Änderung der Ladesäulenverordnung: Was in Zukunft zu beachten ist
Veröffentlicht am 28th Jun 2021
Stand: 23.06.2021
Der lang vorausgesagte Hochlauf der Elektromobilität kommt voran. Ein weiterer Baustein für den Ausbau der Ladeinfrastruktur soll die zweite Verordnung zur Änderung der Ladesäulenverordnung der Bundesregierung werden, den das Bundeskabinett am 12. Mai 2021 auf den Weg gebracht hat. Die Novelle soll hinsichtlich der Frage der öffentlichen Zugänglichkeit für Rechtssicherheit sorgen. Zudem sollen für den Nutzer durch eine verpflichtend zu verwendende Schnittstelle künftig Belegungsstatus und Preise transparenter werden. Insbesondere die Verpflichtung, künftig Kartenzahlung zu ermöglichen, wird von vielen Marktteilnehmern und Lobbyverbänden allerdings eher als Rückschritt bewertet. Der Bundesrat muss der Verordnung noch zustimmen.
Kartenzahlung in Zukunft Pflicht
Der erste Änderungsentwurf der Ladesäulenverordnung stammt bereits aus September 2020. Seitdem streitet die Branche über die Zahlmethode im Rahmen des punktuellen Aufladens. Punktuelles Aufladen soll jedem Fahrer an jedem öffentlich zugänglichen Ladepunkt das jederzeitige Aufladen ermöglichen. D.h., dass jeder Fahrer sein Fahrzeug aufladen können soll, auch wenn er keinen Fahrstromvertrag mit einem Elektromobilitätsanbieter („EMP“) geschlossen hat. In den Anfangszeiten war ein punktuelles Laden nicht möglich. Das führte dazu, dass Fahrer Ladekarten vieler verschiedener Anbieter mit sich führen mussten. Bereits das Aufladen eines Fahrzeugs in der nächsten Stadt konnte also schwierig werden. Die Antwort des Marktes auf dieses Phänomen war das Roaming, welches inzwischen in ganz Europa verbreitet ist und das Laden mit der Ladekarte eines EMP an einer Vielzahl von Ladepunkten unterschiedlichster Anbieter ermöglicht. Parallel dazu wurden Ladesäulenbetreiber in der Ladesäulenverordnung verpflichtet, auch das punktuelle Aufladen zu ermöglichen.
Die aktuelle Ladesäulenverordnung ordnet an, dass Betreiber von Ladepunkten im öffentlichen bzw. sogenannten halböffentlichen Raum entweder Barzahlung oder eine webbasierte Zahlung ermöglichen müssen, sofern sie nicht den Strom verschenken. Die webbasierte Zahlung, für welche sich die meisten Betreiber aus Kostengründen entscheiden, ist nach Ansicht der Bundesregierung offenbar aber ein Hindernis für die Elektromobilität. Daher sieht die Änderungsverordnung vor, dass Ladepunkte, die ab dem 1. Juli 2023 neu errichtet werden, den Nutzern ermöglichen müssen, am Ladepunkt oder in räumlicher Nähe kontaktlos mittels gängiger Kredit- und Debitkarten zu bezahlen. Vor dem 1. Juli 2023 errichtete Ladepunkte müssen nicht nachgerüstet werden. Daneben kann weiter eine webbasierte Zahlungsmöglichkeit eingeräumt werden. Eine webbasierte Zahlungsmöglichkeit alleine ist aber nicht ausreichend. Die Pflicht zur Ermöglichung einer Kartenzahlung wird zum einen wegen der höheren Kosten, die der Einbau eines Terminals verursacht, kritisiert. Zum anderen gibt es noch gar keine eichrechtskonformen Geräte am Markt, die eingebaut werden könnten. Und schließlich wird argumentiert, dass die Kartenzahlung in Zeiten der digitalen Transformation, in der so gut wie jeder ein Smartphone besitzt, ein Schritt in die Vergangenheit sei.
