Energy

Aktuelles aus dem Energierecht im Januar

Veröffentlicht am 31st Jan 2025

Gesetzentwurf für Netzkostenzuschuss 2025, KRITIS-Dachgesetz, CO2-Export-Ermöglichungsgesetz uvm.

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Gesetzentwurf für Netzkostenzuschuss 2025 vorgelegt

Die verbleibende Bundesregierung hatte zum Ende des Jahres noch einen Versuch unternommen, die steigenden Energiekosten für das Jahr 2025 einzudämmen. Dazu haben die verbleibenden Regierungsparteien von SPD und Grüne am 03.12.2024 den Entwurf eines Gesetzes für einen Zuschuss zu den Übertragungsnetzkosten im Jahr 2025 („Gesetzentwurf“) vorgelegt.[1] Der Gesetzentwurf geht darauf zurück, dass die vier Übertragungsnetzbetreiber im Oktober 2024 die vorläufigen bundeseinheitlichen Netzentgelte für das Jahr 2025 bekannt gegeben haben. Nach den vorläufigen Berechnungen wird das durchschnittliche Netzentgelt der Höchst- und der Umspannungsebene in 2025 6,65 ct/kWh und damit 3,4 % mehr als in 2024 betragen.[2] Netzentgelte machen einen erheblichen Anteil der Stromkosten aus. Die Höhe der Netzentgelte ist u.a. von der jährlichen Bezugsmenge abhängig, sodass gerade Haushaltskunden von einer Erhöhung der Netzentgelte betroffen sind. Netzentgelte machen ungefähr 25 % der Gesamtkosten des Strompreises für Haushaltskosten aus. Diese umfassen die Übertragungsnetzentgelte sowie die Netzentgelte der Verteilnetzbetreiber.[3] Die verbleibende Bundesregierung plante mit ihrem Gesetzesentwurf die Übertragungsnetzkosten als einen Bestandteil dieser Kosten mit einem Zuschuss in Höhe von bis 1,32 Mrd. Euro für 2025 anteilig zu finanzieren. Ziel ist es, die Übertragungsnetzkosten und die sich daraus ableitenden Übertragungsnetzentgelte vor dem Hintergrund der Preisbelastung im Strommarkt zu stabilisieren.[4]

Der Gesetzentwurf zielt mit seinen drei Artikeln auf die Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sowie des Strompreisbremsegesetzes (StromPBG) ab. Zentral ist die Aufnahme eines neuen § 24c EnWG. Dieser schafft einen Anspruch auf Auszahlung des Zuschusses von insgesamt 1,32 Mrd. Euro für die vier Übertragungsnetzbetreiber mit Regelzonenverantwortung („Übertragungsnetzbetreiber“). Gemäß § 24c Abs. 1 Satz 4 EnWG n.F. sollen die Übertragungsnetzbetreiber berechtigt werden, drei Abbuchungen gemäß des ihnen zustehenden Anteils am 15.02.2025, am 15.04.2025 und am 15.06.2025 vorzunehmen. Die Aufteilung der monatlichen Zuschussbeträge auf die Übertragungsnetzbetreiber soll gemäß § 24c Abs. 2 EnWG n.F. entsprechend dem jeweiligen Anteil des Anstiegs ihrer Erlösobergrenze des Kalenderjahres 2025 gegenüber ihrer Erlösobergrenze des Kalenderjahres 2024 an der Summe des Anstiegs der Erlösobergrenze aller Übertragungsnetzbetreiber erfolgen. Wenn und soweit die Übertragungsnetzbetreiber die Auszahlung des Zuschusses in Anspruch nehmen, sollen diese gemäß § 24c Abs. 3 EnWG n.F. verpflichtet werden, den Zuschuss bei der Ermittlung der bundeseinheitlichen Übertragungsnetzentgelte für 2025 mindernd einzusetzen. Der Bundesnetzagentur soll gemäß § 24c Abs. 3 die Aufgabe übertragen werden, im Wege einer Festlegung nähere Angaben zur Berücksichtigung des Zuschusses bei der Ermittlung der Übertragungsnetzentgelte zu machen.

Die Auszahlung des Zuschusses soll über ein nach dem StromPBG eingerichtetes Bankkonto erfolgen. Dazu sieht der Gesetzesentwurf eine Änderung der §§ 26 und 27 StromPBG vor. Allerdings soll dieses nach dem StromPBG errichtete Bankkonto lediglich als Vehikel zur Auszahlung fungieren. Die Finanzierung soll nicht über Einnahmen aus dem StromPBG oder sonstigen bisher für die Zwecke der Strompreisbremse vorgesehenen Mitteln erfolgen.[5] Um dies sicherzustellen sieht § 26 Abs. 1 Satz 4 StromPBG n.F. vor, dass ein separates Bankkonto geschaffen werden soll, von dem aus die Übertragungsnetzbetreiber die Auszahlungen veranlassen können. Damit keine Vermischung der Finanzierungsformen erfolgt, soll insbesondere § 27 Abs. 3 StromPBG wie folgt neu gefasst werden:

Die Einnahmen nach diesem Gesetz dürfen für die Zwecke der Abwicklung des Zuschusses zur anteiligen Finanzierung der Übertragungsnetzkosten im Jahr 2025 nach § 24c des Energiewirtschaftsgesetzes nicht verwendet werden; Mittel, die auf dem Bankkonto nach § 26 Absatz 1 Satz 4 zur Verfügung gestellt werden, bleiben davon unberührt.

