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Corporate Venture Capital (CVC) – erfolgreiche Strukturierung von CVC-Vehikeln und Umsetzung der Corporate Governance

Veröffentlicht am 25th Jan 2020

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1. Einführung 

Durch das Voranschreiten der digitalen Transformation geraten große und etablierte Konzerne, aber auch mittelständische Unternehmen zunehmend unter Wettbewerbs- und Innovationsdruck. Start-ups entwickeln disruptive Geschäftsmodelle, die mit traditionellen Modellen in Konkurrenz stehen beziehungsweise diese sogar zu ersetzen drohen. Die Beteiligung an Start-ups in Form von Corporate Venture Capital (CVC) schafft hier Abhilfe und ermöglicht traditionellen Unternehmen einen Zugang zu den aktuellsten Innovationen am Markt („window on technology“). 

Laut dem 2018 Global CVC Report lag der Umfang der CVC-Deals im Jahr 2018 weltweit bei 2.740 Beteiligungen mit einem Volumen von 53,0 Mrd. USD, wobei sich im Jahr 2018 diese Beteiligungen aufgrund der im Vergleich zu klassischen VC-Investoren noch geringeren finanziellen Möglichkeiten der meisten CVC-Einheiten häufig auf Seed- und Series-A-Finanzierungen beschränkten. CVC Investments machten im Jahre 2018 weltweit rund 23% aller Investitionen in Start-ups aus. Im internationalen Vergleich spielt Deutschland mit nur 5,3% aller Deals in den Jahren 2000 bis 2018 noch eine eher untergeordnete Rolle. Allerdings bieten mittlerweile alle DAX30-Unternehmen Start-up und Innovationsprogramme an und haben eigene CVC-Einheiten gegründet. Damit einhergehend stieg die Anzahl der CVC-Beteiligungen in Europa im ersten Halbjahr 2019 auf 426 Beteiligungen mit einem Volumen von 6,1 Mrd. EUR, während im gesamten Jahr 2018 das Volumen der CVC-Beteiligungen in Europa noch bei 8,8 Mrd. EUR lag.

Abb. 1 • Corporate Venture Capital-Aktivitäten und Innovationsprogramme der DAX30-UnternehmenQuelle: M&A Review

Unter dem Begriff Corporate Venture Capital lassen sich typischerweise drei Formen der Beteiligung und Zusammenarbeit zwischen Groß-, aber auch mittelständischen Unternehmen und Start-ups subsumieren. Neben der Beteiligung der CVC-Einheit an einem klassischen Venture-Capital-Fonds und dem Aufsetzen von Inkubator- oder Accelerator-Programmen ist die direkte oder mittelbare Eigenkapitalbeteiligung beziehungsweise Fremdkapitalfinanzierung von Start-ups durch die jeweilige CVC-Gesellschaft das häufigste am Markt zu findende Modell. Laut einer Umfrage der Tilburg University arbeiten bereits 58,5% der Start-ups mit Konzernen und mittelständischen Unternehmen zusammen.

Im Folgenden werden die verschiedenen möglichen Rechtsformen von CVC-Einheiten zur Beteiligung an Start-ups dargestellt und unter gesellschafts- und steuerrechtlichen Gesichtspunkten bewertet. Zudem werden die rechtlichen Herausforderungen bei der Umsetzung der Corporate Governance auf Ebene der Zielgesellschaft erläutert. 

2. Mögliche Gesellschaftsformen als Ausgangspunkt für Beteiligungen an Unternehmen

Es gibt verschiedene rechtliche Möglichkeiten, sich an geeigneten Zielunternehmen zu beteiligen. Eine Beteiligung kann entweder direkt oder indirekt über ein Investitionsvehikel erfolgen, wobei CVC-Gesellschaften normalerweise Minderheitsbeteiligungen an den Portfoliogesellschaften erwerben.