Öffentliche Zugänglichkeit wird neu definiert
Eine weitere Änderung der Ladesäulenverordnung dürften die Betreiber allerdings begrüßen. So sollen Betreiber von Ladepunkten künftig durch das Aufstellen von Schildern definieren können, ob ein Ladepunkt öffentlich zugänglich ist. Dadurch können die Betreiber selbst bestimmen, ob und wie Nutzer diese Ladepunkte nutzen können und damit auch, ob die Ladesäulenverordnung überhaupt Anwendung findet. Mindestanforderungen an die Bezahlmöglichkeit, z.B. wie oben beschrieben, gibt es bei privaten Ladepunkten nicht. Damit endet die bislang bestehende Rechtsunsicherheit darüber, wann ein Ladepunkt öffentlich zugänglich ist. Teilweise wurde nämlich vertreten, dass nur physische Zugangsbeschränkungen wie Schranken verhindern können, dass ein Ladepunkt als öffentlich bzw. halböffentlich zugänglich gilt. Mit der Änderung wird nun klargestellt, dass physische Barrieren nicht erforderlich sind. Allerdings darf mittels Schild die Nutzung des Ladepunkts nur auf einen individuell bestimmbaren Personenkreis beschränkt werden. Individuell bestimmbar ist ein Personenkreis etwa dann, wenn diese Personen dem Ladesäulenbetreiber namentlich bekannt sind oder der Betreiber die Personen individuell identifizieren könnte. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine Anmeldung oder Registrierung des Kunden im Rahmen des primären Geschäftsbetriebes (z.B. Hotel, Car-Sharing und Arztpraxen, Mitgliedschaften in Vereinen) erforderlich ist. Eine Anmeldung zur Nutzung des Ladepunkts selbst oder die Erfassung in einem Marketing- oder Kundenbindungsprogramm (z.B. bei Supermärkten) reicht dagegen nicht aus. Denn in diesen Fällen handelt es sich nicht um einen (vorher) individuell bestimmbaren und abgegrenzten Personenkreis.
Damit beseitigt die Änderung der Ladesäulenverordnung zwar Unsicherheiten bei der Frage der physischen Zufahrt zu den Parkplätzen. Unsicherheiten werden allerdings in Zukunft bei der Frage entstehen, ob der Kreis der Nutzer individuell bestimmbar ist und entsprechend die Ladesäule nicht trotz eines aufgestellten Schildes als öffentliche Ladesäule gilt.
Marktkommunikation soll vereinfacht werden
Des Weiteren soll mit der Änderung der Ladesäulenverordnung die Grundlage für eine bessere Marktkommunikation geschaffen werden. So sollen Ladepunkte, die der Ladesäulenverordnung unterfallen, und nach dem 1. März 2022 in Betrieb genommen werden, über eine standardisierte Schnittstelle sowohl Autorisierungs- und Abrechnungsdaten als auch dynamische Daten zur Betriebsbereitschaft und zum Belegungsstatus übermitteln können. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass Fahrer von Elektrofahrzeugen Ladepunkte ansteuern, die belegt oder nicht in Betrieb sind. Ferner soll die Schnittstelle ermöglichen, dass dem Fahrer künftig vor dem Laden angezeigt wird, wie viel ihn eine kWh Strom kosten wird. Ladepunkte, die vor dem 1. März 2022 in Betrieb genommen werden, sind von diesen Anforderungen ausgenommen. Eine Nachrüstpflicht besteht nicht.
Eine weitere neue Regelung stellt klar, dass der einzelne Ladepunkt nicht direkt mit einem Smart-Meter-Gateway verbunden werden muss und entsprechend die Authentifizierung der Fahrer nicht über das Smart-Meter-Gateway erfolgen muss. Vielmehr genügt der Einbau eines Smart-Meter-Gateways am Netzanschlusspunkt. Lediglich die energiewirtschaftlich relevanten Mess-und Steuerungsvorgänge nach dem Energiewirtschaftsgesetz und dem Messstellenbetriebsgesetz müssen nach Maßgabe dieser Gesetze über ein Smart-Meter-Gateway abgewickelt werden. Daher ist auch eine echte Wahl des Stromlieferanten am Ladepunkt nicht möglich. Die Pflicht zum Einbau eines Smart-Meter-Gateways gilt selbstverständlich erst, sobald das BSI (erneut) die technische Möglichkeit des Einbaus feststellt.
Schließlich wurde in der Ladesäulenverordnung bei dem Begriff des Ladepunkts auch die Funktion des Entladens elektrisch betriebener Fahrzeuge ergänzt. Die Änderung der Definition hat lediglich klarstellenden Charakter und spiegelt die Pläne wider, dass künftig Elektrofahrzeuge als fahrende Speicher das Stromnetz bei Engpässen unterstützen sollen. Es bleibt abzuwarten, ob bzw. wann die Automobilbranche nachzieht. Bei den meisten Fahrzeugen ist bisher nur das Beladen aber nicht das Entladen der Batterie möglich. Zudem müssen Ladepunkte der BNetzA künftig erst zwei Wochen nach Errichtung angezeigt werden und nicht wie bisher 4 Wochen vor Errichtung.
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