Zwar schützt diese Ausgestaltung die eindeutige Verwendung der über das StromPBG gewonnenen Mittel und würde damit wohl auch die zuletzt durch die Entscheidung des BVerfG gewonnene Rechtssicherheit bezüglich des StromPBG absichern,[6] allerdings bleibt die zentrale Frage der Finanzierung des Zuschusses im aktuellen Gesetzentwurf offen. Insbesondere dieser Frage sah sich die verbleibende Bundesregierung auch bei der ersten Beratung im Bundestag vom 06.12.2024 ausgesetzt.[7] Zudem kündigte die CDU an, den Vorschlag von SPD und Grünen nicht zu unterstützen, was aber angesichts des Scheiterns der Bundesregierung erforderlich wäre, um den Gesetzentwurf im Bundestag zu verabschieden. Es ist daher unwahrscheinlich, dass der Gesetzentwurf bis zum Ablauf der Legislatur überhaupt noch verabschiedet werden kann. Sollte es der verbleibenden Bundesregierung gelingen, ihren Gesetzentwurf durchzubringen, hätte sie auf den letzten Metern aber einen Beitrag zu einem höchst relevanten energierechtlichen Thema des Jahres 2025 geleistet. Die steigenden Netzentgelte aufgrund veränderten Einspeise- und Abnahmeverhaltens als Folge der Energietransformation sind eines der entscheidenden Themen für eine gelingende Energiewende. Neben dieser sowohl Haushalts- wie auch Industriekunden betreffenden allgemeinen Frage zur Höhe und Begrenzung von Netzentgelten, werden sich im Jahr 2025 insbesondere Industriekunden und die Bundesnetzagentur mit der Frage beschäftigen, wie zukünftig die individuellen Netzentgelte für verbrauchsstarke Industrien festgelegt werden sollen.[8]

Entwurf zum KRITIS-Dachgesetz vorgelegt

Am 06.11.2024 beschloss das Bundeskabinett den Entwurf zum KRITIS-Dachgesetz[9] und brachte es in das parlamentarische Verfahren ein. Die Umsetzungsfrist der dem Gesetzentwurf zugrunde liegenden RCE-Richtlinie[10] in den EU-Mitgliedstaaten war der bereits 18.10.2024 abgelaufen. Durch den Beschluss des KRITIS-Dachgesetzes kommt die Bundesregierung den europarechtlichen Vorgaben nun mit leichter Verspätung nach. Das KRITIS-Dachgesetz bringt umfassende Neuerungen mit sich. Die Betreiber kritischer Infrastruktur haben nun bis zum 17.07.2026 Zeit, die entsprechenden Vorgaben umzusetzen. Erst danach drohen Bußgelder bei Nichteinhaltung.[11]

Das KRITIS-Dachgesetz ist die nationale Umsetzung der EU-weiten RCE-Richtlinie (CER Directive). Es zielt darauf ab, kritische Infrastrukturen in Deutschland gegenüber allen denkbaren Bedrohungen robuster zu machen. Geschützt werden soll insbesondere vor Cyberattacken, Naturkatastrophen, menschliche Aktivitäten, Personalmangel und unterbrochene Lieferketten. Ziel ist insofern die Erhöhung der Resilienz der Wirtschaft gegen Bedrohungen von außen sowie die Stärkung der Versorgungssicherheit der Bevölkerung. Betreiber kritischer Infrastruktur müssen laut Entwurf bis zum 17.01.2026 im Bedarfsfall Maßnahmen treffen, um sich gegen Gefahren aller Art abzusichern.[12] Bei Nichteinhaltung drohen empfindliche Bußgelder und Betriebsverbote seitens des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).

Vom KRITIS-Dachgesetz betroffen sind grundsätzlich alle Betreiber von Anlagen, die für die öffentliche Versorgung unerlässlich sind. Die genaue Zuordnung erfolgt anhand quantitativer und qualitativer Kriterien, wie etwa der Zahl der versorgten Personen oder der Abhängigkeit anderer Sektoren von einer bestimmten Infrastruktur. Konkrete Schwellenwerte werden in einer noch zu erlassenen Rechtsverordnung festgelegt, der Regelwert für Schwellenwerte beträgt laut Gesetzentwurf grundsätzlich 500.000 von einer Anlage zu versorgende Einwohner.[13] Neben anderer kritischer Infrastruktur ist auch die Energieversorgungswirtschaft betroffen.

KRITIS-Unternehmen müssen sich, soweit möglich und zumutbar, gegen alle denkbaren Risiken absichern, die zu erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit führen können (sog. All-Gefahren-Ansatz). Umfasst ist insbesondere, aber nicht abschließend, neben der IT-Sicherheit auch der Schutz gegen Terror- und Sabotageakte, menschliches Versagen, Pandemien, Naturkatastrophen, gegen Personalmangel und den Zusammenbruch von Lieferketten.[14] Um die Sicherheit ihrer Anlagen im Rahmen des möglichen zu gewährleisten, schreibt das KRITIS-Dachgesetz den KRITIS-Unternehmen insbesondere Registrierungspflichten, Meldepflichten sowie spezielle Betreiberpflichten vor. Im Rahmen der Betreiberpflichten müssen angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen getroffen werden, um Bedrohungen aller Art frühzeitig erkennen und abwehren zu können. So ist die Durchführung detaillierter Risikoanalysen und das Erstellen darauf basierender Resilienzpläne vorgeschrieben. Der Nachweis der Erfüllung dieser Pflichten muss alle zwei Jahre dem BBK gegenüber erfolgen.[15] KRITIS-Unternehmen müssen sich bei einer vom BBK und den BSI verwalteten Registerstelle registrieren. Das BBK wird ermächtigt, die Registrierung ersatzweise vornehmen zu können. Zusätzlich muss jedes KRITIS-Unternehmen eine Kontaktstelle benennen, die als Ansprechpartner für das BBK zur Verfügung steht.[16] Für den Fall, das es zu schädlichen Eingriffen in die kritische Infrastruktur von außen kommen sollte, sind diese den zuständigen Behörden unverzüglich zu melden. Die entsprechende Meldung muss Informationen über die Art und Weise des Eingriffs enthalten, also insbesondere über die Art des Eingriffs, die prognostizierte Dauer der durch den Eingriff verursachten Störung und die Quantität und Qualität der Störung.[17]