2.1 Direkte Beteiligung 

Die direkte Beteiligung an der Zielgesellschaft ist das rechtlich einfachste Konstrukt. Dabei erwirbt das Mutterunternehmen Anteile an der Portfoliogesellschaft und wird somit deren Gesellschafter, wobei jene in Deutschland meistens in der Rechtform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) organisiert ist. Als direkter Gesellschafter stehen dem CVC-Investor grundsätzlich alle gesetzlich vorgesehenen Vermögens-, Verwaltungs- und Kontrollrechte zu. Wie viel Einfluss der CVC-Investor konkret in der Zielgesellschaft hat, hängt größtenteils von der Höhe seiner Beteiligung ab. Wie bei klassischen Venture-Capital-Investments können gesonderte Bezugsrechte, ein Verwässerungsschutz und Liquidationspräferenzen geregelt werden. 

Aus steuerrechtlicher Perspektive ist eine direkte Beteiligung durchaus vorteilhaft. Gewinnausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an eine andere Kapitalgesellschaft sind grundsätzlich steuerfrei, sofern die Beteiligung am Zielunternehmen über 10% liegt (§ 8b Abs. 4 S. 1 KStG). Die Steuerfreiheit gilt grundsätzlich auch für Veräußerungsgewinne, wobei 5% der Ver-äußerungsgewinne als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten, die der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer unterliegen.

Eine direkte Beteiligung kommt in der Praxis eher selten vor, da sie mit Nachteilen verbunden ist. Zum einen fehlt es an der separaten Haftungsbegrenzung, und die direkte Beteiligung ist aus gesellschaftsrechtlicher Sicht unflexibel. Zum anderen führt eine direkte Einbindung der CVC-Einheit in das Mutterunternehmen häufig zu langwierigen Entscheidungsprozessen, was mit den zutreffenden Investitionsentscheidungen und der Kultur der flachen Hierarchieebenen eines Start-ups nur schwer vereinbar ist. Erfolgreiche CVC-Aktivitäten erfordern daher meistens eine strategische Neuausrichtung des Mutterunternehmens und eine agile Unternehmenskultur, und damit eine andere separate Unternehmensform. 

2.2 Indirekte Beteiligung 

Regelmäßig erfolgen die CVC-Tätigkeiten traditioneller Unternehmen durch die Bildung von separaten und rechtlich eigenständigen CVC-Einheiten. Diese CVC-Einheiten setzen sich nicht nur aus Mitarbeitern des Mutterunternehmens zusammen, sondern häufig auch aus externen Venture-Capital-Experten. Durch die Loslösung der CVC-Einheiten vom Mutterunternehmen kann der CVC-Investor flexibler und schneller agieren. Die CVC-Einheiten unterscheiden sich von den klassischen VC-Gesellschaften in diesem Fall hauptsächlich dadurch, dass das Mutterunternehmen der einzige Geldgeber der CVC-Gesellschaft ist. In Deutschland existieren bereits mehr als 70 solcher separaten CVC-Einheiten.

(1) Indirekte Beteiligung über eine Kapitalgesellschaft (GmbH) 

Die Beteiligung über eine GmbH ist das Grundmodell. Das Mutterunternehmen hält dabei 100% der Anteile an der CVC-GmbH. Die CVC-GmbH hält wiederum die Anteile am Zielunternehmen. Für die vertragliche Ausgestaltung des Investments zwischen der CVC-GmbH und dem Zielunternehmen gilt dasselbe wie bei direkter Beteiligung des Mutterunternehmens. Der rechtliche Vorteil einer indirekten Beteiligung liegt darin, dass die Haftung bezüglich der Beteiligung am Zielunternehmen auf die CVC-GmbH begrenzt und die separate Einheit gesellschaftsrechtlich flexibler ist. Nachteilig ist, dass durch das Grundmodell eine weitere Besteuerungsebene geschaffen wird. Im Hinblick auf die steuerliche Belastung der CVC-GmbH gelten die obigen Ausführungen jedoch entsprechend, das heißt grundsätzlich sind die Veräußerungsgewinne steuerfrei, wobei 5% der Veräußerungsgewinne als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gelten, die zu versteuern sind.

