Benachteiligung wegen des Geschlechts bei einer Bewerbung
Veröffentlicht am 7th Okt 2014
Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 18. September 2014 (8 AZR 753/13) entschieden, dass bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts die besondere Benachteiligung durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden kann. Die herangezogene Statistik müsse allerdings für die umstrittene Fallkonstella-tion aussagekräftig sein.
Der Sachverhalt
Die Beklagte betreibt einen lokalen Radiosender und suchte im Frühjahr 2012 für eine Vollzeitstelle eine Buchhaltungskraft mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung.
Die Klägerin bewarb sich auf diese Stelle im April 2012 und wies in ihrem Lebenslauf auf ihre Ausbildungen zur Verwaltungsfachfrau und zur Bürokauffrau hin. Zudem gab die Klägerin in ihrem Lebenslauf wörtlich Folgendes an: “Familienstand: verheiratet, ein Kind”.
Anfang Mai 2012 erhielt die Klägerin von der Beklagten eine Absage. Auf dem zurückgesandten Lebenslauf war neben der Textzeile “Familienstand: verheiratet, ein Kind” handschriftlich Folgendes hinzugefügt: “7 Jahre alt!”: Ferner war dieser handschriftliche Zusatz und die von der Klägerin stammende Angabe „ein Kind“ unterstrichen.
Die Klägerin sieht sich als Mutter eines schulpflichtigen Kindes, die eine Vollzeitbeschäftigung anstrebt, benachteiligt. Die Notiz der Beklagten auf dem Lebenslauf der Klägerin spreche dafür, dass die Beklagte Vollzeittätigkeit und die Betreuung eines siebenjährigen Kindes nicht oder nur schlecht für vereinbar halte. Die Beklagte hat eine Entschädigung wegen einer Benachteiligung aufgrund des Geschlechts abgelehnt. Sie hat insbesondere darauf verwiesen, eine junge verheiratete Frau eingestellt zu haben, die über eine höhere Qualifikation als die Klägerin verfüge.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Entschädigung nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz in Anspruch genommen. Das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG) hat der Klägerin aufgrund einer mittelbaren Diskriminierung mit Urteil vom 6. Juni 2013 (11 Sa 335/13) eine Entschädigung in Höhe von EUR 3.000,00 zugesprochen.
Die Entscheidung
Die anschließende Revision der Beklagten vor dem achten Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatte Erfolg.
Das BAG hat entschieden, dass bei einer mittelbaren Benachteiligung wegen des Geschlechts die besondere Benachteiligung des einen Geschlechts durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden kann. Die herangezogene Statistik muss aussagekräftig, d. h. für die umstrittene Fallkonstellation gültig sein.
Die im vorliegenden Fall vom LAG herangezogene Statistik für den Anteil von Ehefrauen mit Kind an der Gesamtzahl der Vollbeschäftigten lässt nach Auffassung des BAG gerade keine Aussagen für den Fall der Klägerin zu.
Das BAG hat weiter festgestellt, dass das LAG als Tatsachengericht nun zu prüfen habe, ob in dem Verhalten der Beklagten nicht eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin als Frau zu sehen ist. Dies erfordere insbesondere eine Auslegung des Vermerks auf dem zurückgesandten Lebenslauf.
Hinweise für die Praxis
Das BAG hat mit seiner Entscheidung festgestellt, dass bei einer mittelbaren Benachteiligung die besondere Benachteiligung durch ein dem Anschein nach neutrales Kriterium mit einem Verweis auf statistische Erhebungen dargelegt werden kann. Im Falle eines Rechtsstreits über eine mittelbare Diskriminierung können daher auch statistische Erhebungen berücksichtigt werden.
Zudem empfiehlt es sich, auf Kommentare und Unterstreichungen in Originalbewerbungsunterlagen generell zu verzichten, da jede Hervorhebung grundsätzlich als Indiz für ein diskriminierendes Motiv gewertet werden kann.