Die Überwachung und Durchsetzung des KRITIS-Dachgesetzes wird vom BBK in Kooperation mit weiteren Behörden übernommen. Das BBK übernimmt die zentrale Koordinierungsfunktion. Dabei soll es mit BNetzA, BSI und BaFin kooperieren. Das BKK ist im Rahmen der Kontrolle der KRITIS-Unternehmen befugt, deren Räumlichkeiten zu betreten und Einsicht in dessen Unterlagen zu nehmen. Ebenso ist es berechtigt, Mängelbeseitigungen durchzusetzen und Maßnahmen zur Behebung von Verstößen gegen das KRITIS-Dachgesetzes anzuweisen. Landesbehörden sollen in die Überprüfung von Nachweisen und die Annahme von Meldungen eingebunden werden.[18] Da es sich bei dem KRITIS-Dachgesetz um eine Umsetzung der EU-Richtlinie ECR handelt, ist auch die Europäische Kommission an der Umsetzung des Gesetzes interessiert. Die Einbindung der Kommission wird durch einen Austausch mit dem für die Umsetzung federführenden BBK gewährleistet. So liefert das BKK der Europäischen Kommission regelmäßige Berichte zu nationalen Risikoanalysen, kritischen Anlagen und Dienstleistungen sowie gemeldeten Vorfällen und ergriffenen Maßnahmen.[19] Bei Verstößen gegen das KRITIS-Dachgesetz drohen Bußgelder. Diese darf das BKK verhängen, wenn der gegen das KRITIS-Dachgesetz verstoßende Betreiber nicht innerhalb einer zuvor gesetzten Frist seiner Pflicht doch noch nachkommt. Sanktionsbewehrt sind nach dem KRITIS-Dachgesetz zum Beispiel die nicht oder nicht rechtzeitig erfolgte Registrierung, das Versäumnis, Auskunft zu erteilen oder Nachweise vorzulegen, das Versäumnis, Risikoanalysen durchzuführen oder Resilienzpläne zu erstellen, die Verweigerung des Zutritts zu den Geschäftsräumen (für das BBK) das Versäumnis, dem BBK einen Plan zur Beseitigung von Mängeln vorzulegen.

Das KRITIS-Dachgesetz ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Resilienz kritischer Infrastrukturen in Deutschland. Für den Energiesektor verspricht man sich insbesondere eine höhere Versorgungssicherheit. Betreiber kritischer Infrastrukturen sollten sich nun frühzeitig darum kümmern, die neuen Vorgaben des Gesetzes umzusetzen, um die Androhung künftiger Bußgelder schon im Vorfeld ausschließen.

Entwurf für CO2-Export-Ermöglichungsgesetz vorgelegt

Trotz großer Anstrengungen zur Treibhausgasreduzierung lassen sich nicht in allen Sektoren CO2-Emissionen gänzlich vermeiden. Hierzu zählt etwa die Herstellung von Zement. Damit auch durch Unternehmen, in denen sich CO2-Emissionen kaum vermeiden lassen, das Klima nicht weiter belastet wird, gibt es im Ausland, etwa in Norwegen und Dänemark, erste Projekte zur Speicherung von CO2. Dabei soll durch Carbon Capture and Storage (CCS) CO2 unterirdisch, beispielsweise in ausgeförderten Öl- und Gaslagerstätten an Land oder im Meeresgrund, gespeichert werden. So befindet sich Dänemark gerade im Aufbau einer CCS-Infrastruktur, in die auch deutsches CO2 eingelagert werden könnte. Um dies zu ermöglichen, brachte die CDU/CSU-Fraktion im Juli 2024 einen Gesetzesentwurf zu einem „CO2-Export-Ermöglichungsgesetz“[20] in den Bundestag ein, welcher im September 2024 erstmals im Bundestag beraten wurde.

Möglich werden könnte der Export von CO2 durch eine Änderung des Londoner Protokolls[21] im Jahre 2009. Ursprünglich war dort in Art. 6 ein uneingeschränktes Verbot des Exports von Abfällen oder anderen Stoffen in andere Staaten zum Zwecke des Dumpings oder der Verbrennung vorgesehen. Durch die Änderung soll der Export von CO2-Strömen zur Speicherung im Meeresgrund zulässig sein, wenn durch Übereinkunft oder Abmachung zwischen Export- und Importstaat die Pflichten hinsichtlich der Zulassung des Vorhabens abgestimmt sind und im Falle eines Exports zu einer Nichtvertragspartei des Londoner Protokolls analoge Anforderungen zu denen des Londoner Protokolls mit der Nichtvertragspartei durch den Exportstaat vereinbart wurden. Problematisch erscheint allerdings, dass die Änderung bislang noch nicht in Kraft getreten ist. Für ein Inkrafttreten der Änderung ist es notwendig, dass zwei Drittel der Vertragsstaaten die Änderung ratifizieren. Dies würde bedeuten, dass 34 der aktuell 51 Vertragsstaaten die Änderung ratifizieren müssten. Da derzeit erst 8 Vertragsstaaten diese Änderung ratifiziert haben, wären neben Deutschland noch die Ratifizierung einiger weiterer Staaten notwendig.

