzliche Vorgaben getreten, die länger als bis in die nächste Legislaturperiode hinein verbindlich sein dürften. Erfahrungen aus den ersten Ausschreibungsrunden und der damit verbundenen Projektrealisierung werden in den nächsten Monaten zeigen, ob das gefundene Ausschreibungsdesign den Ansprüchen der Praxis genügt und die gesetzgeberischen Ziele zu erreichen vermag.

Für alle rechtlichen Fragen rund um die Ausschreibungsverfahren für die einzelnen Technologiearten sowie alle sonstigen Bereiche des neuen EEG 2017 stehen Ihnen unsere Experten an allen unseren deutschen Standorten gerne zur Verfügung.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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