Die zweite Besteuerungsebene kann dadurch ausgeglichen werden, dass eine Organschaft zwischen dem Mutterunternehmen und der CVC-GmbH gebildet wird. Eine Organschaft ist eine Besteuerungseinheit, die sich aus zwei selbstständigen Unternehmen, nämlich dem Organträger und der Organgesellschaft, zusammensetzt. Beide Unternehmen bilden einen einheitlichen Steuerpflichtigen, so dass Steuern im vorliegenden Fall nur noch auf der Ebene des Mutterunternehmens anfallen. Voraussetzung für die Bildung einer Organschaft ist gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 KStG der Abschluss eines Ergebnisabführungsvertrags zwischen Organträger und Organgesellschaft, wonach sich letztere verpflichtet, ihren Gewinn an den Organträger abzuführen. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 KStG muss der Ergebnis abführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während diesem Zeitraum auch tatsächlich durchgeführt werden.

(2) Indirekte Beteiligung über die Unternehmensbeteiligungsgesellschaft (UBG) 

Eine indirekte Beteiligung ist auch über eine Unternehmensbeteiligungsgesellschaft (UBG) möglich. Eine UBG muss gemäß § 1a Abs. 1 UBGG als solche von der zuständigen Behörde anerkannt sein. Sie kann auch in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft betrieben werden. Das UBGG schafft keine eigene neue Rechtsform, sondern knüpft an das Bestehen einer bestimmten Unternehmensform an. Die UBG bietet aber steuerliche Vorzüge: Sofern sie anerkannt ist, ist die UBG nach § 3 Nr. 23 GewStG von der Gewerbesteuer befreit. Im Übrigen gelten jedoch die normalen körperschaftsteuerlichen Regelungen, sofern die UBG in der Rechtsform der GmbH oder AG organisiert ist.

Das UBGG regelt bestimmte Anlage- und Beteiligungsgrenzen. Unterschieden wird zwischen offenen und integrierten Unternehmensbeteiligungsgesellschaften. Im Gegensatz zur integrierten UBG darf die offene UBG nach § 7 Abs. 1 S. 1 UBGG nach spätestens fünf Jahren nicht mehr als Tochterunternehmen des Mutterunternehmens organisiert sein. Im Gegensatz dazu darf die integrierte UBG sich gemäß § 4 Abs. 4 S. 1 UBGG wiederum nur an Unternehmen beteiligen, bei denen mindestens einer der zur Geschäftsführung Berechtigten eine natürliche Person und mit mindestens 10% an den Stimmrechten des Unternehmens beteiligt ist. 

In der Praxis problematisch ist, dass die Unternehmensbeteiligungsgesellschaft nur solchen Unternehmen Darlehen gewähren kann, an denen sie bereits beteiligt ist, vgl. § 3 Abs. 2 UBGG. Sofern die Unternehmensbeteiligungsgesellschaft nicht bereits am Start-up beteiligt ist, ist es ihr somit nicht möglich, dem jeweiligen Startup ein für die Frühphasenfinanzierung häufig verwendetes Wandeldarlehen zu gewähren. Im Ergebnis führt dies dazu, dass die Unternehmensbeteiligungsgesellschaften in der Praxis nur selten vertreten sind und sich vor allem im Bereich von Sparkassen und Banken finden, da hier die Gewährung von Darlehen an das Portfoliounternehmen häufig gerade nicht gewünscht ist, um eine Anwendung der Eigenkapitalersatzregelungen zu vermeiden.

(3) Indirekte Beteiligung über eine Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) 

Eine weitere mögliche Variante einer CVC-Beteiligung ist die indirekte Beteiligung über eine Personengesellschaft in Form der GmbH & Co. KG. Komplementäre und Kommanditisten müssen keine natürlichen Personen sein. In: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 38. Aufl., München, 2018, Rn. 3, 4.] Für diese Variante muss sowohl eine Kommanditgesellschaft als auch eine Komplementär-GmbH gegründet werden. Dabei hält die CVC-GmbH & Co. KG die Anteile am Zielunternehmen. Das Mutterunternehmen hält alle Anteile an der GmbH & Co. KG und an der Komplementär-GmbH. 