Da es sich bei dem Londoner Protokoll um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, der die Bundesgesetzgebung betrifft, ist es nach Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG notwendig, dass der Bundestag mit dem CO2-Export-Ermöglichungsgesetz seine Zustimmung gibt, bevor die Bundesrepublik die Änderung des Protokolls, vertreten durch den Bundespräsidenten, ratifizieren kann, vgl. Art. 59 Abs. 1 GG. Nach deutschem Recht ist der CO2-Export durch Rohrleitungen zur dauerhaften Speicherung im Ausland nicht verboten, sodass ein nationales Umsetzungsgesetz nicht notwendig wäre. Durch die Anforderungen an die Planrechtfertigung im Rahmen der Planfeststellung für Kohlendioxidleitungen nach § 4 Kohlendioxid-Speicherungsgesetz (KSpG) ist es jedoch notwendig, dass der CO2-Speicher im Ausland den europäischen Anforderungen entspricht, vgl. § 4 Abs. 2 KSpG.[22] Der Gesetzesentwurf wurde zur Beratung in den entsprechenden Ausschuss verwiesen.

Vorerst keine Novelle der AVBFernwärmeV

Ende Juli 2024 legte das BMWK einen neuen Referentenentwurf zu einer umfassenden Novelle der AVBFernwärmeV vor („Erstentwurf“). Mit dem Erstentwurf sollte zudem die Fernwärme- oder Fernkälte-Verbrauchserfassungs- und -Abrechnungsverordnung (FFVAV) aufgehoben und ihre Regelungen in die novellierte AVBFernwärmeV überführt werden. Nachdem sich die Regierungskoalition über mehrere Monate nicht auf einen gemeinsamen Entwurf einigen konnte, veröffentlichte das BMWK Ende November 2024 einen überarbeiteten Referentenentwurf („Zweitentwurf“), der in der Verbändeanhörung jedoch starker Kritik ausgesetzt war. Mitte Dezember 2024 wurde bekannt, dass die Novellierung der AVBFernwärmeV in dieser Legislaturperiode nicht mehr erfolgen werde. Damit ist erneut eine Novellierung der AVBFernwärmeV gescheitert. Bereits im Juli 2022 hatte das BMWK einen Entwurf zur weitreichenden Reform der AVBFernwärmeV erarbeitet, ohne dass die Novelle der Verordnung verabschiedet wurde.

Die novellierte AVBFernwärmeV sollte ausdrücklich auch auf Fernkälteversorger und Contractoren angewendet werden. Die Entwürfe enthielten in Anknüpfung an die Rechtsprechung auch Regelungen zu Vorgaben an vertragliche Preisanpassungsregelungen. Sie konkretisierten die Anforderungen an die Anknüpfung von Preisänderungen und hielten fest, dass die Verwendung von Indizes bei Kosten- und Marktelement ausdrücklich anerkannt werden sollten. Im Rahmen des Kostenelements sollten die gewählten Indizes die tatsächliche Kostenentwicklung des Fernwärmeversorgers (insbesondere mit Blick auf die eingesetzten Energieträger und die jeweilige Beschaffungsstruktur) mit „angemessener Genauigkeit“ abbilden. Das Marktelement sollte nach den Entwürfen in der Regel angemessen berücksichtigt sein, wenn auf den vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Wärmepreisindex Bezug genommen wird und (so ausdrücklich gerade der Zweitentwurf) Markt- und Kostenelement zu gleichen Teilen in der Preisformel berücksichtigt werden würde. Zudem wurde hinsichtlich des Kostenelements neben der Weitergabe der geänderten Kosten anhand von Indizes auch die Möglichkeit der Weitergabe von Kostenveränderungen anhand tatsächlich entstandener Kosten in die Verordnung aufgenommen, soweit es sich um unvermeidbare Kosten handelt. Für diese Echtkostenanknüpfung wurde ein Klausel-Muster zur Arbeitspreisänderung in die Verordnung aufgenommen. Bei Nutzung des Musters sollten die Anforderungen der Verordnung an die Preisanpassung als erfüllt gelten bzw. – so der Zweitentwurf – in der Regel als erfüllt gelten. Der Erstentwurf gestand dem Fernwärmeversorger ein einseitiges Anpassungsrecht der Berechnungsfaktoren der Preisänderungsklausel zu, soweit der eingesetzte Energieträger gewechselt oder die jeweilige Beschaffungsstruktur wesentlich verändert wird. Dieses Recht wurde im Zweitentwurf ersatzlos gestrichen. Die Vorgaben zum Recht der Kunden auf Anpassung der Wärmeleistung an ihren tatsächlichen Bedarf (beziehungsweise die Berechtigung zu einer Kündigung in einem solchen Fall) bei Umstellung auf eine Versorgung, die u.a. den Anforderungen des § 71 GEG an den Einsatz erneuerbarer Energien entspricht, sollten novelliert werden. Im Zweitentwurf war vorgesehen, dass eine solche Anpassung sogar ohne Nachweis erfolgen konnte, sofern sich die Leistung nicht um mehr als 50 Prozent reduziert. Die Entwürfe sahen schließlich zahlreiche Informations- und Transparenzvorgaben an die Fernwärmeversorger vor.

Trotz großen Reformbedürfnisses wird die Verordnung nun vorerst weiterhin in ihrer Fassung, die noch größtenteils aus dem Jahr 1980 stammt, gelten. Wann die neue Regierung in der nächsten Legislaturperiode zu einem erneuten Reformversuch ansetzen und ob dieser erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten.

