Berliner Mietendeckel kompakt
Veröffentlicht am 24th Okt 2019
Der Berliner Senat, bestehend aus den Senatorinnen und Senatoren der Koalitionsparteien SPD, DIE LINKE und BÜNDNIS 90/ Die Grünen, hat gestern den Entwurf eines „Gesetzes zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung“ beschlossen. Das Gesetzesvorhaben hat damit einen weiteren Schritt in Richtung Umsetzung genommen. Das Gesetz enthält den seit Monaten heftig umstrittenen sogenannten „Mietendeckel“. Dieser Beitrag stellt die Eckpunkte des Gesetzes sowie die sich hieraus für Vermieter und Mieter ergebenden Konsequenzen kompakt zusammen.
1. Mietobergrenzen
Das Gesetz sieht einen umfassenden Mietendeckel in Form von Mietobergrenzen vor, wobei diese bei maximal kalt 9,80 EUR/m² liegt. Lediglich Neubauten (erstmalig bezugsfertig ab 2014) sind gänzlich von den Mietobergrenzen ausgenommen. In Abhängigkeit von den Kriterien der Bezugsfertigkeit und der Ausstattung legt das Gesetz eine Mietobergrenze fest, die eine Spannbreite 3,92 EUR/m² bis zu der genannten Maximalhöhe von 9,80 EUR/m² hat.
Eine über den Mietobergrenzen liegende Miete darf ein Vermieter ab Januar 2020 nicht mehr verlangen. Bei Verstößen drohen Geldbußen von bis zu EUR 500.000.
2. Zulässige Zuschläge
Folgende Zuschläge können auf die Mietobergrenzen aufgeschlagen werden:
- Ab dem Jahr 2022 kann die Miete zum Ausgleich der Inflation um 1,3 % pro Jahr angehoben werden.
- Für Wohnraum mit „moderner Ausstattung“ erhöht sich die Mietobergrenze um 1 EUR/m². Eine moderne Ausstattung liegt vor, wenn der Wohnraum wenigstens drei der folgenden fünf Merkmale aufweist:
- schwellenlos von der Wohnung und vom Hauseingang erreichbarer Personenaufzug
- Einbauküche
- hochwertige Sanitärausstattung
- hochwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume und/oder
- Energieverbrauchskennwert von weniger als 120 kWh/(m²a).
- Bestimmte Modernisierungsmaßnahmen (z.B. für mehr Barrierefreiheit oder Klimaschutz) dürfen auf die Mieter umgelegt werden. Die Umlage ist jedoch auf 1 EUR/m² begrenzt und muss bei der zuständigen Behörde angezeigt werden. Für darüberhinausgehende Modernisierungskosten sollen Förderprogramme genutzt werden. Eine Umlage der Kosten auf die Mieter ist nicht zulässig.
- Bei wirtschaftlichen Härtefällen der Vermieter können Mieterhöhungen von der zuständigen Behörde genehmigt werden, wenn das zur Vermeidung der Substanzgefährdung und von Verlusten zwingend erforderlich ist.
3. Wiedervermietung
Bei der Wiedervermietung von Wohnungen darf höchstens die zum Stichtag am 18. Juni 2019 wirksam vereinbarte Miete aus dem vorherigen Mietverhältnis verlangt werden (Vormiete). Liegt diese Vormiete über der Mietobergrenze, ist sie darauf zu kappen. Liegt die Miete einer modern ausgestatteten Wohnung besonders niedrig (unter 5,02 EUR/m²), darf diese bei Wiedervermietung um maximal 1 EUR/m² auf maximal 5,02 EUR/m² angehoben werden.
4. Bestehende Mietverhältnisse
In bestehenden Mietverhältnissen sollen Mieter ihre Miete kappen können, wenn diese um mehr als 20 % über der zulässigen Mietobergrenze liegt. Dabei werden Zu- und Abschläge für einfache Lage (-28 ct/m²), mittlere Lage (-9 ct/m²) und gute Lage (+74 ct/m²) berücksichtigt. Die Regelungen sollen ab 9 Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes angewendet werden können.
5. Zuständigkeit
Zuständig für die Maßnahmen des Gesetzes sind die Berliner Bezirksämter. Es liegt in der Zuständigkeit dieser Bezirksämter, die Einhaltung der Mietobergrenzen zu überwachen, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen und die Miete bei bestehenden Mietverträgen herabzusetzen. Es handelt sich bei dieser gesetzlichen Regelung also um eine solche nach öffentlichem Recht, nicht nach dem Privatrecht. Für den dadurch entstehenden zusätzlichen Verwaltungsaufwand sollen 250 neue Stellen bei der Berliner Verwaltung geschaffen werden.
6. Inkrafttreten/Laufzeit
Das Gesetz soll Anfang 2020 in Kraft treten und ist zunächst auf 5 Jahre befristet.
7. Ausblick
Es ist zu erwarten, dass das Gesetz alsbald nach dem geplanten Inkrafttreten den Verfassungsgerichten zur Entscheidung vorgelegt werden wird. Seitens der Immobilienwirtschaft – etwa durch den Eigentümerverband Haus & Grund – wurde bereits die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht angekündigt. Union und FDP im Bundestag sowie im Berliner Abgeordnetenhaus haben zudem eine Normenkontrollklage beim Verfassungsgerichtshof des Landes Berlins in Aussicht gestellt. Der Ausgang solcher Verfahren ist derzeit offen.
Die Durchsetzung der Rechte von Vermietern und Mietern gegenüber den Bezirksämtern und den Verwaltungsgerichten dürfte sich trotz der geplanten neuen Stellen als problembehaftet erweisen. Investoren, Wohnungsgesellschaften und private Vermieter sollten sich daher ebenso wie Mieter rechtzeitig vor Inkrafttreten des Gesetzes rechtlich beraten lassen, um ihre Rechte bestmöglich durchzusetzen bzw. wahren zu können.