Akustik im modernen Büro: Wohin mit dem Lärm?

Veröffentlicht am 20th Okt 2017

Moderne Büros leben von offener Raumgestaltung und multifunktionalen Räumen; das klassische Einzelbüro hingegen ist zurzeit weniger gefragt. Modelle wie Desksharing sparen Platz und reduzieren Mietkosten. Doch mehr Offenheit, Flexibilität und einfachere Kommunikation sorgen auch für mehr Lärm, Stress und eine steigende Fehlerquote. Auch rechtlich ist dies ein kniffliges Thema, das nicht selten zu Konflikten zwischen Mieter und Vermieter führt.

Flächeneffizienz zulasten akustischer Qualität?

Ausschlaggebend für den Geräuschpegel ist unter anderem der sogenannte Nachhall. Er bezeichnet die Abnahme eines Schalls, nachdem eine Schallquelle abgeschaltet wurde. Wird er nicht ausreichend absorbiert, beeinträchtigt er die Konzentrationsfähigkeit. Ob wir dies als unangenehm empfinden, ist abhängig von der Nachhallzeit. Sie bezeichnet die Zeit, in der ein Schalldruckpegel um 60 dB abnimmt und wird bestimmt durch Raumvolumen sowie Schallabsorptionsvermögen des Raumes.

Die ideale Nachhallzeit ist abhängig von der Raumnutzung. In Büroräumen sollte die Nachhallzeit nicht über ein gewisses Maß hinausgehen, um die Sprachverständlichkeit und die Konzentrationsfähigkeit nicht negativ zu beeinflussen. Die Werte werden insbesondere beeinflusst durch die Größe und Höhe des Raumes. Mit zunehmender Höhe wird der Raum in der Regel halliger, die Sprachverständlichkeit nimmt ab. Richtwerte für die Größe eines Büroraums pro Mitarbeiter geben die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) vor.

Möbel sind Schallschlucker

Bei langen Nachhallzeiten überlagern sich die einzelnen Bürogeräusche, da sie nicht schnell genug abschwächen. Dadurch nimmt unter anderem die Sprachverständlichkeit ab. Feste Grenzwerte einer bestimmten Nachhallzeit in Büroräumen gibt es derzeit nicht, lediglich Soll-Werte nach der DIN 18041 (Stand 2016). Gerichte berücksichtigen aber Werte aus DIN-Normen bei der Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt. Dabei ziehen sie die DIN-Normen als Anhaltspunkte für die Einhaltung der Regeln der Technik heran.

Die Messergebnisse sind abhängig davon, ob es sich um einen möblierten oder unmöblierten Raum handelt. Ein leerer Raum hallt mehr, als ein möblierter.

Um die Soll-Werte der Nachhallzeit in einem unmöblierten Raum zu erreichen, können besondere Schallabsorber angebracht werden, beispielsweise im Deckenbereich. Bei Messungen im möblierten Raum sind die Möglichkeiten der Reduktion größer. Auf die Möblierung des vermieteten Büroraumes hat der Vermieter im Regelfall der unmöblierten Vermietung keinen Einfluss. Auch gibt es keine Vorschriften zur standardisierten Einrichtung.

Die Berechnungsformel spricht jedenfalls dafür, dass die Nachhallzeit im möblierten Raum ausschlaggebend ist, da alle Schallabsorptionsflächen in die Berechnung mit einbezogen werden.

Großer Raum, große Probleme?

Sowohl der Vermieter als auch der Mieter selbst, der als Arbeitgeber gegenüber seinen Angestellten fungiert, können für die Raumakustik verantwortlich gemacht werden.

Für die Verantwortlichkeit des Vermieters spricht, dass er die Räume gerade als Büroräume vermietet. Daher wäre es naheliegend, ihm die Einhaltung Soll-Werte aufzuerlegen. Im Fall einer deutlichen Abweichung von den Soll-Werten könnte der Vermieter verpflichtet sein, auf seine Kosten raumakustische Nachbesserungen durchzuführen.

Werden die Büroräume unmöbliert vermietet und richtet der Mieter sie nur mit einem Schreibtisch und einem Stuhl ein und das bei einer Grundfläche von 400 qm, hallt das Büro mehr, als bei einer umfassenderen Möblierung. Bei einer Verantwortlichkeit des Vermieters für die Raumakustik, müsste er die Einrichtung in Abstimmung mit dem Mieter bei der Planung berücksichtigen.

Gerade durch neue Bürokonzepte, wie Multispace Büros und Desksharing sind Mieter freier in ihren Gestaltungsmöglichkeiten. Multispace Büros leben davon, dass sie offen gestaltet, dabei jedoch in unterschiedliche Bereiche, wie Arbeitsplätze, Kommunikationsinseln, Entspannungsbereiche, aufgeteilt sind. Gerade die Offenheit und die unterschiedlichen Nutzungen führen aber schnell zu mehr störenden Geräuschen und unangenehmen Hall.

Eine solche gestalterische Freiheit kann nicht zu Lasten des Vermieters gehen. Wird der Nachhall in den Büroräumen zu groß oder ist konzentriertes Arbeiten durch den Geräuschpegel nicht mehr möglich, muss der Mieter durch passende Maßnahmen für ein produktives Arbeitsumfeld sorgen.

Urteile zur Verantwortlichkeit im Hinblick auf Nachhall gibt es bislang nicht. Eine ähnliche Problematik – die Verantwortlichkeit für hohe Temperaturen in gewerblichen Mieträumen im Sommer – führte hingegen bereits zu gerichtlichen Entscheidungen. Die Rechtsprechung stellt hier teilweise auf die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien und den baulichen Zustand des Gebäudes ab. Ob Richtwerte, beispielsweise aus Arbeitsschutzrichtlinien eingehalten würden, sei irrelevant für das Verhältnis Vermieter und Mieter. Das Gericht führt aus: „Sommerliche Hitze durch Sonneneinstrahlung in einem nicht baurechtswidrigen Gebäude ist Teil des allgemeinen Lebensrisikos und kein Mangel, soweit der Vermieter nicht erkennbar eine Klimatisierung oder besondere Dämmung des Gebäudes zugesagt hat.“ Andererseits ziehen die Gerichte jedoch auch die Arbeitsstättenverordnung zur Beurteilung einer Mangelhaftigkeit der Mietsache heran, woraus sich eine Verantwortlichkeit des Vermieters ergibt.

Übertragt man die vermieterfreundlichen Urteile zur Wärmeentwicklung in gewerblichen Mieträumen im Sommer auf die Nachhallproblematik, dann müssten übermäßige Nachhallwerte durch den Mieter kompensiert werden, solange kein baurechtswidriger Zustand besteht.

Präzise Vertragsgestaltung verhindert Unklarheiten

Der Mietvertrag entscheidet in erster Linie darüber, ob der Mieter oder der Vermieter für eine gute Raumakustik zuständig ist. Entspricht das Gebäude oder der vermietete Raum den Angaben im Mietvertrag, kann der Vermieter nicht zu nachträglichen Änderungen verpflichtet werden.

Hat der Vermieter allerdings die Einhaltung bestimmter Grenzwerte zugesagt, muss er sich auch an diese halten. Werden sie durch die Bauweise nicht eingehalten, muss er auf eigene Kosten nachrüsten. Eine präzise vertragliche Regelung verhindert an dieser Stelle unnötige Konflikte.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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