EuGH erklärt Kundenanlage für europarechtswidrig

Am 28.11.2024 entschied der EuGH auf die Vorlagefrage des BGH, das die deutsche Regelung zur Kundenanlage gemäß § 3 Nr. 24a EnWG nicht mit der Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie Richtlinie (EU) 2019/944 [23] in Einklang steht.[24] Für die Kundenanlage nach deutschem Recht ist charakteristisch, dass sie nicht der Regulierung für Verteilnetzbetreiber unterliegt und in ihr folglich Energie ohne Erhebung von am Verbrauch gemessenen Netzentgelten verteilt werden darf. Der Befreiung von der Regulierung lag der Gedanke zugrunde, dass die Kundenanlage für den Wettbewerb unbedeutend ist. Für eine Vielzahlt von Geschäftsmodellen der dezentralen Energieversorgung ist die Kundenanlage von wesentlicher Bedeutung, da in ihr Kosten gespart und der Aufwand zum Betrieb der Leitungsinfrastruktur reduziert werden konnte.

Der BGH legte dem EuGH die Frage vor, ob es mit dem europäischen Recht vereinbar sei, wenn den Betreiber einer Energieanlage zur Abgabe von Energie keine Pflichten eines Verteilernetzbetreibers treffen, wenn er die Energieanlage anstelle des bisherigen Verteilernetzes errichtet und betreibt, um mittels des in den Energieerzeugungsanlagen erzeugten Stroms mehrere Wohnblöcke zu versorgen, wobei die Kosten der Errichtung und des Betriebs der Energieanlage als monatliches Grundentgelt von den Letztverbrauchern (Mietern) getragen wird und der Betreiber den erzeugten Strom an die Mieter verkauft. Zugrunde lag ein Rechtsstreit zwischen dem Energieversorgungsunternehmen ENGIE Deutschland GmbH („ENGIE“) mit der Regulierungsbehörde des Freistaats Sachsen. ENGIE beantragte die Verpflichtung des Verteilernetzbetreibers zum Netzanschluss sowie die Ermöglichung der Abrechnung nach § 20 Abs. 1d EnWG von zwei Energieerzeugungsanlagen als „Kundenanlagen“. Nach Ablehnung durch die Regulierungsbehörde legte das Unternehmen Beschwerde beim Oberlandesgericht Dresden, und nach Zurückweisung Rechtsbeschwerde beim BGH ein. Der BGH hinterfragte, ob es sich um ein Verteilernetz im Sinne der Richtlinie handelt. Grund war die Doppelrolle von ENGIE als Betreiber und Stromversorger sowie die erhebliche Größe. Es sollten bis zu 200 vermietete Wohneinheiten mit einer jährlichen Menge an durchgeleiteter Energie von bis zu 1000 MWh versorgt werden. Zusätzlich bestand die Sorge, durch den Anschluss vergleichbarer Systeme aus den an sich für den Wettbewerb unbedeutenden Kundenanlagen, bedeutende Systeme zu formen. Wegen der Privilegierungen für Kundenanlagen könnten diese Handlungen dem Gegenstand der Richtlinie gemäß Art. 1 Richtlinie (EU) 2019/944, unter anderem einen fairen und wettbewerbsorientierten Elektrizitätsmarkt zu schaffen, entgegenstehen.[25]

Der EuGH begründete seine Entscheidung mit den Definitionen unter anderem der „Verteilung“ gemäß Art. 2 Nr. 28 Richtlinie (EU) 2019/944 als Transport von Elektrizität mit Hoch-, Mittel oder Niederspannung und der „Versorgung“ gemäß Art. 2 Nr. 12 Richtlinie (EU) 2019/944 als Verkauf an Kunden, wie Großhändler und Endkunden. Er hebt die Notwendigkeit der europäisch einheitlichen Auslegung der Vorgaben aus der Richtlinie hervor und begründet so, dass für ein Verteilernetz nur die Spannungsebene und die Kunden, die versorgt werden, wesentliche Merkmale sind.[26]  Zudem bestimmt das Urteil, dass auch der Begriff des „Verteilernetzbetreibers“ einer europäisch-einheitlichen Auslegung unterliege, mithin keine Kriterien zu den in Art. 2 Nr. 29 Richtlinie (EU) 2019/944 gegebenen Definition hinzugenommen werden dürfen, die die Betreiber von Leitungsinfrastrukturen vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausnehmen würden. Der Unionsgesetzgeber wolle keine Systeme aus dem Anwendungsbereich Richtlinie (EU) 2019/944 ausnehmen, etwa aufgrund von Größe, Betreiber oder Ähnlichem. Vielmehr müsse eine einheitliche Auslegung der Begrifflichkeiten gewährleistet sein. Die Betreiber von Pflichten beim Betrieb von Leitungsinfrastrukturen zu entbinden sei, so der EuGH, nur unter den in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmetatbeständen zulässig.