Die Beteiligung über eine GmbH & Co. KG hat gegenüber der GmbH gleich mehrere Vorteile:

  1. die notwendige gesellschaftsrechtliche Flexibilität,
  2. eine Haftungsbegrenzung für das Mutterunternehmen,
  3. die steuerliche Transparenz als Personengesellschaft und
  4. die relativ einfache Gründung der GmbH & Co. KG ohne weiteres Beurkundungserfordernis.

Nachteil dieser Konstellation ist, dass mit der Gründung der Komplementär-GmbH und der GmbH & Co. KG die Beteiligungsstruktur komplexer und administrativ aufwendiger wird. 

(4) Indirekte Beteiligung mit Kapitalbeteiligung des Managements 

Am komplexesten gestaltet sich eine indirekte Beteiligung der CVC-Einheit mit einer Kapitalbeteiligung des Managements. Zunächst wird im Wesentlichen das vorherige Modell, die indirekte Beteiligung über eine CVC-GmbH & Co. KG, konstruiert. Allein die CVC-GmbH & Co. KG hält hier die Anteile am Zielunternehmen. Allerdings kommt noch eine weitere Gesellschaft als Carry-Vehikel hinzu, in der das Management gebündelt wird und die eine individuelle Aufteilung des Gewinns („Carry“) zwischen den Mitgliedern des Managements ermöglicht. Aufgrund der oben unter (3) dargestellten Vorteile wird für das Carry-Vehikel üblicherweise ebenfalls die steuerliche transparente Personengesellschaft in Form der Kommanditgesellschaft gewählt, die zugleich eine beschränkte Haftung des Managements ermöglicht. Das Carry-Vehikel wird neben dem Mutterunternehmen als Kommanditist mit einer Kapitalbeteiligung an der CVC-GmbH & Co. KG beteiligt („skin in the game“). Die Komplementär- GmbH ist nicht am Vermögen der CVC-GmbH & Co. KG beteiligt und wird zu 100% von der Kapitalverwaltungsgesellschaft in Form der Management GmbH gehalten, die zugleich geschäftsführender Kommanditist der CVC-GmbH & Co. KG und des Carry-Vehikels ist. Letzteres ist auch steuerlich sinnvoll, da nach Auffassung der Finanzverwaltung auf diese Weise eine gewerbliche Prägung der CVC-GmbH & Co. KG beziehungsweise des Carry-Vehikels vermieden wird und somit keine Gewerbesteuer anfällt.

Abb. 2 • Indirekte Beteiligung mit Kapitalbeteiligung des ManagementsQuelle: M&A Review

Die Gewinnbeteiligung des Managements erfolgt üblicherweise kapitaldisproportional. Typischerweise liegt der Carry bei circa 20% des Gesamtergebnisses.24 Im Rahmen des Fondsvertrages sind die weiteren Einzelheiten der Ausschüttung des Gewinns zu regeln, insbesondere in welchem Umfang Gewinne aus den Beteiligungen der CVC-Gesellschaft für Reinvestitionen einbehalten werden dürfen und ob dem Mutterunternehmen eine etwaige Vorzugsrendite zustehen soll („Hurdle Rate“). Bei der Berechnung des Carry gibt es zwei Grundmodelle: Entweder es werden sämtliche Investitionen während der gesamten Fondslaufzeit bei der Gewinnbeteiligung berücksichtigt oder aber es wird jeweils nur auf den einzelnen Exit abgestellt. Aus Sicht des Mutterunternehmens ist die Gesamtbetrachtung vorzugswürdig, da anderenfalls das Management frühzeitig Carry-Zahlungen erhält, obwohl spätere Investments eventuell weniger erfolgreich sind, was wiederum später – nach Abzug von Steuern – auszugleichen ist („Carry Clawback“). Eine späte Zahlung des Carry kann sich jedoch wiederum nachteilig auf die Motivation des Managements auswirken. 