Wenngleich die deutsche Regelung zur Kundenlage aufgrund des Urteils des EuGH nicht nichtig oder unwirksam ist, sind Behörden und Gerichte aber nach dem Anwendungs- und Geltungsvorrang des Europarechts im Fall von kollidierendem nationalen Recht verpflichtet, das nationale Recht unangewendet zu lassen bzw. die nationale Norm europarechtskonform auszulegen. Damit sind Betreiber von Kundenanlagen nunmehr gefordert, die Auswirkungen des Urteils auf ihre Geschäftsmodelle zu prüfen. Zu berücksichtigen ist hier, dass der EuGH die in der Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen betont, mithin Konzepte wie das das kleine Verbundnetz, die Bürgerenergiegemeinschaft, kleine, isolierte Netze oder das geschlossene Verteilernetz, letzteres geregelt in EnWG in § 110 EnWG sowie die auch weiterhin bestehende Direktleitung gemäß § 3 Nr. 12 EnWG. Von der Regulierung ausgenommen bleiben dürften zudem ausschließlich dem Eigentransport von Elektrizität eines Unternehmens dienende Infrastrukturen, etwa an Industrie- und Gewerbestandorten, an denen lediglich ein Unternehmen angeschlossen ist. Zu berücksichtigen ist allerdings auch, dass der Betrieb eines Versorgungsnetzes ohne Genehmigung grundsätzlich eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit darstellt. Wann und wie der Gesetzgeber und/oder das BMWK oder die BNetzA auf die Entscheidung des EuGH reagiert, ist offen. Wichtig wäre eine zeitnahe Stellungnahme, die den Betreibern von Kundenanlagen Rechtssicherheit verschafft, bis über den zukünftigen Umgang mit Kundenanlagen final entschieden wird.

BVerfG entscheidet über die Abschöpfung Überschusserlöse

Am 28.11.2024 entschied das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerde von 22 Betreibern von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien gegen die Regeln zur Abschöpfung sogenannter Überschusserlöse gemäß §§ 13 bis 18 sowie § 29 des Strompreisbremsegesetzes (StromPBG). Diese regeln, dass Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für Überschusserlöse aus dem Verkauf des im Zeitraum vom 01.12.2022 bis zum 30.06.2023 erzeugten Stroms „Abschöpfungsbeträge“ an die Netzbetreiber zahlen müssen, sowie entsprechende Mitteilungspflichten haben. Ziel ist es, die eingezogenen Abschöpfungsbeträge für die Entlastung der Letztverbraucher von krisenbedingt entstandenen hohen Stromkosten zu verwenden.[27]

Das Gesetz war eine der Maßnahmen der Bundesrepublik Deutschland, um die Folgen der massiven Energiepreissteigerung im Jahr 2022 nach dem kriegerischen Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar 2022 abzumildern. Hierdurch wurde ein Kostenschock für Unternehmen und private Haushalte hervorgerufen, die als außergewöhnliche Notsituation eingestuft wurde.[28] Im Jahr 2021 waren 24 % des Energieverbrauchs der EU durch Gas gedeckt. Hiervon waren 83 % importiert, davon 45 % aus Russland. Im August 2022 erreichte der Großhandelspreis einen Höchststand von 339 € pro Megawattstunde (MWh) im Vergleich zu 51 €/MWh im August 2021. Die Strompreise bewegen sich in Europa parallel zu den Gaspreisen.[29]

Das StromPBG setzt die entsprechende EU-Notfallverordnung[30] um. Hiernach sollten Haushaltsmittel nur eingesetzt werden, sollten die Überschusserlöse nicht ausreichen. Der deutsche Gesetzgeber wollte die Abschöpfung von Erzeugern und die Entlastung der Verbraucher über einen privatwirtschaftlichen „Wälzungsmechanismus“ in einem Finanzkreislauf verbinden: Die Elektrizitätsversorgungsunternehmen entlasten die Stromkunden, dadurch entstehende Mindererlöse werden von den Übertragungsnetzbetreibern ausgeglichen nach § 20 StromPBG. Die Netzbetreiber ziehen von den Stromerzeugern Abschöpfbeträge ein und geben diese als Belastungsausgleich an die Übertragungsnetzbetreiber weiter, § 22 StromPBG, hilfsweise sichert der Bund die Zwischenfinanzierung der Übertragungsnetzbetreiber gemäß § 25 StromPBG. Auch die verbleibende Differenz bei den Übertragungsnetzbetreibern zwischen Entlastungsausgaben und Abschöpfungsbeiträgen gleicht der Bund aus, § 24 StromPBG.[31] Grundlage der Maßnahmen war, dass infolge der Preisbildungsmechanismen der Strommärkte die Betreiber solcher Erzeugungsanlagen mit niedrigen Grenzkosten,[32] hohe Erlöse erzielt hatten, die nach Ansicht des Gesetzgebers weit über die Erwartungen zum Zeitpunkt der Investitionen hinausgingen. Diese sollten in einer Situation, in der die Verbraucher hohen Preisen ausgesetzt waren und die Wirtschaft in der Europäischen Union litt, vorübergehend begrenzt werden. Hierbei hat der Gesetzgeber Erlösobergrenzen bestimmt, die seines Erachtens deutlich über den zuvor erwartbaren Preisen lagen.[33]

Gerichtlich beanstandet wurde, dass eine Abschöpfung nicht zulässig sei. Die Beschwerdeführer sehen sich nicht in der Verantwortung die Stromverbraucher zu entlasten, das Problem rühre aus dem kriegsbedingten Anstieg der Gaspreise, mithin von den Gaskraftwerken her. Im Übrigen sei es ein gesamtgesellschaftliches Problem, das aus Steuermitteln zu finanzieren sei.[34] Die Abschöpfungsregeln verletzen nach Ansicht der Beschwerdeführer ihre Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit und Allgemeiner Gleichheitssatz). Weil es sich um eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion handle, müsste diese den finanzverfassungsrechtlichen Anforderungen der Art. 105 f. GG genügen, was jedoch nicht der Fall sei. Die in Anspruch genommene Gruppe sei nicht homogen und gerade die Verursacher hoher Preise durch hohe Grenzkosten (etwa Gaskraftwerke) seien ausgenommen. Es gäbe keinen Nutzen für die Abschöpfungsverpflichteten aus der Verbraucherentlastung. Das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Erhaltung der Kaufkraft der Bevölkerung und dem Schutz vor volkswirtschaftlichen Schäden sei Sozial- und Konjunkturpolitik. Die Ausgestaltung der Erlösabschöpfung nach §§ 16-18 StromPBG sei somit verfassungswidrig.[35]

Das Gericht stellt dar, dass ein Eingriff in das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG vorliege, dieser jedoch sowohl formell als auch materiell verfassungsgemäß sei. Konkret läge ein Eingriff in die geschützte berufliche Tätigkeit des Betriebes einer Stromerzeugungsanlage vor, da die Erlöserzielung beeinflusst sowie administrative Verfahrenslasten auferlegt würden.[36] Nach Ansicht des Gerichts wurden die Regelungen formell verfassungsgemäß, unter der Kompetenz für das Energiewirtschaftsrecht als Teil des „Recht der Wirtschaft“ durch den Bund geschaffen. Die zu zahlenden Beträge seien kein Aufkommen gegenüber dem Bund, denn sie stünden dem Bund im Rahmen des Wälzungsmechanismus zu keinem Zeitpunkt zur Verfügung. Mithin handele es sich nicht um Abgaben. Wegen der rein privaten Umverteilung ohne Aufkommen zugunsten des Staates bedürfe es keiner Steuergesetzgebungskompetenz nach den finanzverfassungsrechtlichen Vorgaben.

Zur materiellen Verfassungsgemäßheit werden vom Gericht die Zielstellung sowie Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Eingriffes dargestellt. Das legitime Ziel sei ein angemessener Interessenausgleich durch die Umverteilung der, die Investitionserwartung übersteigenden, Erlöse zugunsten der krisenbedingt belasteten Marktteilnehmer infolge der Gasverknappung. Durch die Möglichkeit der Förderung des Zieles sei die Maßnahme geeignet. Es gebe auch kein gleich geeignetes, weniger eingriffsintensives Mittel. Die Lösung über Haushaltsmittel wäre eine höhere Belastung der Allgemeinheit und löse nicht den Interessenausgleich. Auch eine alternative Preisbildung könne nicht sicher zur Senkung des Strompreisniveaus führen. Zuletzt könne auch eine Lösung, die allen Stromerzeugern einheitliche Erlösobergrenzen ansetzt, nicht überzeugen. Es würden nicht im gleichen Maße Überschusserlöse abschöpfbar gemacht und die Investitionserwartungen von Erzeugern mit hohen Grenzkosten würden enttäuscht. Der Eingriff stehe auch nicht außer Verhältnis zu seinem Zweck. Es handele sich nicht um ein allgemeines Interesse, sondern um den Interessenausgleich zwischen stark begünstigten Stromerzeugern und stark belasteten Verbrauchern unter außergewöhnlichen Krisenbedingungen. Die kurze Befristung sowie Zugriff auf nur Teile der unerwartet hohen Erlöse milderten den Eingriff. Das Vorgehen war nach Sicht des Bundesverfassungsgerichtes in Anbetracht der Bedeutung und Dringlichkeit des öffentlichen Interesses angemessen. In der Ungewissheit des Entscheidungszeitpunktes habe der Gesetzgeber seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten.[37]

Fazit

Das Bundesverfassungsgericht weist die Verfassungsbeschwerde zurück. Damit bleibt es bei den Regelungen des Strompreisbremsegesetzes. Abschöpfungsverpflichtete Stromerzeuger können gezahlte Abschöpfungsbeträge mithin nicht zurückfordern bzw. müssen im Einzelfall noch nicht gezahlte Abschöpfungsbeträge an den zuständigen Netzbetreiber zahlen.

Zu guter Letzt

Die Bundesregierung einigte sich am 11.10.2024 auf eine Verlängerung und Ausweitung des Strompreispakets, um dauerhaft wettbewerbsfähige Strompreise für Unternehmen zu gewährleisten.[38] Die Wirtschaft soll dadurch um ca. sieben Milliarden Euro jährlich entlastet werden. Im Rahmen der von der Bundesregierung vorgelegten Wachstumsinitiative ist vorgesehen, dass die Stromsteuer für alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes dauerhaft gesenkt wird. Im ursprünglichen Strompreispaket war eine Befristung bis 2025 vorgesehen. Die Stromsteuer soll zukünftig 0,05 Cent/kWh – statt der ursprünglichen 1,5 Cent/kWh – betragen. Dies entspricht dem EU-Mindestwert. Auch die Strompreiskompensation wurde bis zum Jahr 2030 verlängert. Die Strompreiskompensation ermöglicht einigen Wirtschaftssektoren und Teilsektoren, sich die im Strompreis enthaltenen indirekten CO2-Kosten für besonders stromintensive Produktionsprozesse teilweise erstatten zu lassen. Im Gegenzug müssen diese Unternehmen Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen ergreifen. Der Selbstbehalt – CO2-Kosten eines Strombezugs von 1 GWh pro Kalenderjahr und Anlage – ist mit der neuen Förderrichtlinie zur Strompreiskompensation vom 13.03.2024 weggefallen,[39] um die Entlastungswirkung zu vergrößern. Ergänzend dazu werden besonders stromintensive Unternehmen durch den sogenannten „Super-Cap“ entlastet. Dieser entlastet etwa 350 energieintensive Unternehmen, die am stärksten im internationalen Wettbewerb stehen. Mit der neuen Förderrichtlinie zur Strompreiskompensation fällt der Sockelbetrag, der zuvor einen größeren Teil der indirekten CO2-Kosten von der ergänzenden Beihilfegewährung ausgeschlossen hat, weg. Zudem wurde die Regelung um fünf Jahre verlängert. Als Teil der Wachstumsinitiative möchte die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Senkung der Netzkosten und Stabilisierung der Netzentgelte vorlegen. Dies könnte etwa durch die Auszahlungen „vermiedener Netzentgelte“ an Stromerzeuger in Verteilernetzen, zeitvariable Netzentgelte für systemdienliche Netznutzung oder den Einsatz virtueller Leitungen und netztechnischer Betriebsmittel erfolgen.[40]


Dieser Artikel wurde in Zusammenarbeit mit unseren wissenschaftlichen Mitarbeitern Julius Landefeld, Lina Sahm und Lennart Niehues erstellt.
 