Im Ergebnis bietet diese Fondsstruktur den Vorteil, dass das Management der CVC-Einheit am Erfolg der CVC-Gesellschaft beteiligt wird und dadurch ein weiterer Anreiz für das Management geschaffen wird, möglichst hohe Gewinne der CVC-Gesellschaft zu erzielen. Gleichzeitig stellt die Kapitalbeteiligung sicher, dass das Management auch am wirtschaftlichen Risiko der CVC-Gesellschaft partizipiert. Die „Fondsstruktur“ ermöglicht einen Interessengleichlauf zwischen den Interessen der Manager und des CVC-Investors, der durch eine bloße vertraglich vereinbarte Vergütung des Managements (gegebenenfalls mit zusätzlichen Boni bei Erreichen festgelegter Zielvorgaben) nicht erreicht werden kann. 

3. Umsetzung der CorporateGovernanceauf Ebene der Portfoliogesellschaften 

Unter dem Begriff der Corporate Governance werden allgemeine Grundsätze zur ordnungsgemäßen Unternehmensführung zusammengefasst. Diese Grundsätze richten sich zwar nach § 161 AktG primär an börsennotierte Unternehmen, deren Befolgung wird jedoch auch nicht börsennotierten Unternehmen empfohlen. Ein CVC-Investor hat vor diesem Hintergrund ein Interesse daran, auch in seinen Portfoliounternehmen seine Corporate-Governance-Grundsätze zu implementieren. Schließlich wirkt sich eine der Corporate Governance des Mutterunternehmens widersprechende Unternehmensführung innerhalb des Portfoliounternehmens auch nachteilig auf die Muttergesellschaft aus. Die folgende Darstellung fokussiert sich auf die Grundpfeiler einer Corporate-Governance-Implementierung im Start-up-Portfoliounternehmen, ohne Anspruch darauf, sämtliche Aspekte und Themen des Beteiligungsvertrages zu behandeln.

(1) Compliance, Due Diligence und Garantien 

Zwar kann jedes Unternehmen, gleich welcher Größe, bei Compliance-Verstößen Schadensersatzansprüchen und/oder Bußgeldern ausgesetzt sein. Während im Mutterunternehmen jedoch meistens schon ein beständiges Compliance-Management-System implementiert ist, steht das Streben nach Agilität im Start-up einer solchen Implementierung zunächst oft diametral entgegen. Feste Strukturen sollen in Start-ups vermieden werden, um Prozesse zu beschleunigen und beweglicher zu gestalten.

In späteren Phasen eines Start-ups jedoch geraten die Themen rund um die Bereiche Datenschutz, Regulatorik und zunehmend auch Cyber Security und Verbraucherschutz aufgrund des Risikos etwaiger zum Teil hoher Bußgelder verstärkt in den Fokus. Auch bei Exits von Start-ups liegt hier zunehmend der Schwerpunkt von Due-Diligence-Prüfungen und Garantiekatalogen in Unternehmenskaufverträgen, so dass seitens der Gesellschafter auch bei Start-ups auf eine Datenschutz- und Verbraucherschutz- sowie IT-Compliance geachtet wird, um später im Exit-Prozess möglichst keine Bewertungsanpassungen oder umfangreiche Freistellungen akzeptieren zu müssen. 

(2) Beirat und Zustimmungserfordernisse 

Als wichtiger Bestandteil einer Corporate Governance hat sich die Bildung eines Beirats etabliert. Die meisten Start-ups in Deutschland sind als GmbH organisiert, deren gesetzlich vorgesehenen Organe sich auf die Geschäftsführung und die Gesellschafterversammlung beschränken. Daneben besteht jedoch die Möglichkeit, einen organschaftlichen oder zumindest schuldrechtlichen Beirat einzurichten. Beide Arten von Beiräten können Beratungs-, Überwachungs-, aber auch Geschäftsführungsfunktionen übernehmen. So wie das Geschäftsführungsorgan kann auch der Beirat mit gesellschaftsfremden Dritten besetzt werden. CVC-Investoren sichern sich ihren Einfluss auf das Portfoliounternehmen unter anderem dadurch, dass ihnen in der Gesellschaftervereinbarung oder im Gesellschaftsvertrag das Recht gewährt wird, (mindestens) ein Beiratsmitglied und/oder einen sogenannten Beobachter („Observer“) in den Beirat zu entsenden. Ein weiteres Merkmal guter Corporate Governance ist Transparenz. Diese wird vor allem durch die Vereinbarung von umfangreichen Informationsrechten und -pflichten geschaffen. 