[1] Vgl. BT Drs. 20/14026.

[2] Vgl. TenneT, Übertragungsnetzbetreiber veröffentlichen vorläufige Netzentgelte für 2025, abrufbar unter: www.tennet.eu, zuletzt abgerufen am 11.12.2024.

[3] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Regulierung der Netzentgelte, abrufbar unter: www.bmwk.de, zuletzt abgerufen am 09.12.2024.

[4] Vgl. BT Drs. 20/14026, S. 6.

[5] Vgl. BT Drs. 20/14026, S. 10.

[6] Vgl. Urt. v. 28.11.2024 - 1 BvR 460/23 u.a.

[7] Vgl. Deutscher Bundestag, Plenarprotokoll 20/2024.

[8] Bundesnetzagentur, Individuelle Netzentgelte Strom gemäß § 19 StromNEV, abrufbar unter www.bundesnetzagentur.de, zuletzt abgerufen am 09.12.2024.

[9] Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2557 und zur Stärkung der Resilienz kritischer Anlagen, BT Drs. 20/13961 („Entwurf KRITIS-Dachgesetz“).

[10] Richtlinie (EU) 2022/2557 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.12.2022 über die Resilienz kritischer Einrichtungen und zur Aufhebung der Richtlinie 2008/114/EG des Rates.

[11] § 24 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[12] § 11 Abs. 4 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[13] § 5 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[14] § 13 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[15] § 12 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[16] § 8 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[17] § 18 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[18] § 3 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[19] § 21 Entwurf KRITIS-Dachgesetz.

[20] Entwurf eines CO2-Export-Ermöglichungsgesetzes, BT-Drs. 20/12084.

[21]  Protokoll vom 07.11.1996 zum Übereinkommen über die Verhütung der Meeresverschmutzung durch das Einbringen von Abfällen und sonstigen Stoffen von 1972.

[22] Zu den europäischen Anforderungen zählen die Anfordergen aus: Richtlinie 2009/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2009 über die geologische Speicherung von Kohlendioxid und zur Änderung der Richtlinie 85/337/EWG des Rates sowie der Richtlinien 2000/60/EG, 2001/80/EG, 2004/35/EG, 2006/12/EG und 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 (ABl. L 140 vom 05.06.2009, S. 114).

[23] Art. 2 Nr. 28 und 29 sowie die Art. 30 bis 39 der Richtlinie (EU) 2019/944 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.06.2019 mit gemeinsamen Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 2012/27/EU („Elektrizitätsbinnenmarkt-Richtlinie“).

[24] EuGH, Urt. v. 28.11.2024 - C-293/23 - ECLI:EU:C:2024:992.

[25] EuGH, Urt. v. 28.11.2024 - C-293/23, ECLI:EU:C:2024:992, Rn. 25-38.

[26] EuGH, Urt. v. 28.11.2018 - C‑262/17, C‑263/17, C‑273/17, EU:C:2018:961, Rn. 34-37.

[27] Pressemitteilung Nr. 57/2024, 04.07.2024, Hintergrund; BVerfG, Urt. v. 28.11.2024 – 1 BvR 460/23, Rn. 5.

[28] BT-Drs. 20/9666, S. 13 f.

[29] Sonderbericht des Europäischen Rechnungshofes 09/2024, S. 7f.; Ausarbeitung WD 5 – 3000- 119/22 der wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages.

[30] Verordnung (EU) 2022/1854.

[31] BVerfG, Urt. v. 28.11.2024 – 1 BvR 460/23, Rn. 70-75.

[32] Schwintowski/ Brömmelmeyer, Die Merit Order auf den europäischen Strommärkten, NZKart 2023, 201 (203).

[33] BVerfG, Urt. v. 28.11.2024 – 1 BvR 460/23, Rn. 3-5.

[34] Pressemitteilung Nr. 57/2024, 04.07.2024, Hintergrund; BVerfG, Urt. v- 28.11.2024 – 1 BvR 460/23, Rn. 2.

[35] BVerfG, Urt. v. 28.11.2024 – 1 BvR 460/23, Rn.19.

[36] BVerfG, Urt. vom 28.11.2024 – 1 BvR 460/23, Rn. 68f.

[37] BVerfG, Urt. vom 28.11.2024 – 1 BvR 460/23, Rn. 84-125.

[38] Strompreispaket für produzierende Unternehmen, abrufbar auf der Internetseite der Bundesregierung: www.bundesregierung.de.

[39] Richtlinie für Beihilfen für Unternehmen in Sektoren beziehungsweise Teilsektoren, bei denen angenommen wird, dass angesichts der mit den EU-ETS-Zertifikaten verbundenen Kosten, die auf den Strompreis abgewälzt werden, ein erhebliches Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen besteht (Beihilfen für indirekte CO2-Kosten) für die Abrechnungsjahre 2023 bis 2030.

[40] Wachstumsinitiative der Bundesregierung, S. 29, abrufbar auf der Internetseite der Bundesregierung: www.bundesregierung.de.

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* Dieser Artikel entspricht dem aktuellen Stand zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung und spiegelt nicht notwendigerweise den aktuellen Stand des Gesetzes / der Regulatorik wider.

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