Der Corporate Governance Kodex wird insbesondere bei der Auslegung gesellschaftsrechtlicher Generalklauseln wie § 43 GmbHG oder § 93 AktG relevant. Gemäß der Business Judgement Rule ist entscheidend, ob das jeweilige Geschäftsführungsorgan Entscheidungen zum Wohle der Gesellschaft und – auf Grundlage von angemessener Information – vernünftigerweise getroffen hat. Dieser gesetzliche Maßstab lässt Vorständen und Geschäftsführern einen großen Spielraum, welcher durch Zustimmungsrechte vertraglich eingegrenzt werden kann. Dementsprechend finden sich regelmäßig spezielle Mehrheitserfordernisse, Vetorechte einzelner Gesellschafter und Zustimmungsvorbehalte seitens der Gesellschafterversammlung oder des Beirats in Gesellschaftervereinbarungen und Gesellschaftsverträgen von (C)VC-finanzierten Startups. 

(3) Vesting 

Für CVC-Investoren ist es zudem von besonderer Bedeutung, das Management des Start-ups möglichst lange zur Beachtung der Corporate Governance zu verpflichten. 

Ein Mittel zur Umsetzung dieser Vorgaben ist die Vereinbarung von Vesting-Regelungen im Beteiligungsvertrag. Überwiegend wird das Vesting durch die Abtretung von Gründeranteilen – aufschiebend bedingt auf den Eintritt eines vorher definierten Ereignisses vor Ablauf der meist drei oder vier Jahre dauernden Vesting-Periode – umgesetzt. 

Besonders praxisreleveant ist das Ereignis der Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags oder Anstellungsvertrags des Gründers aus wichtigem Grund. Dabei kann ein solcher Grund unter anderem in einem(erheblichen) Verstoß des Gründers gegen einen Code of Conduct oder andere Compliance-Richtlinien (des Corporates) bestehen. 

4. Zusammenfassung

Die indirekte Beteiligung des Mutterunternehmens über ein Beteiligungsvehikel entspricht am ehesten sowohl den Interessen des CVC-Investors als auch denen des Zielunternehmens. Welche konkrete Gesellschaftsform für das Beteiligungsvehikel zu wählen ist, hängt von den jeweiligen Interessen des Mutterunternehmens ab. Insbesondere die Frage, ob das Management an den Gewinnen (und Verlusten) der CVC-Einheit beteiligt werden soll, ist hier entscheidend. Letztendlich besteht die Herausforderung für CVC-Investoren darin, eine Beteiligungsform zu finden, die größtmögliche Agilität bietet und zügige Entscheidungsprozesse ermöglicht. 

Die internen Anforderungen des Mutterunternehmens an die Corporate Governance sollten das jeweilige Start-up nicht vor zu große Herausforderungen stellen, aber dennoch gewahrt sein. Für Start-ups ist entscheidend, dass das rechtliche Konstrukt des CVC-Investors schnellen Fortschritt zulässt und die vertragliche Dokumentation einen Zugang zu technologischem Know-how, Produktions- und Entwicklungsressourcen, Vertriebskanälen und Kooperationspartnern („smart money“) des CVC-Investors gewährt. 

Nicht zuletzt sollte der Beteiligungsvertrag zwischen sämtlichen beteiligten Stakeholdern (insbesondere Gründern, Business Angels, VCs und CVCs) einen möglichst weitgehenden Interessengleichlauf herstellen, welcher die Wertsteigerung des Start-ups im Fokus hat. 

 

Dieser Fachartikel ist im Original erschienen in der Fachzeitschrift M&A Review

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* This article is current as of the date of its publication and does not necessarily reflect the present state of the law or relevant regulation.

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